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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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dieser Géroux. Wenn er sich weigert, dich aufzunehmen, hat er morgen die ganze Stadt gegen sich.«
    »Jean«, sagte Michel. »Überleg doch, was wir schaffen könnten. Wir könnten hierbleiben und müssten unseren Feinden nicht das Feld überlassen. Bitte«, fügte er hinzu. »Vater hätte es so gewollt.«
    »Natürlich musst du jetzt Vater ins Spiel bringen«, meinte sein Bruder missmutig. »Na schön. Ich mache es. Aber wenn ich Géroux und seinen Speichelleckern alle Zähne ausschlage, sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    »Ich schätze es nicht, wenn man versucht, mich zum Narren zu halten«, sagte Géroux am Abend desselben Tages. »Und schäbige Tricks schätze ich noch weniger. Richtet das Eurem Bruder aus. Und wagt es ja nicht, mich noch einmal zu behelligen.«
    »Also lehnt Ihr mein Aufnahmegesuch ab?«, fragte Jean.
    »Eher wird ein Sarazene Papst, als dass ich Euch der Gilde beitreten lasse. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt? Oder wollt Ihr es schriftlich haben?«
    »Ihr bestraft mich für etwas, was mein Bruder getan hat. Das verstößt gegen das Gesetz und gegen die Statuten der Gilde.«
    »Die Schandtaten Eures Bruders haben Eure ganze Familie befleckt. Kein de Fleury ist würdig, dieser ehrenwerten Bruderschaft anzugehören – in hundert Jahren nicht. Wenn Euch das nicht passt, beschwert Euch beim Schöffenkollegium.«
    »Ihr macht einen Fehler«, erklärte Jean ruhig.
    »Raus«, befahl Géroux.
    Draußen vor der Gildehalle wartete Yves auf Jean.
    »Wie hat er entschieden?«
    »Rate mal.« Sie gingen an den Patrizierhäusern vorbei, die lange Schatten auf den Domplatz zeichneten. Als sie weit genug von der Gildehalle weg waren, fragte Jean: »Du weißt, was du zu tun hast?«
    »Bevor es dunkel wird, ist die Sache erledigt«, sagte Yves.
    Yves fand Amalric im Les Trois Frères und berichtete ihm sogleich, was geschehen war. Amalric stürzte sein Bier hinunter und lief zu Girard und Pierre, die es im Lauf des Abends den anderen Kreuzfahrern weitererzählten. Am nächsten Morgen wusste ganz Varennes, wie der verhasste Münzmeister und Vorsteher der Gilde mit Jean, dem Helden des Kreuzzuges, umgesprungen war.
    Als Géroux zur Terz das Haus verließ, um in der Münze nach dem Rechten zu sehen, spuckte ein junger Maurer vor ihm aus.
    »Ich verbitte mir das!«, bellte er.
    »Fahrt zur Hölle, Géroux«, gab ihm der Bursche zur Antwort und machte dabei eine äußerst obszöne Geste.
    Damit begannen drei unangenehme Tage für den Münzmeister.
    Später, zur Mittagsstunde, wurde er beim Gang über den Markt zweimal angerempelt, das zweite Mal so rüde, dass er beinahe in den Straßenstaub fiel. Überall pöbelten ihn Tagelöhner und Handwerksgesellen an. Sogar bei der Sonntagsmesse im Dom brüllte ihm jemand aus der Menge eine derbe Beleidigung entgegen. Wer es gewesen war, ließ sich nicht feststellen, obwohl der Archidiakon verlangte, der Frevler solle sich zu erkennen geben. Das Stadtvolk johlte vor Vergnügen, während Géroux vor Zorn rot anlief.
    Tags darauf verwüsteten Betrunkene einen seiner Marktstände. Die Missetäter flohen, bevor die Markthüter sie dingfest machen konnten, doch manch ein Augenzeuge glaubte, Yves, Amalric und zwei andere Veteranen des Kreuzzuges erkannt zu haben. Als Tancrède Martel die vier Männer zur Rede stellte, stritten sie alles ab und beteuerten, zur fraglichen Zeit in einem ganz anderen Stadtviertel gewesen zu sein. Aus Mangel an Beweisen musste der Schultheiß sie gehen lassen.
    Géroux brauchte den ganzen Vormittag, um sich einen Überblick über den Schaden zu verschaffen. Als er gerade fertig war, bekam er Besuch von zwei Domherren, dem Dekan und dem Propst.
    »Wir haben erfahren, dass Ihr Jean de Fleury nicht in die Gilde aufnehmen wollt«, sagte der Propst, ein dicklicher Mann, der immerzu schwitzte und überaus penetrant werden konnte, wenn er seinen Willen nicht bekam. »Eure Entscheidung hat uns nicht wenig befremdet, Herr Géroux. Dieser außergewöhnliche junge Mann hat sein Leben für die Christenheit aufs Spiel gesetzt und den Ruhm unserer Stadt gemehrt. Wenn er ein eigenes Gewerbe gründen möchte, sollte ihn jeder gute Christ nach Kräften unterstützen. Stimmt Ihr mir zu?«
    Am frühen Abend sprach Jean abermals bei Géroux vor. »Ich hörte, es gibt Anlass zur Hoffnung, dass Ihr Eure Meinung geändert habt.«
    Der Blick, mit dem der Gildemeister ihn bedachte, hätte ein Loch durch dickes Holz brennen können. »Na schön, de Fleury«,

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