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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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auch unter den Huren. Haben Sie das überprüft?» Borghoff hatte seine ruhige Überlegtheit wiedergefunden.
    Ebel schüttelte den Kopf. Die Aussicht, die vielen Hafenhuren verhören zu müssen, schmeckte ihm gar nicht.
    «Das sollten wir aber tun.» Der Commissar sah Weinhagen an. «Und wir sollten sie nicht direkt nach Drömmer fragen. Falls er es nicht gewesen ist, haben wir vielleicht Glück und finden einen anderen.»
    «Sie glauben also nicht, dass es Drömmer gewesen ist?», fragte Weinhagen.
    «Es ist durchaus möglich. Doch ich habe Zweifel. Ein solcher Mann würde die Kinder vielleicht totschlagen. Aber ihnen die Herzen zu entnehmen …»
    «Drömmer ist verrückt. Und die Tat kann doch nur ein Verrückter begangen haben, oder?», sagte der Bürgermeister.
    «Und er kannte die Mädchen», warf der Meidericher Sergeant Thade ein. «Die Mutter sagte, dass er beide Mädchen besucht hat, wenn die Helena in Ruhrort lag.»
    «Das genügt», entschied der Bürgermeister. «Verhaften wir ihn.»
    Ebel knetete seine Hände und sah auf den Boden. «Die Helena hat Ruhrort heute früh rheinaufwärts verlassen. Sie dürfte bereits Düsseldorf passiert haben.»
    «Mit welchem Ziel?», fragte Borghoff.
    «Coblenz. Sie wird in einer Woche wieder hier sein.»
    «Aber ob der Junge dann an Bord ist …» Borghoff runzelte die Stirn. «Ich lasse eine Nachricht über den Eisenbahntelegraphen nach Cöln und Coblenz schicken, die Bahndirection leistet uns sicher Amtshilfe. Vielleicht kann die Polizei ihn dort festnehmen. Allerdings gibt es genügend Möglichkeiten, das Schiff vorher zu verlassen.»
    Weinhagen nickte. «So sollten wir vorgehen, Borghoff. Die Huren überprüfen, aber auch weiterhin die Fremden, die hier sind. Und meinetwegen auch Kutschen, wenn sie nicht hierhergehören.»
    Borghoff räusperte sich. «Herr Bürgermeister, diese Untersuchung muss sehr schnell durchgeführt werden, jeden Tag verlassen Fremde die Stadt. Und wir haben einfach nicht genug Leute. Vielleicht könnten wir in Duisburg …»
    «Ruhrort kann seine Angelegenheiten selber klären», antwortete Weinhagen knapp. «Aber ich stelle Ihnen noch den Stadtdiener und einen Schreiber zur Verfügung.»
    «Danke.»
    Gemeinsam mit seinen beiden Sergeanten verließ er die Amtsstube des Bürgermeisters. «Sie beide sollten sich aufteilen. Thade, ich möchte, dass Sie die Huren verhören …»
    «Aber er kennt sich hier in Ruhrort doch gar nicht so gut aus …», warf Ebel ein, der nicht gerne sah, wenn Thade sich in seinem Revier hervortat.
    «Sie, Ebel, werden sich um die Fremden kümmern.»
    Verärgert ging Ebel zu den Polizeidienern, um sich den Stapel Registrierungen abzuholen.
    «Er hat recht, Herr Commissar», sagte Thade vorsichtig. «Er kennt die Weiber in der Altstadt besser …»
    «Ich schätze Sie aber als urteilssicherer ein, Thade. Und Sie werden sich an meine Anweisung halten und den Frauen nicht in den Mund legen, was Sie hören wollen.»
    Thade quittierte das Lob mit einem Lächeln. «Ich fange sofort an, ich kenne da eine Kneipe, und dann frage ich mich einfach durch.»
    «Sehr gut. Sie werden das schon machen. Wenn Ihnen eine Aussage interessant erscheint, dann will ich mit der Frau sprechen. Falls mich jemand sucht, ich werde mir ein paar Kutschen ansehen.»

    Es gab nicht viele Häuser in Ruhrort, die Fremden mit Kutschen Platz boten. Durch die Altstadt führten nur zwei Straßen, die eine Kutsche passieren konnte, aber in der Neustadt gab es einige wenige Wirtshäuser und Herbergen mit Stallungen und Plätzen für die Wagen. Zum hundertsten Male verfluchte Borghoff, dass er in Düsseldorf um seine Versetzung gebeten hatte. Er hatte es einfach sattgehabt, den politisch Verdächtigen hinterherzujagen, die – nachdem die Unruhestifter des 48er Aufstandes bereits aus dem Verkehr gezogen waren – oft nichts weiter als redliche Bürger waren, die ein paar Rechte für sich einforderten. Dass er mit ihnen sympathisierte, hätte er irgendwann nicht mehr verbergen können, vor allem, da die Anklagen oft unberechtigt waren. Der preußische Staat räumte sechs Jahre danach mit allem auf, was ihm in irgendeiner Weise in die Quere kam. Und jetzt musste er sich von einem Bürgermeister, der um den Ruf seiner Stadt fürchtete, sagen lassen, wie er die Polizeiarbeit zu machen hatte.
    Doch die Möglichkeiten für einen invaliden Offizier, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, waren gezählt. Er war erst zweiundvierzig Jahre alt, die Invalidenpension

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