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Das rote U

Das rote U

Titel: Das rote U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Matthießen
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er.
    „Natürlich –
denn in der Zeit gehen sie bestimmt nicht fort! Die warten doch auf die
Freimarke.“
    „Davon hast du aber noch
kein Briefchen!“ rief Knöres , „wenn
sie nun die Marke inzwischen anderswo auftreiben? Es sind doch genug Leute in
der Wirtschaft! Oder sie wollen uns bloß weghaben – vielleicht
haben sie was gemerkt – das kann man alles nicht wissen... Übrigens
gehe ich gar nicht an die Post. Ich laufe nur um die Ecke zu Dölls, die
haben immer Freimarken, und vielleicht nimmt Frau Döll den Groschen von
mir gar nicht an, und dann hab’ ich zehn Pfennig verdient... Also warte
nur schön, bis ich wiederkomme!“
    Und weg war er. Mala wurde doch die Zeit lang, bis er zurückkam; dann
gingen sie wieder zusammen in die Wirtschaft. Aber der Kerl stand jetzt nicht
mehr an der Schenke, und die Jungen mussten eine ganze Weile suchen, bis sie
ihre Leute endlich in der hintersten Ecke fanden. Da saßen sie an einem
Tisch für sich, und eben brachte ihnen der Kellner das Essen. Feines
Essen! – stellten die Jungen sofort fest, denn vor jeden wurde eine
mächtige Kalbshaxe hingestellt mit Erbsen, Kartoffeln und Kompott. Das
Wasser lief den hungrigen Jungen im Munde zusammen... Mussten diese Kerle ein
Geld haben!!
    Zweie von ihnen zogen nun auch
gleich die Schüsseln zu sich heran, der dritte aber, der mit den fehlenden
Fingern, saß über einen Briefbogen gebeugt, den hatte er mit einem
kleinen Bleistiftstümpfchen schon beinahe vollgeschrieben.
    Die Jungen hätten beinahe
laut gelacht. Buchstaben malte der, Buchstaben! Es sah aus, als wären
Hühner oder Enten über das Papier gelaufen. So etwas hätten sie
einmal in der Schule machen sollen! Der Lehrer hätte ihnen etwas anderes
gesagt!
    „Hier ist die Freimarke“,
sagte Knöres jetzt.
    „Her damit“, rief
der Briefschreiber, „und damit du siehst, dass wir ehrliche Leute sind
– hier hast du deinen Groschen...“
    Hat sich was mit ehrlich!
– dachten die Jungen, und schon wollten sie wieder gehen, zwischen ein
paar Tischen waren sie schon durch, da rief der Kerl noch einmal:
    „He, ihr zwei, kommt noch
mal her! Ihr könnt euch noch einen Groschen verdienen! Wartet einen
Augenblick, ich bin jetzt fertig – so...“
    Er steckte den Brief in einen
Umschlag und klebte ihn zu. Die Adresse hatte er schon geschrieben.
    „Den steckt ihr mir in
den Briefkasten, aber gleich in den nächsten, sonst vergesst ihr es
noch... Und dann kommt ihr noch mal herein und sagt, ob es auch richtig besorgt
ist.“
    „Aber den Groschen wollen
wir gleich jetzt haben!“ sagte Mala ,
„eben haben Sie uns nicht getraut, und nun trauen wir Ihnen nicht. So ist
das!“
    Die Kerle lachten alle drei.
    „Das geschieht dir gerade
recht“, rief der eine von ihnen dem Briefschreiber zu, „da,
Jungens, habt ihr von mir auch einen Groschen!“
    Und strahlend zogen sie mit dem
Brief und zwei Groschen in der Tasche ab. Und außerdem hatte Frau
Döll dem Knöres die Freimarke geschenkt.
Als sie auf die Straße kamen, waren Boddas und Silli schon wieder da.
    „Ich dachte schon, sie
wären fort“, flüsterte Silli ,
„und ihr hinterher... Was habt ihr da drin gemacht?“
    „Detektivarbeit“,
sagte Knöres wichtig, „und auf die Idee
bin ich gekommen. Und drei Groschen verdient...“
    „Schnell, raus mit dem
Brief!“ drängte Mala , „Wir
müssen doch wissen, was drinsteht! Und jetzt ist der Leim noch nass, und
wir kriegen ihn vielleicht noch auf...“
    Boddas und Silli machten große Augen, und Silli sagte
schließlich: „Das hätt’ ich von euch denn doch nicht
gedacht Ihr seid wirklich nicht so dumm, wie ihr ausseht!“
    Gleich neben der Wirtschaft war
ein haus mit einem großen Torweg, und das Tor
war immer offen. Das wussten sie natürlich. Und im nächsten
Augenblick waren sie dahinter verschwunden.
    „Gib mal her den
Brief“, sagte Silli , „ihr habt alle so
ungeschickte Finger...“
    Ja, es dauerte zwar lange, aber
es ging noch, und nun hielt Silli den kleinen
schmierigen Bogen in der Hand, der war noch ganz voll Bierflecken, und leise
las sie vor:
     
    Lieber Aujust !
    Indem das wir wissen, das du des sonntag immer nicht dabist , und kellnern gest ,
schreiben wir dir, und es bleibt dabei wie wir uns Ausgemacht haben. Denn heute
sind wir aus dem Knast gekommen, und du sollst morgen wenn es dunkel ist mit
dem Faltboot dasein , du weist ja wo, du kannst noch immer rein. Das Eis am Rhein macht ja nicht viel.
Köbes und Peter grüßen auch.
    Dein
dich

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