Das Sakrament
hinzu: »Und die sizilianische Alte des Inquisitors ist in den Gerichtshof umgezogen.«
»Weiß Starkey davon?«
Gullu schüttelte den Kopf. »Er glaubt, daß Ihr mit den Frauen fortgegangen seid.«
Tannhäuser fühlte sich seltsam verletzt. »Starkey hält mich für einen Deserteur?«
Der Malteser zuckte die Achseln, er war zu hartgesotten, um eine Antwort zu geben.
Tannhäuser fuhr fort: »Ihr müßt ihm eine Botschaft von mir überbringen.«
Gullu Cakie war einer der wenigen Außenstehenden, der stets Zugang zum obersten Rang des Ritterordens hatte. Er runzelte die kahle Stirn. »Starkey?«
»Ich muß sofort mit Starkey sprechen, in einer äußerst dringenden Angelegenheit.«
»Er wird bei den Laudes in San Lorenzo sein. Sie sind alle da. Warum geht Ihr nicht selbst dorthin?«
»Ich darf mich nicht verraten. Er und ich, wir müssen uns insgeheim treffen. Sagt ihm das! Kennt Ihr Ludovicos Helfershelfer?«
Der Alte warf Tannhäuser einen bösen Blick zu, als sei er über die bloße Vermutung beleidigt, daß das nicht der Fall sein könnte.
»Er hat einen seiner Leute in La Valettes unmittelbarer Umgebung«, sagte Tannhäuser. »Wer könnte das sein?«
»Der Mann aus Siena, Pandolfo, eine falsche Schlange.«
»Ja, Pandolfo. Weder er noch La Valette dürfen Verdacht schöpfen, daß etwas nicht stimmt.«
Gullu Cakie sagte: »Nur ein Narr legt sich mit der Inquisition an.«
»Vor Euch steht ein Narr, gewiß, aber Ihr werdet Euch die Dankbarkeit des Großmeisters damit verdienen.«
»Die habe ich mir ohnehin schon reichlich verdient«, knurrte Gullu. »Und davon kommt kein einziger Laib Brot auf meinen Küchentisch.«
»La Valettes Leben ist in Gefahr.«
Der Alte schürzte die Lippen. »Großmeister kommen und gehen. Und jetzt, da der Krieg vorbei ist?« Er zuckte noch einmal die Achseln.
»Ihr werdet Euch auch meine Dankbarkeit verdienen. Ich bin dann so tief in Eurer Schuld, wie Ihr nur wollt.«
»Aber wir müssen beide noch am Leben sein, wenn ich meinen Lohn bekommen soll.«
Tannhäuser konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. »Ihr seid ein Mann nach meinem Herzen.« Das Lächeln verflog. »Amparos Leben ist auch in Gefahr. Ludovico hält sie in seinem Gewahrsam fest.«
Der Gesichtsausdruck des Maltesers änderte sich. »Amparo ist eine von uns.«
»Das würde ich auch sagen.«
Gullu schaute auf seine schwielige Handfläche. »Amparo hat mir gesagt, daß ich noch die Geburt meines Urenkels erleben werde.« Er blickte zu Tannhäuser auf. In den wachen Augen lag nun kein Zögern mehr. »Auf diese Prophezeiung will ich mich verlassen.«
Im Fackelschein wirkte die Krypta von San Lorenzo gespenstisch. Das Gewölbe schien sich endlos in die geheimnisvolle Dunkelheit hinein zu erstrecken. Einige der Grabstätten waren geöffnet worden, die steinernen Deckel hatte man zur Seite gestellt, und in ihrem Innern konnte man die Falten weißen Leinens um kürzlichhier bestattete Leichname erkennen. Fliegen surrten im Halbdunkel umher. Ein Hauch von Weihrauch hing noch in der Luft. Der Chor von San Lorenzo lag unmittelbar über ihnen. Tannhäuser hörte leisen Gesang. Die Mönche feierten einen neuen Sonnenaufgang. Ihm aber lief die Zeit davon. Er hörte Schritte und kehrte zum Eingang der Krypta zurück. Starkey trat ins Licht der Fackeln. Sein Blick drückte vorsichtige Zurückhaltung aus, wirkte jedoch nicht unfreundlich.
»Tannhäuser. Man hat Euch vermißt.«
»Ich habe es mir gutgehen lassen«, erwiderte Tannhäuser. »In der Guva .«
»In der Guva ?« Starkey war entsetzt, ein seltener Anblick. »Auf wessen Befehl?«
Tannhäuser winkte ab. »Es ist eine Verschwörung gegen das Leben des Großmeisters im Gange. Ich wurde zu seinem Mörder gedungen.«
Starkey war unbewaffnet. In seinen Augen spiegelte sich die Erkenntnis, daß Tannhäuser hier mit Waffen behängt vor ihm stand. Wenn er allerdings erschrocken war, so ließ er es sich doch nicht anmerken. »Von wem?« fragte er.
»Bruder Ludovico.«
Starkey schien kaum überrascht zu sein, aber wie immer war sein Gesichtsausdruck schwer zu entziffern. »Fra Ludovico«, sann er. »Ein Vasall Ghislieris bis aufs Messer.«
Tannhäuser erzählte in kurzen Worten von seiner Verhaftung und Gefangenschaft – ließ es jedoch so aussehen, als habe man sie in der Herberge von England gefaßt. Er umriß kurz Ludovicos Plan.
»Habt Ihr Beweise für diese Intrige?« fragte Starkey.
»Gebt mir freie Hand mit dem jungen Pandolfo, dann könnt Ihr es selbst
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