Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
sie es geplant hatte. Leider hatte sie immer noch nicht die geringste Ahnung, wo sie mit der Suche beginnen sollte. Das riesige Geiste r schloss am Ende der Straße wirkte so wenig einladend, dass es wiederum klar war, dass sie die Suche dort anfangen sollte. Ganz ohne Waffen fühlte sie sich ungeschützt, auch wenn die Vampire da draußen einen recht friedlichen Eindruck machten. Andererseits wollte sie nicht auffallen und konnte sich kaum unter die Me n ge mischen. Ein Blick in die andere Richtung der Gasse zeigte nichts als die tiefe Dunkelheit eines schachtartigen Lab y rinths. Kaum vorstellbar, dass sie sich dort zurechtfinden könnte, ohne Sergej als wandelnde L a terne. Doch sie verlor die Geduld und musste etwas unternehmen. Als sie sich für die düstere der beiden Möglichkeiten entschieden hatte, tauchte Sergej so schnell neben ihr auf, dass sein Lichtschein für den Bruchteil einer Sekunde hinterherzuhinken schien. E r schrocken und erleichtert zugleich nahm sie ihm den Stoffballen ab, den er ihr entgege n hielt.
„Besser du ziehst diesen Umhang über, damit du weniger auffällst“, erklärte er. „Und übrigens, ich denke auch, unserer Göttlic h keit ist bei der Schöpfung der Vampire ein kleines Missgeschick unterlaufen.“ In seinen Augen blitzte es auf wie bei einem tiefglä u bigen Mönch, über dessen Li p pen ketzerische Worte gehuscht waren.
„Glaubst du, wir werden Hel begegnen?“ Leyla nestelte am Verschluss ihres Umhangs herum. Verflixtes Ding. Daran konnte man sich glatt die Finger brechen.
„Kaum, die Göttin ist seit einer Ewigkeit nicht hier gewesen.“ Beiläufig griff Sergej an den Verschluss ihres Umhangs, der auge n blicklich zusa m menklickte. „Wie lange genau kann ich nicht sagen, nur, dass sie wie eine Legende behandelt wird.“ Er zuckte mit den Schultern.
„Göttliches Zeitempfinden ist ein völlig anderes, hat mir mal jemand gesagt“, meinte Leyla mit Idunas Worten im Sinn. „Aus Hels Sicht sind möglicherweise erst ein paar Jahre vergangen, was euch hier wie Jahrhu n derte vorkommen mag.“
„Wenn nicht noch mehr … fertig?“
„So fertig, wie es geht.“ Sie zog die Kapuze über den Kopf. Ein muffiger Geruch ging von dem grob gewebten Material aus. Gemeinsam tauchten sie in das Gewühl von Kö r pern. Trotz der Enge schienen sie sich niemals gegenseitig zu berühren, als wären sie mit hochsensiblen Sensoren ausgestattet. Da Leyla über keine derartigen Eigenschaften verfü g te, hielt sie sich dicht an Sergej. Ein bisschen gereizt lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre seltsam zeitversetzt laufenden Bewegungen. Es war gewöhnungsb e dürftig, wenn man die Schrittfolge erst denken musste, damit die Beine diese ausführten. Wenigstens hatte es den Vorteil, dass ihr Astralleib keine Erschöpfung zu kennen schien. Mit ein bisschen Übung klappte es auch mit den fließenden Schritten. Sie schlä n gelten sich auf die andere Straßenseite, weil dort weniger los war. Bis auf wenige murmelnde Geräusche war es inmi t ten der Menge so still, dass sie die Stoffe der U m hänge rascheln hörte. Vampire konnten sich lautlos bewegen, doch das fehlende Klappern von Absätzen auf Kopfstei n pflaster lenkte das Gehör nicht ab.
„Was ist das eigentlich für ein Ort? Die Hölle?“ Sie hielt ihre Stimme gesenkt, auch, als sie auf der anderen Seite angekommen waren. Von Boris wusste sie zwar, wo sie sich b e fand, doch von einer existierenden anderen Dimension erzählt zu bekommen, unterschied sich erheblich davon, sich inmitten dieser zu befinden. Sergej lachte hart auf und blickte auf sie herab. Er war fast so groß wie Rudger, aber von schm a lerer Statur.
„Als ich noch sterblich war, habe ich mir die Hölle ähnlich vorgestellt. Doch wir befinden uns in Niflstadt, dem Zentrum von Niflheim, unmittelbar vor dem Reich der Unterweltgö t tin Hel.“ Seine Stimme nahm sich bedrückt aus, wie die eines Menschen, auf dem alles Leid der Welt lastet.
„In eurer Welt spricht man von dem Ort der Strafe, wohin Lügner und Mörder verbannt werden. Allerdings trifft diese christl i che Interpretation der Hölle nur entfernt die Wahrheit. Ein Grund mag die Ähnlichkeit des englischen Wortes für Hölle sein, w o raus gerne Helheim abgeleitet wird.“ Er deutete mit dem Kopf zu der hoch aufragenden, düsteren Burg am Ende der Straße. „E i gentlich haben wir uns nicht von der Stelle bewegt. Wir befinden uns dort, wo Krinfelde ist. Allerdings in einer anderen Dimens i
Weitere Kostenlose Bücher