Das rote U
vertrieben, die Zeit und die bittere Kälte... Jetzt
aber, als sie wohl zum hundertsten Male die Tür der Wirtschaft aufgehen
sahen – jetzt waren’s endlich die drei...
„Hoffentlich laufen sie
nicht zu weit!“ flüsterte Döll, „es wäre wirklich
nicht nett von ihnen, wenn sie uns durch die halbe Stadt schleppten...“
„Und in ganz fremde
Stadtteile“, fügte Silli hinzu.
Aber nein, jetzt sahen sie die
Kerle schon links um die Ecke biegen, tiefer in die Altstadt hinein. Und ganz
nüchtern waren sie auch nicht mehr, das sah man an ihrem Gang.
Die Spione, die nun wieder zu
zweien und dreien gingen, blieben immer hinter ihnen, immer so weit, dass die
Verfolgten sie nicht hören und nicht sehen konnten. Auf einmal schauten
sie sich alle an...
„Merkt ihr was?“
sagte Boddas .
„Ja, sie gehen zur Villa Jück ...“
„Jedenfalls in diese
Gegend. Aber gleich werden wir es ja haben...“
Noch eine Ecke... da, nun waren
sie an ihrer alten Kirche, und hinter den Säulen des Eingangs versteckt,
spähten sie den Verbrechern nach. Die gingen jetzt wirklich das enge
Gässchen zum Rhein hinab, wo das öde Haus
stand, dasselbe Haus, in dem sie damals verhaftet worden waren. – Und
richtig, nun hielten sie an, und im nächsten Augenblick waren sie
verschwunden...
„Aha...“, sagte Knöres , „jetzt sind sie durch das Tor nebenan
gegangen, wo die Schreinerei ist...“
„Ob sie drin
bleiben...?“
Sie liefen eilig die
menschenleere Straße hinab, und nun schauten sie vorsichtig um die Ecke.
Es war so dunkel, dass sie gewiss nichts hätten sehen können, wenn
nicht der helle Schnee gewesen wäre. Denn keine Laterne brannte in dem
Gässchen, und finster lag das alte Haus da, nur über sein Dach schien
der bleiche Mond. Aber auch der verschwand immer wieder hinter dicken Wolken,
und bald war denn auch der ganze Himmel bedeckt.
Da, jetzt kamen sie wieder
heraus...
„Sie haben
nachgesehen“, erklärte Knöres sofort,
„ob das Loch an der Schuppenmauer noch da ist...“
Und gerade wollten die
fünfe ihnen nachschleichen, da blieben sie wie angewurzelt stehen: einer
von den Kerlen hatte gerade gegenüber von der Villa Jück an einem Hause geklingelt. Sie hörten die altmodische Schelle deutlich
über die Straße durch die kalte Winterluft tönen. Und nun wurde
an dem Haus ein Fenster aufgemacht.
„Wer ist da?“ rief
die Stimme einer Frau hinab.
„Wir!“ rief der
Kerl zurück, „könne wir vielleicht für eine Woche bei
Ihnen ein Zimmer haben? Wir sind zu dreien – bezahlen tun wir im
Voraus...“
„ Is ’
gut“, sagte die Frau, „ich komm schon und mach auf...“
Dann wurde das Fenster zugeklirrt , und bald rasselte ein Schlüssel in der
Haustür. Die drei gingen hinein.
Alle auf einmal atmeten die
Leute vom Roten U auf. „Erledigt!“ rief Silli .
Denn das Haus kannten sie gut.
Fast alle Tage kamen sie ja daran vorbei. Sie wussten, darin wohnte die alte
Frau Schmitz, die aussah wie eine böse Hexe, und die Frau Schmitz
vermietete Zimmer. Immer hing ein schmutziges Schild am Fenster, und darauf
stand:
Logis
Zimmer für Tage und Wochen
Also dort wollten die
Verbrecher wohnen. Nun, da gehörten sie auch hin. Die Kinder wussten
keinen, der besser zu ihnen gepasst hätte, als die hässliche,
schlampige Frau. Alle Schulkinder machten einen Bogen um sie. Denn sie roch
immer furchtbar nach Knoblauch.
Schon ein paar Minuten
später saßen sie auf Dölls kleinem Zimmer, und nun schrieben
sie den Brief an das Rote U zuerst einmal mit Bleistift vor. Immer wusste der
eine noch bessere Sätze als der andere.
Schreiben musste natürlich Mala , denn Malas Vater war
Redakteur.
Und so war der Brief, den sie
dann sofort in den Kasten steckten:
„Hochgeehrtes Rotes U!
Wir wollen Ihnen schreiben. Denn wir
haben es richtig fertig gekriegt. Es hat sehr viel Mühe gekostet, das
können Sie sich denken. Aber, geehrtes Rotes U, wir sind für Sie
gerade die Richtigen. Die drei Kerle wohnen nämlich bei der Frau Schmitz
im Fährgässchen. Die Kerle haben den Knöres gefragt, ob der Lehrer Longerich noch lebt. Schicken
sie zu der Frau Schmitz mal die Polizei. Die mögen wir alle nicht leiden.
Sie stinkt nach Knoblauch. Wir haben auch einen Brief von den Verbrechern. Den
sollten wir in den Kasten schmeißen. Aber den haben wir aufgebrochen. Und
haben ihn abgeschrieben. Und dann haben wir ihn doch in den Kasten geschmissen.
Denn der Aujust hätte das gemerkt. Können
Sie was mit ihm anfangen? Wir
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