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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Tannhäuser mit den neuesten Nachrichten.
    Das türkische Heer, immer noch ungefähr dreißigtausend Mann stark, wenn man die Hilfstruppen mitzählte, hatte die vergangenen vierundzwanzig Stunden damit verbracht, an Bord der Schiffe und Galeeren zu gehen, aus denen Pialis Flotte bestand. In den frühen Morgenstunden des Tages hatten jedoch Spahi -Späher der Sari Bayrak bestätigt, daß die angelandete christliche Truppe in Wahrheit nur halb so groß war, und Mustafa hatte einen seiner gefürchteten Wutanfälle bekommen. Wild entschlossen, im bevorstehenden Unheil zumindest seine Ehre, so gut es ging, zu retten, hatte er sofort neuntausend seiner besten Männer wieder in Marsamxett an Land befohlen und war an ihrer Spitze zu den Anhöhen von Naxyar marschiert, um sich mit den Christen eine Schlacht zu liefern. Ein Sieg würde die Moral der türkischen Truppen vielleicht wieder so weit stärken, daß die Einnahme der Insel Malta doch noch möglich erschiene. Pialis Flotte war an der Küste entlang mitgesegelt und in der Bucht von St. Paul vor Anker gegangen. Dort konnte sich im Falle einer Katastrophe das Heer vom Strand auf die Boote retten.
    Und in die Katastrophe hatte Mustafa seine Leute tatsächlich geführt.
    Zwischen den Berggraten von Naxxar und Wardija öffnete sich etwa eine Meile nördlich das Becken von Bingemma, das bis zurBucht hin auslief. Im Morgengrauen waren die frisch aus Sizilien eingetroffenen spanischen Reiter von De La Corna und die Ordensritter den Hang hinuntergestürmt, um sich dem türkischen Angriff entgegenzuwerfen. Gleichzeitig war De Lugnys Reiterei von Mdina über die Straße nach Mgarr hervorgebrochen und von Westen herangeprescht, um Mustafas Truppe in der Flanke anzugreifen. Nach einer Stunde wütenden Kampfs war die ermüdete Armee der Moslems zusammengebrochen und hatte ihr Heil in der Flucht gesucht.
    Tannhäuser schaute sich die Lage an. Das Becken von Bingemma war den ganzen Sommer über vernachlässigt worden und zu einem Tal versengter Wiesen und Felder verkommen. Die frühere Kornkammer der Insel war nun ein blutiges Schlachtfeld, auf dem ein halbes Tausend Tote lagen, Verwundete umherirrten und Pferde im Todeskampf um sich schlugen. Tannhäuser fragte sich, ob Orlandu es geschafft hatte, diese Ebene zu überwinden.
    Wenn er es vollbracht hatte, dann nur, um zur Bucht von St. Paul zu gelangen, die kaum weniger einladend war. Das Wasser war übersät mit Galeeren und Transportbooten, schäumte von den Ruderschlägen der Langboote, die verzweifelt Soldaten zu den Schiffen zurückbrachten. Am Strand wimmelte es von Tausenden von Männern. Auf dem flachen Landstreifen, über den man Zugang zur Bucht hatte, stemmte sich eine tapfere Nachhut gegen den Angriff der Christen, um für ihre Kameraden Zeit zu gewinnen. Dort tobten inmitten dichten Musketenqualms erbitterte Zweikämpfe. Unter den aufgepflanzten Bannern erkannte Tannhäuser den Sanjak i-Sherif und Mustafas Standarte. Der störrische alte General und seine Garibs , die Wächter des Banners des Propheten, würden als letzte an Bord gehen. Zu seiner Rechten befand sich die Gruppe der gepanzerten Janitscharen des Zirhli Nefer . Hassems algerische Musketiere hatten die Hügel besetzt, und am anderen Ende der Verteidigungslinie, links von Mustafa und gleich bei der Bucht von Salina, flatterten die gelben Banner von Abbas’ Kavallerieregiment, der Sari Bayrak .
    »Sieh sie dir nur an«, sagte Bors. Der Engländer saß hoch zuRoß und hatte sich die Muskete quer über die Schenkel gelegt. Er schien für die Türken zu sprechen. »Soviel Tapferkeit und Mut auf diesem Felsen verschwendet, daß es ein Grauen ist.«
    »Wir sind heute nicht für die Türken hier«, wandte Tannhäuser ein.
    Bors antwortete: »Ich weiß, auf wessen Blut wir heute aus sind.« Er schaute weg, als fühlte er sich nicht mehr wie der Mann, der er einmal gewesen war. Dann wandte er sich wieder Tannhäuser zu. »Ich habe ihm alles verraten.«
    »Ich hätte ihm auch alles verraten«, erwiderte Tannhäuser. Er hatte die Geschichte vom Kopf des Sabato Svi gehört. »Aber es ist ja nicht alles verloren, denn ich habe ihm den Strick gegeben, aus dem er sich seine eigene Schlinge knüpfen wird.«
    Diese Entgegnung tröstete Bors nicht. »Wo finden wir ihn aber?«
    Tannhäuser wandte sich Gullu Cakie zu, der die Zerstörung des türkischen Heeres mit größerem Vergnügen anschaute als seine Gefährten. Tannhäuser deutete auf ein Banner.
    »Da sind die gelben

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