Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)
demjenigen, der die Papiere vorweisen kann. Und das bin ich.»
«Jetzt sind wir also wieder da angelangt», sagte Georg. «Ich glaube, ich muss dir endgültig beibringen, wer dein Vormund ist und wem alles gehört, was du hast.»
«Georg!», sagte Bertram scharf. «Noch einmal wirst du dich nicht vergessen!» Er wandte sich an Lina. «Da du das Geld einfach nehmen könntest, hast du sicher einen Vorschlag für uns.»
Lina nickte. «Den habe ich in der Tat.»
«Und ich brauche mir das nicht anzuhören.» Georgs Stimme wurde merklich lauter. «Bisher war bei ihr ja nichts zu holen, das einen Prozess gelohnt hätte, aber nun … Und mit deiner … Arbeit verdienst du ja auch ganz gut, Schwester, habe ich mir sagen lassen. Ein netter Zuverdienst.»
«Du kannst es natürlich versuchen, Georg. Aber meine Vertrauensperson hat die Anweisung, die Obligationen zu vernichten, sobald du versuchst, sie mir wegzunehmen.»
«Du würdest …» Georg war die Luft weggeblieben.
«Rund einundzwanzigtausend Thaler verbrennen, nur damit du sie nicht in die Finger bekommst, Georg. Mit Vergnügen würde ich das tun, denn ich bin darauf nicht angewiesen.»
«Was also ist dein Vorschlag, Lina?», fragte Bertram, bevor Georg wieder lospoltern konnte.
«Ich weiß, dass ihr das Geld dringend benötigt, weil von Müller die nötige Kapitalaufstockung für den Bau der Gießerei allein getragen hat und ihr die Mehrheit verlieren könntet. Deshalb solltest du dir gut überlegen, Georg, ob du mein Angebot ausschlagen kannst.» Lina holte den Vertrag aus der Tasche.
«In diesem Papier verpflichtest du dich, mir mein Erbe von fünftausend Thalern auszuzahlen, ebenso wie die Jahresrente und alle zukünftigen Jahresrenten. Natürlich auch die zurückgehaltene Rente aus Mutters Vermögen. Du wirst mir alle meine persönlichen Möbel wieder aushändigen. Außerdem verzichtest du schriftlich für alle Zeiten auf deine Vormundschaft über mich. Solltest du jemals dagegen verstoßen, geht das gesamte Geld aus den Obligationen zurück an meine Bank, die es wohltätigen Zwecken zuführen wird. Du wirst niemandem in der Familie mehr verbieten, mich zu sehen und mit mir zu sprechen und mich auch wieder in deinem Haus willkommen heißen, wie es sich für ein Familienmitglied gehört. Und du wirst dem Hausmädchen Josephine Wangenmüller zweihundert Thaler Finderlohn zahlen, denn sie war es, die die Papiere gefunden hat.»
Georg war zunächst sprachlos. «Das unterzeichne ich nicht», brüllte er dann. «Ich feilsche doch nicht um das, was mir rechtmäßig gehört!»
Bertram ging um den Schreibtisch herum und legte ihm die Hand auf den Arm. «Georg, du hast gar keine andere Wahl. Bis du einen Prozess angestrengt hast, sind die Obligationen verfallen, oder Lina hat sie verbrannt. Wir brauchen das Geld.» Er nahm die Feder und tauchte sie in das Tintenfass. «Unterschreib das!»
Georg verschränkte die Arme wie ein trotziges Kind.
«Niemand wird etwas hiervon erfahren», sagte Lina sanft. «Wenn du unterschreibst, darfst du gern den Großzügigen spielen, der um des lieben Friedens willen die Schwester wieder in die Familie aufgenommen hat.»
«Ich werde das nicht unterzeichnen. Bertram, von Müller sprach davon, uns in diesen Orden aufzunehmen, und meinte, das wäre sehr lukrativ für Geschäftsleute …»
Lina wurde plötzlich heiß und kalt. Was war, wenn Georg wirklich stur blieb und sie ihn und die Familienfirma damit dem Orden auslieferte? Aber Bertram kam ihr zur Hilfe.
«Wir sind beide nicht mehr sehr glücklich über die Partnerschaft mit von Müller. Und das, was er über diesen Orden erzählt hat, klang mehr als suspekt. Meine Güte, Georg, vergiss jetzt deinen Stolz und unterzeichne das Papier. Rund fünfzehntausend Thaler ohne jeden Kredit bringen uns die Mehrheit an der Gießerei zurück. Weder dein Vater noch du habt je Lina beherrschen können. Also bilde dir doch nicht ein, dass du es könntest, sei es mit Prügeln oder einem Prozess. Letztlich setzt sie ihren Kopf durch, und sie ist sturer als du.» Er stieß Georg an. «Los, mach schon.»
Georg rührte sich immer noch nicht. Lina konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, um einen Ausweg aus dieser Niederlage zu finden. Eine Niederlage, die ihm immerhin das Geld einbrachte, das er brauchte. Schließlich riss er Bertram doch die Feder aus der Hand und tauchte sie noch einmal in die Tinte. Dann unterschrieb er das Blatt, das Lina ihm zu lesen gegeben hatte,
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