Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
Vom Netzwerk:
Freund, der andere einer seiner treuesten Gildenbrüder. »Wer noch?«
    Jean nannte ihre Namen und die Umstände ihres Todes. Sie waren türkischen Kriegern, Krankheiten oder Unglücksfällen zum Opfer gefallen. Michel kannte sie alle, wenngleich manchen nur flüchtig. Jeder von ihnen hinterließ trauernde Familien, Bruderschaften und Pfarrgemeinden. Was für eine Vergeudung von Menschenleben.
    Jean schaute sich in der Stube um. »Seit wann wohnst du hier? Und wo sind Matenda, Thérese und Foulque?«
    »Später. Zuerst will ich wissen, was dir widerfahren ist. Das Letzte, was wir gehört haben, war, dass ihr nach Barbarossas Tod mit dem Herzog von Schwaben weitergezogen seid.«
    »Ich war bei ihm, als er starb«, sagte Jean leise. »Ich habe gesehen, wie Barbarossa ertrank. Ich wollte ihn retten, doch ich kam zu spät.«
    »Erzähl mir alles«, bat Michel.
    Barbarossas tragischer Tod hatte dem Heer der Deutschen jegliche Zuversicht, jeglichen Glauben an den Erfolg des Kreuzzuges geraubt. Zehntausende Krieger, darunter Fürsten und Herzöge, brachen daraufhin ihr Gelübde und machten sich wenige Tage später auf den Heimweg. Nur eine kleine Streitmacht zog weiter zum Heiligen Land, unter ihnen die Männer aus Varennes.
    »Gut zehn Tage später erreichten wir Antiochia im Norden der Kreuzfahrerstaaten«, sagte Jean. »Man bereitete uns einen herzlichen Empfang, und wir freuten uns darauf, in der Stadt neue Kräfte zu sammeln. Eigentlich hätten wir nach einer Woche weiterziehen wollen. Was stattdessen geschah, ist schwer zu erklären …«
    Die mörderische Sommerhitze Palästinas und das bequeme Leben in Antiochia machte die erschöpften Männer träge. Nicht nur die einfachen Ritter und Soldaten verloren den letzten Rest ihrer Begeisterung für den Kreuzzug, auch ihre Heerführer und Fürsten konnten sich nicht aufraffen, den luxuriösen Palästen, Badehäusern und immergrünen Gärten ihrer Gastgeber zu entsagen und gen Süden weiterzuziehen. Zwei Monate saß das Heer in Antiochia fest, bis die Männer Varennes’ zu guter Letzt beschlossen, in die Heimat zurückzukehren.
    »Es war erbärmlich«, berichtete Jean. »In zwei Wochen hätten wir in Akkon sein können, um den Königen von England und Frankreich gegen Sultan Saladin beizustehen. Aber die Männer hatten all ihren Mut eingebüßt. Raymond und ich waren die Einzigen, die nicht aufgeben wollten, doch wir konnten die anderen nicht überzeugen. Dass Nicolas sagte, er werde auch heimgehen, gab schließlich den Ausschlag. Die Männer stellten uns vor die Wahl, entweder mitzugehen oder allein weiterzuziehen. Also schlossen wir uns ihnen an. Was blieb uns anderes übrig?«, fügte Jean bitter hinzu. »Raymond und ich hätten kaum allein nach Akkon marschieren können.«
    »Nicolas?«, wiederholte Michel. »Meinst du Nicolas de Bézenne? Geht es ihm gut?«
    »Ja. Er war bis Nancy bei uns. Inzwischen dürfte er zu Hause sein.«
    Michel atmete auf. Der alte Ritter hatte viel für Varennes getan, und Michel betrachtete ihn als seinen Freund. Er hätte es nicht ertragen, wenn de Bézenne etwas zugestoßen wäre.
    »Wir sind kurz nach Himmelfahrt aufgebrochen«, fuhr Jean fort. »Bis Kilikien ging alles glatt, aber im Taurusgebirge begannen dann die Schwierigkeiten, angefangen beim Wetter, das sich plötzlich gegen uns verschworen hatte. Bald wurde uns klar, dass die Heimreise härter als der Hinweg werden würde …«
    Ohne den Schutz eines mächtigen Heeresverbandes waren die Männer den Gefahren Kleinasiens hilflos ausgeliefert. Schwere Unwetter im Gebirge behinderten ihr Fortkommen. Mehrere Kreuzfahrer erkrankten am Fieber. Zwei Pferde und ein Proviantwagen stürzten in eine Schlucht, sodass sie bald nicht mehr genug Rationen für alle hatten. Hunger und Unzufriedenheit machten sich breit.
    »Und dann die Seldschuken. Sie sind die gefährlichsten Krieger, die es gibt. Sie griffen uns an, wo sie nur konnten, denn sie wollten uns in die Sklaverei verschleppen. Um jede Meile mussten wir kämpfen. Zum Glück habe ich mir in Antiochia einen neuen Talisman besorgt. Sonst wäre es mir vielleicht so ergangen wie Raymond und Gérard und den anderen.«
    Jean griff in seine Sachen und holte eine kleine Glasscheibe hervor. Sie funkelte in allen Farben des Regenbogens und erinnerte Michel vage an ein Auge. So etwas hatte er noch nie gesehen.
    »Was ist das?«
    »Die Türken nennen es Nazar . Es ist ein Amulett, das vor dem Bösen schützt. Viel mächtiger als unsere Talismane. Es

Weitere Kostenlose Bücher