Das Sakrament
und kühn, die Augen funkelten so schwarz wie seine Rüstung. Orlandu kannte denMann nicht, aber es war eindeutig ein Ordensritter. Der Junge drehte sich um, ging aber trotzdem rückwärts weiter ins Meer hinaus. Drei andere Ritter fächerten sich hinter dem ersten zu dessen Schutz auf. Der Schwarze Ritter rief ihn noch einmal und trieb sein Pferd weiter ins Wasser.
»Orlandu! Ich bin Fra Ludovico von der italienschen Zunge! Wir kommen, um dich zu holen! Um dich zu deiner Mutter zurückzubringen.«
Orlandu blieb stehen. Inzwischen reichte ihm das Wasser bis zur Taille. Der Schwarze Ritter stieg ab. Er schien riesig zu sein. Er kam auf ihn zugewatet. Dann blieb er stehen. Orlandu sah, daß der Ritter Tränen in den Augen hatte. Er reckte das umgekehrte Schwert hoch zum Himmel.
»Gepriesen seist Du, Herr Jesus Christ!« Ludovico senkte das Schwert und schaute Orlandu an. Wieder schienen ihn seine Gefühle zu übermannen. Tränen rollten ihm über die Wangen. Er streckte Orlandu seinen Arm hin.
»Komm her, mein Junge, laß dich umarmen!«
Orlandu war zu verwirrt, als daß er dieser Bitte nicht entsprochen hätte. Er watete wieder zum Strand zurück und stand vor seinem Retter. Der Mann war wahrhaftig ein Riese, so groß und breitschultrig wie Tannhäuser. Ein stählerner Arm umfaßte die Schultern des Jungen und drückte ihn an die Brust des Mannes. Die Rüstung fühlte sich an seiner Haut heiß an und war voller Blut. Orlandu schaute zu den feuchten Augen auf, und wieder erblickte er etwas, das er zuvor nur in Tannhäusers Augen gesehen hatte. Es war Liebe.
»Komm«, sagte Ludovico dann und ließ ihn los. »Fort aus diesem Getümmel! Unser Teil ist vorüber. Wir haben nun in weit ruhmreicheren Abenteuern unsere Rolle zu spielen!«
Ludovico nahm seine Zügel zur Hand, und zusammen stiegen sie wieder vom Strand hinauf. Ein junger einäugiger Ritter reichte ihm den Zügel des Araberpferdes, das Orlandu bewacht hatte, und Ludovico hielt das Pferd, während Orlandu sich leichtfüßig auf den bloßen Rücken des Tieres schwang. Auch Ludovico stiegauf. Die vier Ritter bildeten einen Schutzwall um Orlandu. Er spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Er war immer noch genauso verwirrt wie zuvor, aber dies war ein Wunder. Und noch wunderbarer war, daß Ludovico aus einer Scheide, die an seinem Sattel hing, ein weiteres Schwert zog, das er Orlandu reichte.
»Nach Mdina«, sagte Ludovico.
Orlandu packte die Flanken des Araberpferdes mit den Knien und ritt auf die Schlachtreihen zu, die vier edlen Ritter dicht um ihn gedrängt.
Vergeblich schaute Tannhäuser sich um. Wie immer bot das Schlachtfeld ein sich ständig verschiebendes Bild von heftigster Bewegung und plötzlichem Stillstand. Ganz gleich, in welch guter Verfassung die Kämpfenden waren, konnte doch keiner von ihnen die schweren Waffen über einen längeren Zeitpunkt führen, ohne ab und an verschnaufen zu müssen. Eine Landspitze trennte das Wasser der Bucht von Salina von der St.-Pauls-Bucht. Als sich nun die ungeordneten Reihen der Krieger Schritt um Schritt auf den Strand vorschoben, taten sich immer wieder Breschen auf. Durch eine dieser Lücken sah Tannhäuser, wie Abbas bin Murad durch eine Musketenkugel aus dem Sattel gehoben wurde.
Abbas’ Pferd brach unter ihm zusammen, rappelte sich dann wieder auf und versetzte seinem Herrn einen Huftritt, als es fortpreschte. Zu beiden Seiten von Abbas waren die Standartenträger des Regimentes von der gleichen Salve niedergestreckt worden. Tannhäuser riß Buraqs Kopf herum.
»Mattias!«
Tannhäuser drehte sich um. Bors deutete mit dem Lauf seines Gewehrs die Frontlinie entlang. Aus einer anderen Bresche, etwa zweihundert Fuß weiter entfernt, bewegte sich eine Gruppe von fünf Reitern rasch auf die offene Ebene zu. Ihre Pferde waren schaumbedeckt, beinahe völlig erschöpft. Die Gruppe sprengte auf den Gebirgspaß zu. Der Ritter, der sie anführte, trug den unvergleichlichen schwarzen Panzer einer Negroli-Rüstung. Diedrei Ritter hinter ihm bildeten eine Raute, und inmitten dieser Gruppe ritt Orlandu.
Er war nackt bis zur Taille und stolz wie ein Gockel.
Tannhäuser blickte zurück. Abbas taumelte zwischen den Toten umher, lehnte schwer auf dem Schaft der gelben Standarte, die er in Händen trug. Ein Ritter stürmte auf ihn zu, und Abbas stellte den Schaft schräg, klemmte das Ende gegen seinen Fuß und trieb dem Streitroß seines Angreifers die Spitze in die Brust. Dann stolperte er zur Seite,
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