Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
zigen Versuch ihren Kopf zu befreien. Doch seine Hand lag wie ein Schraubstock um ihr Kinn und würde sich erst dann lockern, wenn er es wollte. „Sie sind nicht ohne Grund so widerstandsfähig. Haben Sie sich nie gefragt, warum das so ist?“
„Wahrscheinlich bin ich als Kind in einen Topf mit Zaubertrank gefallen.“
Rudger lachte auf, tief und volltönend.
Leyla ahnte den wahren Grund in ihrem Innern und sie fürchtete sich davor. Lieber ve r drängte sie die Frage. „Rudger, ich werde nicht Ihre willenlose Dienerin werden!“
Sie saß aufgerichtet da und blickte ihn streng an, um die Bestimmtheit ihrer Worte zu unte r mauern. Sein Mund war ihr so nah, dass sie am liebsten mit dem Finger die Konturen seiner Lippen nachgezeic h net hätte. Stattdessen löste er seinen Griff und fuhr mit dem Daumen über ihre Unterlippe. Seine Berührung ließ das untere Ende ihrer Wirbelsäule kribbeln.
„Sie sind viel mehr als das, mina Fagreþæ “, flüsterte er. „Und das seit einer ganzen We i le.“
„Es gibt Leute, für die es eine Ehre wäre den Meister zu nähren, wenn auch eine zwe i felhafte.“
„Ich trinke seit vielen Jahren kein Menschenblut mehr“, entgegnete er.
Leyla versuchte sich den Meistervampir am Fleischerstand in einem nächtlichen Supe r markt vorzustellen. Es funktionierte nicht. „Das dürfte Sie in Ihren Kreisen zu einem ec h ten Langweiler machen.“
„Es kommt vor, dass man sich für ein einsames Dasein entscheiden muss, nicht wahr?“
Er vermied bewusst das Wort ‚Leben‘ und bezog seine Aussage sowohl auf sich als auf Leyla, das konnte sie spüren.
„Ich bin nicht einsam“, verteidigte sie sich halbherzig. „Es ist … mein Job. Er ist gefährlich, dabei kann ich niemanden gebra u chen. Sie sind eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Stadt. Wie kö n nen Sie einsam sein?“
Natürlich bestand ein Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein, der sich selbst durch eine überdurchschnittlich große Zahl an sozialen Kontakten aufgrund mangelnder Intensität nicht abstre i ten ließ.
„Nun ja, wir werden beide nicht zum Empfang beim Bürgermeister eingeladen“, entge g nete er.
Leyla senkte die Lider und war für einen Moment sprachlos. Sie war ebenso wenig an e i ner Einladung ins Rathaus interessiert wie Rudger. Sie wusste, worauf er ansprach. Sie stand im Dienst der Al l gemeinheit, im Auftrag des Gesetzes; eine ehrenwerte Aufgabe. Doch sie tötete. Regelmäßig und routiniert. Dass sie Vampire tötete, war zweitrangig, es ging ums Prinzip. Frauen gaben Leben, sie nahmen es nicht. Sie waren Krankenschwestern im Feldlazarett und keine Sold a ten. Sie bewegte sich in einem Schattendasein und verhielt sich in den Augen ihrer Mitme n schen widernatürlich. Diejenigen, die es nicht schätzten von ihr beschützt zu werden, waren die Ausnahme. Für eine Einladung zur Cocktailparty reichte es nicht. Es war wie bei den Totengr ä bern. Der Job musste gemacht werden und zum Glück gab es Leute, die sich dazu bereit erklä r ten. Leyla kannte niemanden, der einen Totengräber in seinem Freundeskreis hatte. Keiner holte sich gerne den Tod ins Haus. So oder so nicht.
„Ich schätze, das haben wir gemeinsam“, unterbrach er ihr Schwe i gen.
„Sie sind ein Vampir und ich verbringe den größten Teil meines Daseins damit, Ihre Art zu töten. Daran wird dieser dubiose Auftrag, den ich für Sie erfüllen soll, nichts ändern. Ich sehe da keine Gemei n samkeiten.“
Ihre Stimme klang weniger fest als beabsichtigt. Das Atmen fiel ihr schwer.
Seine Mundwinkel hoben sich leicht. „Mein Blut fließt in deinem und unsere Seelen sind ve r eint. Ich habe es nicht gewollt, doch ich bin dafür dankbar.“ Es war nicht mehr als ein heiseres Flüstern.
„Ich verstehe nicht“, entgegnete Leyla beunruhigt. Sein Blut floss in ihrem? Um Himmels wi l len!
„Fjodora versucht mich auszulöschen und ich habe keine Wahl. So ergeht es mir immer in de i ner Gegenwart, Leyla.“ Er sprach ihren Namen mit dem schwingenden Klang von Sehnsucht aus.
Sie schwieg und die Tatsache, dass er sie duzte, machte die Sache nicht einfacher. Seine Wangen spannten sich an, als er die Zä h ne fest aufeinander biss. Sie ahnte die Kraft, die er aufbrachte, um zu ve r hindern, sich nicht das zu nehmen, was er zum Überleben brauchte. Seine Finger fuhren an der Linie ihres Halses entlang und Gänsehaut überzog ihre Haut. Die Erkenntnis überkam sie schockartig. Sie wol l te ihm freiwillig geben, was er
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