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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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würde nur eine gründliche Suche das Boot zutage fördern, und da es im Dörfchen kein Wasser mehr gab und es auch sonst völlig ausgeplündert war, würden die Türken gewiß nicht zurückkehren. Vom Kalkara-Tor aus konnte er – selbst mit zwei Frauen im Schlepptau – in drei Stunden hier sein und in See stechen.
    Tannhäuser kleidete sich an, ging zu Buraq zurück, schlug seine neue Damaszener Muskete in eine Decke ein und ritt nach Süden zur Bucht von Marsaxlokk, wo der größte Teil der Flotte des Sultans noch vor Anker lag. Versorgungsschiffe fuhren von den nordafrikanischen Häfen hin und her, und die Strände wimmelten von Menschen. Er ließ Buraq trinken, gesellte sich zu den Nachmittagsgebeten und nahm mit einem ägyptischen Seemann Tee und Honigmandeln ein. Sie sprachen über Alexandria, und Tannhäuser erfuhr, daß Admiral Piali wegen der Gregale-Winde kaum mehr als ein Dutzend Galeeren für die Blockade zur Verfügung gestellt hatte. Manche patrouillierten in der Meerenge von Gozo, die restlichen vor der Mündung des Großhafens. Beide Gebiete konnte Tannhäuser problemlos meiden. Die Schlacht um St. Elmo tobte noch, um den nördlichen Ankerplatz in Marsamxett zu sichern.
    Diese höchst willkommene Nachricht hatte Tannhäuser in seiner Vermutung bestärkt, daß sie eine gute Heimfahrt haben würden. Er schloß sich einem Treck von Maultieren an, die Feuerholz und Mehl für die Brotöfen des Heeres auf die Marsa-Ebene brachte. Er erzählte dem Hauptmann der Spahi , die den Zug begleiteten, von dem Angriff auf Torghouds Batterie, von dem der Mann noch nichts gehört hatte. Wie so oft bekam Tannhäuser dann eine türkische Sichtweise auf den Ritterorden zu hören. Ein Kult satanischer Fanatiker. Keine Soldaten, sondern Verbrecher. Sklaventreiber, Piraten, Teufel in Menschengestalt, vielleicht gar Hexer. Eine Pest, die man vernichten mußte, um des lieben Friedens willen und zum Wohl der restlichen Welt. Tannhäuser brauchte sich nicht zu verstellen, um dem Mann von Herzen zuzustimmen.
    Im türkischen Hauptlager auf der Marsa-Ebene begab er sich auf den Basar und erneuerte seine Bekanntschaft mit einigen Händlern. Sie tranken Joghurt mit Salz und Koriander, und Mattias erfuhr, wie stark die Verluste der Türken bei St. Elmo gewesen waren. Einige Orta der Janitscharen waren so gut wie ausgelöscht, weil sie sich weigerten, sich zurückzuziehen. Obwohl sich der Feldzug als härter herausstellte, als alle erwartet hatten, bezweifelte niemand, daß nach Allahs Willen ihr Sultan siegen würde. Wenn Händler die Welt regierten, darin waren sich alle einig, würde Eintracht unter den Nationen herrschen, doch bis zu jenem fernen Zeitpunkt würden sie weiterhin so viel Gewinn wie möglich machen.
    Die Vorteile der verschiedenen Häfen auf Malta wurden ausgiebig gegeneinander abgewogen, so auch die Verwendung dieser Häfen, sobald einmal die Insel ganz dem Reich des Sultans einverleibt worden war. Unter der Herrschaft der Höllenhunde war die Insel kaum mehr als eine Kaserne und ein Sklavenmarkt. Unter den Osmanen würde sie blühen und gedeihen. Wenn erst einmal die christlichen Piraten ausgemerzt waren, könnte man hier am Kreuzungspunkt von einem halben Dutzend großer Handelsstraßen sein Glück machen. Diese Händler waren auf dem Sprung, wollten sich ihre Anrechte sichern. Deswegen hatten sie den weiten Weg hierher unter größten Gefahren auf sich genommen. Tannhäuser merkte, wie er neidisch wurde. Dann wurde ihm klar, daß er und Sabato Svi selbst von Venedig aus ihren Anteil am Reichtum beanspruchen konnten, sobald Malta zu einer sprudelnden Quelle türkischen Geldes geworden war. Trotz ständiger Streitereien hatte die Serenissima im Handel der Osmanen immer die erste Stelle eingenommen. Er unterbreitete diesen Gedanken in groben Zügen den versammelten Händlern, die ihn begeistert begrüßten. Einer kannte Sabato Svi vom Hörensagen und Mosche Mosseri persönlich. Man vertraute den Juden und respektierte sie. Tannhäuser stellte sich vor, wie Sabatos Augen bei der Aussicht auf doppelt so viele Geschäfte leuchten würden.
    Ihm fiel ein, daß dazu allerdings erst die Türken über die Ordensrittertriumphieren müßten. Dem Orden würde jedoch wohl niemand lange nachtrauern. Es würden Messen gelesen werden, die Toten würden geehrt. Monarchen, Prinzen und Päpste würden sich über die Ländereien des Ordens streiten. Menschen, die La Valette haßten, würden ihn wortreich preisen, um damit ihren

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