Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
Deckenlampen reichte nicht bis zu ihren Füßen hinab. Leyla blickte zu den mattgelben Glasku p peln auf und fragte sich, ob das Benutzen von viel zu schwachen Glühlampen eine Sparmaßnahme sein sollte. Laut hallten ihre Schritte auf den Bodendielen wider. Vor einem massiven Abtrennungsgitter hielten sie und blickten auf den dahinterli e genden Korridor. Die Schwester zog aus ihrer Rockt a sche einen dicken Schlüsselbund und wählte mit bemerkenswerter Zielsicherheit den richtigen Schlüssel. Noch während der Schlüssel im Schloss klapperte, vernahmen sie die ersten schlurfenden Schritte. Kurz darauf erschien auf der anderen Seite des Gitters eine bunte Schar von in Morgenmäntel gepackten Patienten. Aus zah l reichen Türen kamen sie hervor, als schien das Geräusch des sich öf f nenden Gitters sie magisch anzuziehen. Das Deckenlicht über ihren Köpfen flackerte und warf gespenstische Schatten auf fahle Gesic h ter. Wie zum Leben erwachte Wachsfiguren bewegten sie sich langsam und behutsam. Leises Murmeln und asthmatisches Atmen begleiteten den Zug mit dem gemeinschaftl i chen Drang, das Gittertor zu passieren, als erah n ten sie die dahinter liegende Freiheit.
„Die geschlossene Abteilung“, erklärte die Krankenschwester.
Ihre schmalen Lippen zogen sich zu einem angedeuteten Lächeln. Die Aussicht auf einen Wortwechsel mit zurechnungsfähigen Leuten schien ihre Stimmung zu heben. Nachdem sie das Trenngitter zur Seite gezogen hatte, wies sie mit einem Kopfnicken an, voranzugehen. Bisher sah es nicht so aus, als tummelte sich hier eine Schar von Pflegepersonal. Z u mindest nicht in den frühen Abendstunden. Nachtdienste konnten ve r dammt einsam sein.
Sie gingen an der Frau vorbei und warteten, bis sie die Tür hinter i h nen laut in Schloss fallen ließ. Wie auf Kommando stoppte der Patientenkonvoi auf halbem Wege. Einer nach dem and e ren machten sie kehrt, und schlurften zurück in die verschiedenen Zimmer auf dem Gang.
„Sie sind wie kleine Kinder“, meinte die Krankenschwester erklären zu müssen. „Die Hirnschäden sind irreparabel, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Die geschlossene Abteilung dient zu ihrem eigenen Schutz. Kämen sie jemals bis nach draußen, wü r den sie sich dort vermu t lich gegenseitig verletzen oder sonst was anstellen.“
Das hörte sich an, als sei es schon vorgekommen, dass ein Patient geflohen war. Der verwah r loste Zustand des Hauses erinnerte mehr an ein Sanatorium für geistig Verwirrte aus dem 19. Jahrhundert, als an eine moderne Privatklinik. Der Zweck war derselbe, man konnte sich diskret unliebsamer Verwandter entledigen, wie man es seit jeher g e handhabt hatte.
Die nächste Tür wurde ihnen einladend aufgehalten. Leyla bemerkte einen schmalen Gang zu ihrer Rechten, der schlängelnd ins Endlose verlief. Weit hinten schien mattes Tageslicht durch eine schmale Glastür.
„Es tut mir leid“, hörte sie die nun wieder resolute Stimme der Krankenschwester. „Es steht nicht gut um ihre Schwester. Sie ve r liert an Kraft und erlangt nur selten das Bewusstsein. Die Ärzte befürc h ten das Schlimmste.“
Marie hatte ihr kaum zugehört, und war schon im Zimmer verschwunden. Leyla und Jarno ei l ten ihr hinterher. Im Vorbeigehen blickte Leyla ihr ins Gesicht. Offensichtlich hatte die Krankenschwe s ter ihren kleinen Ausflug im Plaudern beendet, und trug nun die harte Miene einer Frau, die es gewohnt war, mit Krankheit und Tod umz u gehen.
Im Gegensatz zum bisherigen Teil der Klinik wirkte Sandras Krankenzimmer peinlich sauber. Sogar Blumen standen auf der Fenste r bank und lenkten den Blick von dem grauen Regentag ab. Sandras Gesichtsfarbe unterschied sich kaum von der weißen Bettdecke, unter der sie zu verschwinden schien. Dunkle Schatten lagen unter ihren geschlossenen Augen, die Wangen waren eing e fallen und die spröden Lippen blutleer. Ihre dünnen Arme lagen seitlich an ihrem Körper und waren übersät von Schnittwunden. Einige davon verheilten bereits, and e re waren ganz frisch und hatten kaum eine Kruste gebildet.
Marie stand vor dem Bett und starrte wortlos auf ihre Schwester hinab. Sie hob die Bettdecke an, um die Beine zu betrachten. Auch dort war die Haut gräulich und mit zahlreichen Schnitten überzogen.
„Was ist hier los?“, rief Marie und fuhr zu der Krankenschwester herum. „Wie kann sie innerhalb weniger Tage einen solch e r bärmlichen Zustand erlangen? Und was sind das alles für Wu n den?“
Die Krankenschwester war keinen
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