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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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sagte er leise. »Diesmal habt Ihr gewonnen. Ihr dürft der Gilde beitreten. Aber ich warne Euch. Wenn Ihr Ärger macht wie Euer Bruder, seid Ihr schneller wieder draußen, als Ihr Amen sagen könnt.«
    Michel und Jean und ihre Freunde feierten ihren Sieg in der besten Schenke am Salztor und spendierten ein Fass edlen Burgunderweines, das sie im Lauf des Abends leerten bis zum letzten Tropfen. Auch Catherine war gekommen – sie hatte ihre Reise nach Troyes wegen des Regens verschoben.
    »Ihr und ich – es soll wohl einfach nicht sein«, sagte sie zu Michel und lächelte bedauernd. »Wie schade. Was wir gemeinsam hätten erreichen können … Nun denn, so bleibt mir nur noch, Euch und Eurem Bruder Glück zu wünschen. Möge der heilige Nikolaus Euer Geschäft segnen.«
    »Habt noch einmal tausend Dank«, erwiderte Michel. »Ich weiß nicht, wo ich ohne Euch wäre. Das werde ich Euch nie vergessen.«
    Nachdem sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten, machten sie sich an die Arbeit. Jean bestand darauf, dass sie Yves einstellten, denn er hielt einen Racheakt Géroux’ nicht für ausgeschlossen und wollte Louis mit dem Schutz ihres Besitzes nicht allein lassen. Diesmal hatte Michel keinerlei Einwände gegen einen Leibwächter – das Grauen des Feuers stand ihm noch allzu deutlich vor Augen. Er hätte gerne weitere Dienstleute eingestellt, denn zwei Knechte konnten die Arbeit im Haus und dem Geschäft kaum schaffen. Doch ihr Geld war knapp, und so beschlossen sie, damit bis zum Winter zu warten.
    Zwei Tage nach Maria Magdalena – das Wetter war herrlich – brachen sie schließlich zu ihrer ersten Handelsreise auf. Sie hatten zwanzig Fuder Salz geladen und wollten gemeinsam mit Catherine, Melville und Duval zur Sankt-Johannes-Messe in Troyes. Als Michel neben Jean auf den Wagenbock kletterte und der Handelszug aus Fuhrwerken, Saumtieren, Reitern und Söldnern unter fröhlichen Hurrarufen aufbrach, erschien ihm die Zukunft zum ersten Mal seit vielen Wochen nicht trostlos und grau.

September 1191

    V OGTEI A LTRIP
    I n der Siedlung in der Nähe von Thomasîns Hof gab es einmal im Monat einen kleinen Markt. An jedem zweiten Mittwoch des Monats kamen fahrende Händler aus Speyer, bauten vor der Kirche Tische und Stände auf und verkauften Salz, Kleidung, Werkzeug und andere Waren an die Bauern, Fischer und Viehhirten. Thomasîn besuchte das Dorf nur ungern, deshalb hatte er nichts dagegen, dass Isabelle hinunterging und ihre Einkäufe erledigte. Für sie war der Markt stets eine willkommene Abwechslung von dem eintönigen Leben auf dem einsamen Gehöft.
    An jenem Mittwoch im September ging sie durch das Haus, in der einen Hand ein Stück Pergament, in der anderen einen Griffel, und schrieb alles auf, was sie brauchten. Rémy watschelte ihr hinterher und brüllte wie am Spieß. Er hatte schon den ganzen Morgen miserable Laune, und sie hatte es aufgegeben, ihn zu beruhigen. Sie ließ ihn schreien – irgendwann würde er schon damit aufhören.
    »Wir brauchen Kerzen, Wetzsteine und etwas Honig – sonst noch etwas?«, fragte sie Thomasîn, der in der Küche saß und seine Messer reinigte – er hatte gerade ein Ferkel geschlachtet.
    »Ist noch Salz da?«
    »Es sollte noch eine Weile reichen.«
    »Dann brauchen wir nichts weiter, glaube ich. Was ist denn mit dem Jungen los? Er wird doch nicht krank?«
    Rémy klammerte sich an ihren Rock und greinte herzerweichend. »Ihm fehlt nichts«, seufzte Isabelle. »Er hat einfach nur einen schlechten Tag. Möchtest du mitkommen?« Sie fühlte sich verpflichtet zu fragen, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
    »Geh nur allein. Ich habe hier zu tun.«
    Er mied das Dorf nach Möglichkeit, weil er die Bewohner, von wenigen Ausnahmen abgesehen, für bornierte Dummköpfe hielt. Isabelle unternahm einen letzten Versuch, Rémy zu beruhigen, indem sie sanft auf ihn einredete und ihm etwas frische Milch anbot. Doch der junge Mann wurde immer gereizter und schlug ihr in kindischem Zorn beinahe den Becher aus der Hand. Wütend steckte Isabelle ihn ins Tragetuch.
    »Wehe, du brüllst immer noch, wenn wir im Dorf sind«, drohte sie ihm, als sie das Haus verließ. »Dann sage ich Bauer Anselm, dass er dich in seine Scheune sperren soll. Haben wir uns verstanden?«
    Die Warnung bewirkte immerhin, dass er zu schreien aufhörte. Er schluchzte nur noch und zog an ihren Haaren, während sie den Pfad entlangstapfte. Irgendwann wurde es ihr zu viel, und sie gab ihm einen Klaps auf die Hand – woraufhin

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