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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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seines biblischen Alters und ging kaum noch aus dem Haus. Dass er sich im Februar eine Erkältung zugezogen hatte, die nicht recht besser werden wollte, schwächte ihn zusätzlich.
    Die Schwurbrüder strömten in den Saal und nahmen an der mit Zinngeschirr gedeckten Tafel Platz. Es war eine andere Gilde als vor einem Jahr. Robert Laval fehlte – der Ministeriale war kurz nach Weihnachten überraschend gestorben, als ihn auf dem Weg zur Messe der Schlag getroffen hatte. Dafür saßen drei neue Schwurbrüder am Tisch: Isoré Le Roux, Michels einstiger Partner, der vom Kleinkrämer zum Kaufmann aufgestiegen war; Milon Poupart, ein Weinhändler; und Hernance Chastain, ein reicher Tuchfärber, der in die Gilde eingetreten war, als er selbstständig mit seinen Tuchen zu handeln begonnen hatte. Alle drei Männer wussten, dass sie ihren Aufstieg dem neuen Wohlstand Varennes’ verdankten. Folglich waren sie treue Anhänger Michels – zum großen Verdruss von Gaspard und Jaufré Géroux, deren Einfluss in der Gilde damit weiter geschwunden war.
    Nachdem Michel die Zusammenkunft eröffnet hatte, machten sich die Schwurbrüder über den Wein und die Speisen her. Kurz darauf ergriff Raymond Fabre das Wort.
    »Ich möchte noch einmal über die Brücke sprechen. Wie ihr alle wisst, konnten wir sie nur bauen, weil einige von uns zum Kaiser gegangen sind und der Hofkanzlei eine Genehmigung abgekauft haben. Hätten Catherine, Abaëlard, Charles, Pierre, Michel und ich das nicht getan, hätte die Fehde die Gilde zugrunde gerichtet, und die Brücke wäre womöglich immer noch nicht fertig. Das hat jeden von uns sehr viel Geld gekostet, während andere« – sein Blick galt Gaspard, Géroux und ihren Anhängern – »keinen einzigen Denier bezahlt haben, was sie aber nicht daran hindert, die neue Brücke zu nutzen und so ihren Reichtum zu mehren …«
    Gaspard, Géroux und ihre Leute begannen lautstark zu protestieren.
    »Ruhe!«, übertönte Michel das Stimmengewirr. »Lasst ihn ausreden. Was fordert Ihr, Raymond?«
    »Ich habe mir heute Morgen die Bücher der Gilde angesehen«, fuhr der Schmied fort. »Hinter uns liegt ein gutes Jahr, und unsere Kasse enthält fast zehn Pfund Silber. Ich verlange, dass die Hälfte des Geldes unter jenen aufgeteilt wird, die damals einen Beitrag geleistet haben – ausgenommen Abaëlard, der uns sein Vermögen gestiftet hat und keine Entschädigung wünscht. So sollen wir von nun an jedes Jahr verfahren, bis die Schulden der Gilde bei uns fünf getilgt sind.«
    Catherine, Duval und Melville nickten entschlossen. Offenbar hatte sich Fabre vor der Zusammenkunft mit ihnen abgesprochen. Auch Michel war geneigt, den Vorschlag zu unterstützen. Zuerst jedoch wollte er hören, was die übrigen Schwurbrüder dazu zu sagen hatten. »Spricht sich jemand gegen Raymonds Antrag aus?«
    »Ich wüsste nicht, wieso«, sagte Milon Poupart, ein farbloser, aber grundvernünftiger Mann. »Was er fordert, ist nur gerecht.«
    »Gerecht?«, erwiderte Gaspard. »Der Vorschlag ist eine Unverschämtheit! Was ihr damals getan habt, war nicht mit der Gilde abgesprochen. Ihr hattet euch heimlich getroffen, ohne eure Schwurbrüder einzuweihen. Es war eure Entscheidung, zu Barbarossa zu gehen und ihm Geld in den Rachen zu werfen – nicht unsere. Anschließend habt ihr uns vor vollendete Tatsachen gestellt, und jetzt wollt ihr, dass wir euch entschädigen? Ohne mich!«
    Michel unterdrückte ein Seufzen. Nach wie vor ließ Gaspard keine Gelegenheit aus, in der Gilde Ärger zu machen. Dabei war er erst kürzlich Vater geworden, womit sich sein sehnlichster Wunsch erfüllt hatte. Doch die Geburt seiner Tochter Flori hatte Gaspard keinesfalls milde gestimmt oder gar bewirkt, dass sich ihr Verhältnis besserte, wie Michel insgeheim gehofft hatte. Ganz im Gegenteil: Seitdem attackierte Gaspard ihn nur umso entschlossener.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal sage«, meinte Géroux, »aber Caron hat recht. Ich sehe nicht, warum die Gilde für Verluste aufkommen soll, die die Betroffenen selbst verschuldet haben.«
    »Wir reden hier nicht von einem geschäftlichen Reinfall«, sagte Fabre. »Wir haben das getan, um die Gilde vor dem Untergang zu retten, verdammt noch mal!«
    »Wenn ihr so selbstlos wart«, erwiderte der Sklavenhändler kalt, »wieso habt ihr uns nicht in eure Pläne einbezogen?«
    »Ihr wisst genau, was dann geschehen wäre«, mischte sich Charles Duval ein. »Ihr wärt gleich nach der Versammlung zum Bischof

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