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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Kapuze zurück und schritt zu seinen Freunden, die sich wohlweislich den besten Platz gesichert hatten: in einer Nische unter den Gewölbebögen, dicht beim Kaminfeuer. Die Hintertür der Schenke befand sich gleich daneben, sodass sie rasch verschwinden konnten, falls wider Erwarten Martels Büttel auftauchten. Es war den Kaufleuten immer noch untersagt, sich zu versammeln, und Archidiakon Guillaume schreckte nicht davor zurück, das Verbot mit horrenden Geldstrafen durchzusetzen. Im Les Trois Frères hatten sie jedoch kaum etwas zu befürchten – der Wirt und seine Gehilfen hatten sie bisher immer rechtzeitig gewarnt, wenn Gefahr drohte.
    Nachdem Michel seinen Mantel zum Trocknen aufgehängt und einen Krug Wein geordert hatte, leerte er seinen Stiefel aus und streckte seine klammen Füße zu den Flammen hin.
    »Wie war Euer Treffen mit dem Dompropst?«, erkundigte sich Catherine Partenay.
    »Er will die Parzelle kaufen.« Es handelte sich um das Grundstück, auf dem einst Michels Haus gestanden hatte. Er hatte keine Verwendung mehr dafür und brauchte Geld, denn die Verpachtung der Köhlerhütte am Waldrand brachte ihm nur ein paar Sous im Jahr ein.
    »Wie viel bietet er Euch?«, fragte Pierre Melville.
    »Dreißig Pfund Silber.«
    »Zu wenig für eine Parzelle am Domplatz. Darauf würde ich mich nicht einlassen.«
    »Mehr werde ich nicht bekommen. Die Grundstückspreise liegen am Boden, und ich glaube nicht, dass sie sich so bald erholen.«
    »Und wer ist schuld daran?«, murrte Isoré Le Roux. »Dieser verdammte de Guillory mit seiner siebenmal verfluchten Brücke!«
    Le Roux hatte recht damit, doch Michel wollte nicht schon wieder darüber reden. Bei nahezu all ihren Treffen klagte früher oder später einer seiner Freunde über ihre schwierige Lage, was stets dazu führte, dass sie für den Rest des Abends auf Erzbischof Johann, Archidiakon Guillaume, Aristide de Guillory und die Ministerialen schimpften. Michel hatte allmählich genug davon. Er wollte nach vorne schauen, statt ständig zu jammern, wie hart das Leben in Varennes geworden war.
    »Erzählt«, wandte er sich deshalb an Charles Duval. »Wie war Eure Reise nach Trier?«
    »Sie war ein Debakel, zumindest geschäftlich«, antwortete Duval und forderte das Schankmädchen mit einer Geste auf, seinen Krug aufzufüllen. Sein Durst war nach wie vor beachtlich. »Dafür war sie recht aufschlussreich.«
    »Inwiefern?«, fragte Catherine.
    »Ich habe ein interessantes Gerücht gehört. Möglicherweise will der Erzbischof Varennes verkaufen.«
    Sofort gehörte ihm die Aufmerksamkeit des ganzen Tisches.
    »Weswegen?«, fragte Michel. »Ist das Bistum nicht lukrativ genug?«
    »Das wird ein Grund sein«, antwortete Duval. »Verglichen mit Metz, Toul und Verdun waren wir immer das kleinste und ärmste Bistum. Außerdem will Johann die Erzdiözese neu ordnen. Eine willkommene Gelegenheit, eine Stadt loszuwerden, die in den letzten Jahren nur Ärger gemacht hat.«
    »Das würde erklären, warum wir noch immer keinen neuen Bischof haben«, meinte Melville. »Gibt es schon einen Käufer?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe mich umgehört, aber mehr konnte ich leider nicht herausfinden.«
    »Eine ganze Stadt zu kaufen oder auch nur zu pfänden, kostet Tausende von Pfund«, sagte Michel. »Das kann sich nur ein Fürst leisten, Herzog Simon oder der Erzbischof von Straßburg.«
    »Oder der Graf von Bar«, mutmaßte Le Roux.
    »Unwahrscheinlich«, erwiderte Duval. »Simon wird nicht zulassen, dass Bar eine befestigte Stadt mitten in Oberlothringen erwirbt.« Die Häuser Bar und Châtenois waren seit jeher Rivalen. Seit Januar lagen Herzog Simon und Thiébaut von Bar wieder einmal in Fehde miteinander.
    Den Rest des Abends spekulierten sie über die Zukunft Varennes’. Michel teilte die Meinung seiner Freunde, dass es das Beste für ihre Stadt wäre, wenn Simon Châtenois sie kaufte. Denn der Herzog unterstützte meist die städtefreundliche Politik der Stauferkönige und wäre möglicherweise zu Zugeständnissen an die Bürgerschaft beim Markt-, Zoll- und Münzwesen bereit.
    Ihr Gespräch kam zu einem jähen Ende, als ein Knecht des Wirts hereinstürzte und meldete, Büttel trieben sich in der Unterstadt herum. Sie beschlossen, kein Risiko einzugehen, und verließen die Schenke durch die Hintertür. Wenigstens hatte es aufgehört zu regnen, sodass Michel und Catherine trockenen Fußes nach Hause kamen. Die Kauffrau war unterdessen ungewöhnlich schweigsam. Sie sprach erst

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