Das Sakrament
hören.«
»Auch Pandolfo?« Starkeys Mund verzog sich. »Ludovicos Einsatz für Del Monte war schon unverfroren genug, aber ich hatte mir nicht vorstellen können, daß er so kühn sein würde.«
»Die Zeit drängt«, sagte Tannhäuser.
»Ist Del Monte in diesen Plan eingeweiht?«
»Nein.«
»Gott sei Dank.«
»Amparo und Bors sind im Gefängnis des Inquisitors«, fuhr Tannhäuser fort. »Sie werden bei Sonnenaufgang ermordet – früher, wenn Pandolfo von diesem Gespräch Wind bekommt.«
Starkey machte ein ernstes Gesicht. »Feldwebel dringen in den Gerichtshof ein. Verhaftungen. Prozesse, Hinrichtungen. Die italienische Zunge in Schimpf und Schande gestürzt und viel böses Blut erzeugt. Unser Sieg besudelt. Offener Konflikt mit der Römischen Inquisition – vielleicht gar mit dem Vatikan.« Er schüttelte angeekelt den Kopf, blickte dann Tannhäuser an. »Diese häßliche Angelegenheit wird am besten so tief wie möglich begraben.«
Tannhäuser erwiderte: »Gebt mir freie Hand, und ich begrabe sie alle.«
»Freie Hand?« sagte Starkey. »Wenn Ludovico überlebt und Ihr bei lebendigem Leibe gefaßt werdet, dann hat dieses Gespräch niemals stattgefunden. Und Ihr werdet so gut wie sicher aufgehängt.«
Kurz flackerte Überraschung in Tannhäuser auf, dann Verwunderung darüber, daß er Loyalität erwartet hatte. Er kannte diese Gestalten. Schließlich war er ja der Mann, den man ausgeschickt hatte, um das Enkelkind des Sultans zu ermorden. Sultan, Vatikan. Ritterorden. Islam oder Rom. All diese Kulte waren nur auf die Macht und die Unterjochung der Völker aus. Die Menschen selbst, kleine Leute wie er, wie Gullu Cakie, wie Amparo, waren für sie nur Wasser auf ihre Mühlen. La Valette, Ludovico, der Papst, Mustafa, Suleiman – was für Abschaum sie doch waren, einer wie der andere. Selbst in prächtige Gewänder gekleidet, zettelten sie die schrecklichsten Blutbäder an, um ihrer unermeßlichen Eitelkeit zu schmeicheln. In seinem Herzen hätte er sie alle liebend gern und ohne die geringste Reue umgebracht, doch es würde nie einen Mangel an Kandidaten geben, die mit Freuden in ihre Fußstapfen treten würden, und diese Tatsache beweinten nur wirkliche Narren.
Tannhäuser nickte. »Natürlich.«
»Ludovico ist mit einem Reitertrupp nach Mdina aufgebrochen«, sagte Starkey. »Sie wollen dort zu einem Angriff auf den türkischen Rückzug stoßen. Falls er auf dem Schlachtfeld fallen sollte, würde dieser Skandal mit ihm sterben.«
Tannhäuser und seine Muskete hatten einen neuen Dienstherrn. »Und Bruno Marra? Escobar de Corro?«
»Verfaulte, verdorbene Gliedmaßen, die vom Körper des Ritterordens abgetrennt werden müssen«, erwiderte Starkey. »Sie haben ihren neuen Herren nach Mdina begleitet.«
»War Contessa Carla bei ihnen?«
»Ich weiß es nicht.«
Tannhäuser reichte ihm die Fackel. »Haltet Pandolfo im Auge.«
»Er wird von der Kirche gleich in die Guva geleitet werden.«
Tannhäuser schob den Deckel von der Zündpfanne seiner Muskete zurück, um Pulver nachzuschütten. Er schwang sich das Radschloßgewehr über den Rücken. Dann zog er die Pistole hervor und überprüfte sie. Er hatte die Läufe beider Waffen selbst gereinigt und beide mit einer doppelten Ladung Pulver bestückt.
»Warum hat Ludovico Euch vertraut?« fragte Starkey.
»Es war ihm ein Bedürfnis, mich zu seinem Handlanger zu machen«, meinte Tannhäuser. Seine Arme und Beine fühlten sich ganz leicht an, sein Kopf war klar. Er steckte die Pistole in den Gürtel. Er dachte an Gullu Cakie und schaute Starkey an. »Und er hat die Stärke meiner Verbündeten unterschätzt.«
Starkey erwiderte: »Vielleicht auch Euren Charakter.«
»Nein«, sagte Tannhäuser. »Meinen Charakter hat er bis aufs Jota genau eingestuft. Denn wenn Gullu Cakie sich nicht bereit erklärt hätte, mir zu helfen, wäre Euer Großmeister gestorben.«
Im Westen war der Himmel noch indigoblau. Kassiopeia saß über St. Elmo auf ihrem Thron. Im Süden blinkte hell der Sirius. Oberhalb von San Lorenzo erhellte sich die Nacht bereits zu einem zarten Violett. Wo der stumpfe Grat des Monte Salvatore den östlichen Horizont bildete, krönte schon ein feiner Dunst aus bleichemGold die Dämmerung. Tannhäuser ging die Straße entlang auf den Gerichtshof zu.
Das Gebäude war zwei Stockwerke hoch aus Sandstein aufgerichtet, und am Eingang hatte man versucht, der ganzen Großartigkeit der Justiz gerecht zu werden. Anderswo hatten türkische Kanonen ihre Spuren
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