Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Geheimorden angehören?»
Ein feines Lächeln spielte auf seinen Lippen. «Ja, das weiß ich in der Tat. Baron von Sannberg hat es mir erzählt, als er im Herbst wieder nach Ruhrort zurückkehrte. Er sprach davon, dass manche dieser Herrschaften wenig feine Geschäftssitten haben und einige ihrer Erfolge recht zweifelhaft zustande gekommen sind.»
«Sie haben das sicher nachgeprüft», warf Borghoff ein, der bisher geschwiegen hatte.
«Ja, das habe ich in der Tat. Ich habe nichts gefunden, was gegen das Gesetz oder auch nur unmoralisch gewesen wäre.» Haniel setzte sich ganz aufrecht hin. «Und trotzdem blieb da ein letzter Zweifel. Ein ungutes Gefühl.»
«Zu Recht», sagte Lina. «Denn es gibt Dinge, von denen Cornelius von Sannberg nichts weiß. Dinge, die so ungeheuerlich sind, dass Sie mich vielleicht für verrückt halten werden, wenn ich Ihnen davon erzähle. Trotzdem schwöre ich, Ihnen nur die reine Wahrheit zu sagen.»
Lina hatte einen Weg gefunden, nichts über Annette, Anno und die vielen, nichts über Pater Johannes, aber doch alles über die Vorgänge in den Schmuggelkellern zu erzählen – sie berichtete, wie sie nachts im Hause Wienhold heimlich der Prozession der Teufelsanbeter in den Kultraum gefolgt war.
Borghoff ergänzte dann die Einzelheiten von den Verstümmelungen an dem beim Hebeturm von Kätt gefundenen Säugling und das, was Dr. Erbling ihm vor seinem Tod erzählt hatte.
Lina wiederum erzählte, was dem Metzger Willmuth widerfahren war und ihre Vermutung, dass auch Baron von Sannberg Opfer der Sekte geworden war.
Franz und Friederike hatten ihnen schweigend zugehört. Beide waren blass geworden, als es um die Kinderopfer ging. «Warum kommen Sie damit zu mir?», fragte er schließlich.
«Zum einen, weil ich in einer Sache Ihre Hilfe brauche, Herr Haniel», sagte Borghoff. «Zum anderen, weil Sie ein einflussreicher Mann hier sind. Der Bürgermeister hat das geschäftliche Wohlergehen seiner Stadt im Sinn und hindert mich, diesen Familien zu nahe zu kommen. Er sieht nur den wirtschaftlichen Fortschritt.»
«Denken Sie etwa, William Weinhagen hätte etwas mit der Sache zu tun?»
«Aber nein», Robert schüttelte energisch den Kopf. «Das ganz gewiss nicht. Doch ich kann nichts von den Geschehnissen wirklich beweisen, selbst die Geschichte mit Dr. Erbling könnte darauf geschoben werden, dass er durch die Trauer um seine Tochter wahnsinnig geworden ist. Geschäfte sind ein Teil der Macht, die diese Leute ausüben. Aber Sie und ein paar Ihrer Freunde sind reicher und mächtiger als sie. Sie könnten sie vielleicht aufhalten.»
Haniel nickte. «Ich wusste nicht, was mich bisher zurückgehalten hat, mit diesen Leuten Geschäfte zu machen. Jetzt ahne ich, warum.»
«Sie glauben uns, Onkel Franz?», fragte Lina erstaunt.
«So verrückt es ist, ich glaube dir jedes Wort, Lina.» Er seufzte. «Und ich habe Grund zu der Annahme, dass dieses Übel bereits auf anderem Wege auch hier eingedrungen ist.»
«Wir haben letzte Woche einen Diener entlassen müssen.» Zum ersten Mal sprach Friederike, die bisher schweigend zugehört hatte und nun ihre Stickarbeit auf den Schoß hatte sinken lassen. «Erst dachten wir, er sei buchstäblich über Nacht verrückt geworden. Er hat eine der Mägde … Er sprach von Macht, die er jetzt habe, und dass er sich alles nehmen könne, was er wolle. Einige vom Personal führten sein Verhalten auf die neuen Freunde zurück, die er seit kurzem hätte. Wir haben ihn davongejagt. Das arme Mädchen hat seitdem noch kein Wort gesprochen.»
«Womit also kann ich Ihnen helfen, Herr Commissar», wandte sich Haniel an Borghoff.
«Mit der Erlaubnis, durch eines Ihrer Kohlenlager an der Mühlenweide in die Schmuggelkeller einzudringen.»
Haniel nickte. «Ich weiß, welches Sie meinen. Sie werden ein Boot dazu brauchen, man kann den Eingang nur noch vom Wasser aus erreichen – oder über eine Strickleiter. Wann brauchen Sie das Boot?»
«Übermorgen, sobald es dunkel ist. Ich möchte möglichst wenig Aufsehen erregen.»
«Werden Sie andere Polizisten mitnehmen?»
Darüber hatte Robert noch gar nicht nachgedacht. «Ich … ich denke, es wird besser sein, so wenig öffentliches Aufsehen wie möglich zu erregen.»
«Würde es Ihnen helfen, wenn ich Ihnen zwei oder drei vertrauenswürdige Leute zur Verfügung stellen würde?», fragte Haniel mit einem kleinen Lächeln.
«Ja, Herr Haniel, das würde mir sehr helfen.»
«Seien Sie übermorgen gegen vier Uhr
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