Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
verschiedenen Stellen der Stadt Kerzenschein aus den Häusern blitzen.
Möwen, die in Erwartung eines Festmahls von menschlichen Abfä llen um das Schiff kreisten, begrüßten ihn mit ihrem Kreischen. Große, grimmig blickende Menschen mit Fellen und Pelzen bekleidet stolzierten die Wege auf und ab. Und auch viele Frauen sah An’luin, anders als er es aus Cal’l kannte, wo die Frauen sich eher im Hintergrund hielten und etwas Demütiges hatten. Hier gingen sie stolz und aufrechten Ganges.
Wie er auf die sich vor ihm darbietende Szene starrte, merkte An’luin, dass neben ihm Pater Balain und Cathyll standen. Obwohl ihm der versuchte Kuss immer noch hochpeinlich war, merkte An’luin, dass er sich an Cathylls Gegenwart gewöhnt hatte und sie sogar genießen konnte. Er würde nie wieder einen Versuch wagen sich ihr zu nähern, aber er hatte auch festgestellt, dass sich für sie offensichtlich im Umgang mit ihm nichts verändert hatte, was es ihm leichter machte mit ihr zu sprechen.
Balain legte die Hand auf seine Schulter und sagte feierlich: „Die Hauptstadt der Wolfinger.“ Cathyll blickte ihn von der anderen Se ite an und sagte: „Na, ich hoffe, dass dieser Hafen uns auch irgendwann wieder nach Hause bringen wird.“ Ketill kam auf die drei zu. „Starkir sagt, ihr seid eingeladen mitzukommen. Haltet Euch aber bei uns. Hier gibt es finstere Gestalten.“ An’luin amüsierte es, dass seine Entführer ihn vor finsteren Gestalten warnten. Aber er würde sich mit Sicherheit an diese Warnung halten, da er nicht in andere Hände gelangen wollte, die ihm nicht so wohlgesonnen waren. Er sah, wie zwei hünenhafte Wolfinger mit blauem Umhang auf das Schiff zukamen und mit Steinn diskutierten. Balain erläuterte: „Das sind die Skiprits, Hafenangestellte, die nach dem Zweck und der Dauer des Aufenthalts fragen und dafür natürlich Geld verlangen. Starkir legte sich einen mit Pelz belegten Umhang an, doch trug er seine schwere Streitaxt nicht. „In Städten der Norr sind Waffen nicht erlaubt. Beim Temperament der Norr würde es aufgrund der vielen Streitigkeiten zu viele Tote geben“, erklärte Balain weiter. Cath schüttelte nur mit dem Kopf. „Diese Nordländer werden mir immer unheimlicher“, kommentierte An’luin. „Nun, Du wirst feststellen, mein Sohn, dass sie in Wahrheit äußerst freundliche und zurückhaltende Menschen sind, “ nahm Balain die Norr in Schutz, „ Probleme entstehen erst, wenn sie zu viel Met getrunken haben. In ihren Augen gibt es nämlich nie zu viel. Bitte lasst Euch niemals auf einen Trinkwettbewerb ein.“ Sörun lief an ihnen vorbei und kicherte.
In einem Zwölfertross gingen An’luin und andere Schiffskameraden die gewundene Straße zur Halle von König Olaf herauf: Cathyll, Pater Balain, Starkir, Ketill, Eirikr, Haldor, Eyvind, Syggtrygg, Thorbjorn, Gjuki, Sigvald und Thorkel. Geführt wurden die beiden von zwei Leibwachen von König Olaf, die mit prächtigen Helmen, die von langen Gänsefedern geschmückt wurden, und wallenden tiefblauen Umhängen bekleidet waren. Außerdem gehörten die Leibwachen zu den wenigen Personen in Throndje, denen es gestattet war, Waffen zu tragen. Ihre langen Schwertscheiden, die seitlich an ihren Hüften hingen, waren Zeugnis davon.
Im Gang durch die Stadt stellte An’luin fest, dass die Gerüche, die von der Stadt ausgingen, angenehmer waren, als die, die er aus Cal’l oder Mal Kallin kannte. Es roch nach gebratenem Fleisch, Seeluft und Gewürzen. Der übliche Brackwassergeruch, den er aus Ankilan kannte, fehlte. Die Straßen von Throndje sahen geschäftig aus, doch wurde das bunte Treiben, die preisenden Händler, die feilschenden Hausfrauen, die Künstler und Sänger, weniger, je weiter sie den Weg zur Königshalle hinaufgingen.
„Du wirst gleich Zeuge eines Kampfes ohne anderer Waffen als die Gewalt der Worte werden“, raunzte Balain An’luin ins Ohr. Dieser blickte zu Cathyll herüber, die genauso staunend die neuen Eindrücke in sich aufsog und rote Wangen und leuchtende Augen hatte. An’luin bewunderte sie. Er wusste, dass sie innerhalb kürzester Zeit alles verloren hatte, was die beiden miteinander verband. Er wünschte sich, dass sie ein fröhlicherer Umstand verbinden würde, wie ein gemeinsames Interesse für Töpferei oder Ähnliches.
Sie war eine Frau und somit der Laune ihres „Herrn“, was in diesem Falle er selber war, ausgesetzt. Balain hatte ihnen beiden verraten, dass die Gefahr bestünde, dass An’luin etwas
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