Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
Vom Netzwerk:
für eine Frau geziemte und was nicht. Inzwischen hatte er über eine Cölner Heiratsvermittlung eine leidlich hübsche Pfarrerstochter geehelicht.
    Warum sich Feldhaus damals ausgerechnet in sie verliebt hatte, die nie ihren Mund hielt und manchmal auch recht herrschsüchtig war, konnte Lina sich nicht erklären. Aber wenn der Doktor ins Haus kam – und das tat er häufig –, konnte sie immer noch diese merkwürdige Zuneigung spüren. Das gedachte sie jetzt auszunutzen.
«Sie haben die Mädchen heute obduziert, nicht wahr?»
    Feldhaus nickte. «Ich hörte schon, dass Sie sie gefunden haben, Fräulein Lina. Eine Frau sollte nicht im Dunkeln allein …»
    «Ich war nicht allein. Der junge Simon Weber hat mich begleitet.» Lina beschloss, schnell zur Sache zu kommen, bevor sie sich weitere Vorwürfe anhören musste. «Das war ein schlimmer Anblick.»
    «Man hat beiden Mädchen das Herz entfernt. Und die ältere …»
    «Erwartete ein Kind, das ist mir schon klar. Was denken Sie, war das Kind tot, oder könnte es noch gelebt haben?»
    Feldhaus wich ihrem Blick aus. «Fräulein Lina, das ist eine polizeiliche Untersuchung, ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen darüber reden sollte.»
    «Ich habe die Kinder gesehen, Doktor. Sie gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Verstehen Sie nicht, dass ich wissen muss, was mit ihnen geschehen ist?»
    «Sie wollen alles wissen?»
    Lina nickte. «Bitte. Ich bin keines von den zarten Dämchen, die gleich in Ohnmacht fallen, wenn sie so etwas hören.»
    Feldhaus lächelte ein wenig gequält. «Nein, das sind Sie wirklich nicht.»
    Im oberen Stockwerk befand sich Aaltjes kleiner Salon, in den sie sich oft zurückzog, wenn sie ungestört sein wollte. Eifersüchtig wachte sie darüber, dass Lina ihn nicht auch unter ihre Herrschaft bekam. Nun aber saß sie unten mit dem Pfarrer zusammen. Lina öffnete die Tür und schob den Doktor hinein.
    Aaltjes Stickarbeiten waren über das ganze Zimmer verteilt, Lina nahm ein paar vom Sofa herunter und bot Dr.   Feldhaus einen Platz an. Sie selbst setzte sich in Aaltjes breiten Sessel – wahrscheinlich der einzige im Haus, in dem Aaltjes ausladende Statur wirklich bequem Platz hatte. Die zierliche Lina verschwand fast darin.
    Feldhaus begann zu berichten. Die Mädchen waren unterernährt, was kein Wunder war. Beide waren vermutlich häufig mit Männern zusammen gewesen.
    «Sie waren schon länger tot, mindestens drei Tage, vermute ich. Und das viele Blut auf der Kleidung und den Körpern lässt nur den Schluss zu, dass sie noch lebten, als man ihnen das angetan hat.»
    «Die Herzen zu entfernen, meinen Sie?»
    Feldhaus nickte. «Das ist … das ist wirklich kaum vorstellbar. Den Brustkorb zu öffnen, ja geradezu aufzubrechen … Lassen Sie uns denken, dass eine Ohnmacht und ein schneller Tod sie nicht zu sehr leiden ließen.»
    «Ein Kind kann viel aushalten, Doktor», sagte Lina leise, und die Erinnerung an ihre Operationen stieg in ihr auf. Bis die Schmerzen sie bewusstlos hatten werden lassen, war eine Ewigkeit vergangen. «Aber spätestens, als man das Herz herausriss, war es ja vorbei.»
    «Ja. Und auch, als das Kind herausgeschnitten wurde, war die Ältere schon tot, so viel ist sicher.»
    «Und – ist es möglich, dass das Kind überlebt hat?»
    «Das weiß keiner, Fräulein Lina. Die Kleine stand jedenfalls kurz vor der Niederkunft, das wissen wir von ihrer Mutter. Es besteht also die Möglichkeit, dass es lebend zur Welt kam und auch jetzt noch lebt. Aber wenn – in wessen Händen ist es dann?»
    «In denen des Mörders.»
    Feldhaus stand auf. «Wissen Sie jetzt genug, Fräulein Lina? Glauben Sie, dass Sie nun besser schlafen können?»
    Lina reagierte nicht auf den Vorwurf. «Danke. Ich weiß jetzt, was ich wissen wollte.»
    Sie brachte ihn noch nach unten und entschied dann, dass es die Höflichkeit verlangte, den Pfarrer wenigstens zu begrüßen. Seufzend ging sie in den Salon.

    Commissar Robert Borghoff war ein besonnener Mann, und dass man ihm jetzt, bei der Besprechung mit dem Bürgermeister Ungeduld und Unzufriedenheit ansehen konnte, zeigte, wie weit seine Meinung und die seines Vorgesetzten auseinanderliefen.
    William Weinhagen war äußerst beliebt in Ruhrort, er hatte viel für seine Stadt getan. Mit großem Geschick nutzte er die Veränderungen der neuen Zeit, um Ruhrort gegenüber seinen Nachbarn Duisburg und Mülheim Vorteile zu verschaffen und die günstige Lage an der Mündung der Ruhr in klingende Münze und Wohlstand zu

Weitere Kostenlose Bücher