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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Banner«, sagte er. »Können wir sie schnell erreichen, ohne uns an die Front zu wagen? Wenn Orlandu dort unten ist, dann wird auch Ludovico nicht weit sein.«
    Gullu lenkte sein Pferd den Grat hinunter. Tannhäuser drehte sich zu Bors um.
    »Dort finden wir Ludovico.«
    Der Engländer gab seinem Pferd die Sporen und ritt hinter Gullu her.
    »Bors«, rief ihm Tannhäuser nach.
    Bors blieb stehen. Tannhäuser bewegte Buraq zu ihm hin. »Usque at finem . «
    Er streckte ihm die Hand hin, und Bors ergriff sie und drückte sie.
    Dann folgten sie Gullu Cakie über den Berggrat nach Norden auf die Bucht von Salina zu. Zu ihrer Rechten glänzte die See im Licht des Tages. Pialis Schwadronen fuhren knapp vor der Küste Patrouille. Wo der Grat zu einem niedrigen Bergsattel auslief undsich dann in einem leichten Gefälle durch die Hügellandschaft zog, wurde das Kampfgetöse lauter. Schwaden von verbranntem Schwarzpulver brannten ihnen in den Augen. Sie ritten an Männern mit schrecklichen Wunden vorüber, an Soldaten, denen Pfeile aus dem Körper ragten und die sich zum Sterben in die Bergschluchten zurückgezogen hatten. Zweihundert Fuß vor dem Schlachtengetümmel brachten sie ihre Pferde zum Stehen.
    Eine ganze Schwadron Tercios – es mußten mindestens fünfzehnhundert sein – griff die Türken mit Hellebarden und Piken an, während fünf Mangas schwarzlippiger Arkebusiere – zweihundert Mann in jeder, gut geschützt durch den Festungswall der Stangenwaffen – sich in der vordersten Reihe abwechselten und ein beinahe ununterbrochenes Feuer aufrechterhielten, das unter den glücklosen Türken ein Blutbad anrichtete. Pferde ohne Reiter stiegen in panischer Angst auf, zertrampelten auf ihrer Flucht unzählige schreiende Verwundete. Soweit Tannhäuser es beurteilen konnte, kämpfte die türkische Reiterei, die von den christlichen Pikenträgern erfolgreich aufgehalten wurde, zum größten Teil zu Fuß.
    Am sanften Abhang des Tals hatten sich in etwa zweihundert Schritt Entfernung mehrere hundert berittene Ordensritter zu einem Keil formiert. Nun senkten sie ihre Lanzen und ritten auf die linke Flanke der Türken zu. Die spanischen Fußsoldaten spürten das Donnern der Hufe, und der Unteroffizier brüllte einen Befehl, den die Abanderados sofort aufgriffen. Dies war der geniale Aspekt der Tercios : die enge Zusammenarbeit zwischen Pikenkämpfern und Schützen in der gleichen Formation. Die Signale der blau-grünen Flaggen regelten nun ihren Rückzug, so als öffnete sich ein riesiges Doppeltor. Durch diese immer breiter werdende Lücke preschten nun die Ritter auf ihren Rossen vor. Sie durchpflügten die türkischen Reihen mit kaltem Stahl und brachen bis in die hintersten Ränge durch. Während die Reiterei eine Bresche schlug, in der sich kein Leben mehr regte, rollte ein neuer Block von Pikenkämpfern heran und begann die Sari Bayrak ins Meer zu drängen.
    Tannhäuser wandte sich an Gullu Cakie und streckte die Hand nach der Pistole aus.
    »Wartet hier, wenn Euch an Eurem Urenkel gelegen ist.«
    Während er sich derart am Anblick des türkischen Elends weiden konnte, schien der alte Malteser es zufrieden zu sein. Tannhäuser steckte sich die Pistole in den Gürtel und zog sein Schwert. Bors fachte die Lunte seiner Damaszener Muskete an. Zusammen ritten sie die Böschung hinunter und in die breiter werdende Bresche in der Frontlinie.
    Als Tannhäuser und Bors im weiten Bogen um die Pikenkämpfer herumritten, verließen die Moslems das Tal. Mit eisernem Mut hielt Mustafa noch persönlich die Mitte, und die Nachhut zog sich zum Strand der Bucht von St. Paul zurück.
    In einem verzweifelten Versuch, sich zu ihnen zu gesellen, stiegen die Überreste der – inzwischen abgeschnittenen – Sari Bayrak wieder aufs Pferd und kämpften sich durch die immer enger werdende Öffnung zwischen der Talsenke und der Bucht von Salina. Während die Pikenkämpfer erbarmungslos die Lücke weiter verengten, überstrichen die Hakenbüchsenschützen sie mit einer Salve nach der anderen. Die Schalmeien, die Schlachtrufe, die Schüsse, das Wiehern der verletzten Pferde ließen Buraq erzittern, und Tannhäuser flüsterte ihm ein Gazal ins Ohr, um ihn zu beruhigen. Er schaute sich in diesem Durcheinander um und erkannte niemanden. Wo, verdammt, war in diesem Tumult Orlandu?
    Orlandu hatte bereits den Wahnsinn der letzten Tage von St. Elmo erlebt, und so hatte er während des gesamten Rückzugs einen kühlen Kopf bewahrt. Allerdings war der Kampf

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