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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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›doppelten Wahrheit‹ auf sich?«
    Guntram strich sich über die Stirn.
    »Ihr müßt dort unten in euren Städten sehr viel vergessen haben«, seufzte er. Und dann erzählte er Goetz, warum die Päpste siebenhundert Jahre lang das Überlebensexperiment des Sakriversums zugelassen hatten.
    *
    Die Clan-Chefs stellten alle Seilzug-Hebel an den Wänden im Buch-Heim wieder so ein, wie sie am Montag, dem 23. April des Jahres 2018 nach Christi Geburt, stehen sollten.
    Sie beteten gemeinsam am Totenbett von Meister Albrecht, dann zog Meister Otto einige Drähte aus der Wand. Meister Lamprecht und Meister Herbort zogen ein graues Tuch über die Lade mit dem Großen Buch.
    Meister Wilhelm und Meister Heinrich öffneten gemeinsam eine verborgene Wandtür. Nacheinander stiegen die Clan-Chefs wieder nach unten in die ehemalige Küche von Lancelot und Gudrun.
    Die Treppe war so ähnlich angelegt wie der Lange Weg unter dem Bach. Trotzdem keuchten und schnauften die Clan-Chefs, als sie die untere Etage des Buch-Heims erreichten. Sie stiegen auf eine Pyramide aus Holztischen, die genauso aussahen wie die Überlebensebenen unten in den Bleikellern.
    Jede zweite oder dritte Generation hatte eine neue, kleinere Ebene geschaffen. Das war hier oben so wie unten.
    Sie setzten sich an einen Tisch, der vor gut fünfzig Jahren hergestellt worden war. Auch die Stühle ganz oben waren etwas zu groß.
    Von allen Seiten des runden, dämmrig-hellen Raumes liefen Drähte, Seile und Schnüre zu einem Holzblock auf der Tischplatte.
    Als alle saßen, einigten sich Konrad, Walter und Wilhelm aus dem südwestlichen Quadranten des Dorfes darauf, daß Meister Lamprecht sprechen sollte. Sie erteilten ihm das Wort.
    »Was ist geschehen?« begann der Clan-Chef der Sammler-Familie langsam und bedächtig. Er neigte wie die anderen den Kopf nach vorn. Die Schatten der breiten Hutkrempen verdunkelten die Gesichter der Clan-Chefs. »Wir sind jetzt nur noch zehn und wissen, daß wir die Dreizahl der Logenmeister nicht mehr erreichen können. Wolfram ist tot. Wirnt ist tot. Und Bieterolf allein kann das Sakriversum nicht lenken ...«
    »Vielleicht wäre es zusammen mit Meister Albrecht und Wolframs Enkel gegangen«, sagte der Clan-Chef der Winzer. »Aber nun sehe ich auch keine Möglichkeit mehr!«
    »Fassen wir zusammen«, sagte Meister Lamprecht. »Bisher hatte unser Volk nach jeder Flucht die Chance eines neuen Anfangs. Was sich im Draußen mühsam entwickelte, konnten wir prüfen, anerkennen oder durch gemeinsame Beschlüsse in einer Nacht zum Sonntag ablehnen. Wir leben fast noch so wie unsere Stammeltern. Aber wir denken, sprechen und handeln nicht mehr so ...«
    »Wieso? Sind wir denn Weltliche geworden?« warf Otto ein.
    »Nein, aber wir haben längst ihre Sprache angenommen. Sie ist viel schneller, hastiger und oberflächlicher als es sich gehört!«
    »Mein Haus ist abgebrannt«, sagte Meister Friedrich. »Sollten wir nicht lieber das besprechen?«
    »Recht hat er!« stimmte Konrad zu und ein paar andere nickten.
    Lamprecht hob die Hände.
    »Ich bin kein Logenmeister. Außerdem habe ich noch nie eine Versammlung geleitet ... Verzeiht mir also, wenn ich Fehler mache!«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Meister Eilhart der Jäger. Lamprecht sah ihn mit einem dankbaren Blick an. Sie hatten sich immer verstanden, wenn sie durch die Gebiete des Sakriversums streiften, die für alle anderen verboten waren.
    Der Sammler und der Jäger. Jeder von ihnen hatte eine andere und doch die gleiche Aufgabe gehabt!
    »Fassen wir also zusammen«, wiederholte Meister Lamprecht. »Wir waren durch Meister Albrecht rechtzeitig vor der nahenden Katastrophe gewarnt worden. Wir nahmen Vorräte mit und gingen den Geheimen Weg nach unten in die Bleikeller. Nach vierzig Tagen schickten wir Tauben aus - so, wie es uns durch die Geschichte von Noah vorgeschrieben war. Sie kamen nicht zurück. Sie starben.«
    Er wischte sich über den Mund. Meister Walter schob ihm einen Holzbecher mit Met zu. Lamprecht dankte ihm, indem er beide Handflächen zusammenlegte und seinen Kopf zum Tisch hin neigte.
    Er trank einen kleinen Schluck, dann fuhr er fort:
    »Als wir nichts mehr zu essen und zu trinken hatten, drangen Menschen in unsere geheimen Fluchtkeller ein. Aber es waren nicht die Weltlichen , vor denen sich unser Volk siebenhundert Jahre lang gefürchtet hat, sondern von der Vorsehung Gezeichnete wie unsere Art. Die Bankerts zwangen uns, wieder nach oben zu gehen ...«
    »Ohne sie

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