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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Ordnung in der Stadt aufrechtzuerhalten. Fünfzehn weitere durchkämmten die Wälder nach den Führern der Bruderschaften, bisher ohne Erfolg. Also blieben Berengar gerade einmal zwanzig Männer. Viel zu wenig für ein Dutzend Siedlungen und Höfe, die über ein Gebiet von fast drei Quadratmeilen verteilt lagen.
    Nach einer Woche hatte Aristide genug. »Greif dir den Ältesten von Hymont und knüpf ihn am Glockenturm auf«, befahl er Berengar. »Dieses Lumpenpack will es ja nicht anders.«
    So geschah es. Am Abend desselben Tages starb der Dorfälteste zuckend und röchelnd unter den Blicken der ganzen Ortschaft. Früher war Furcht stets ein zuverlässiges Mittel gewesen, die Hörigen gefügig zu machen; diesmal jedoch erreichte Berengar nur, dass sie zornig wurden. Plötzlich hielt jeder der Bauern, sogar die Frauen und Alten, ein Messer, eine Sichel oder einen Knüppel in der Hand. Brüllend stürzte sich die Meute auf den Sarjanten und seine Kriegsknechte, und obwohl die Männer drei, vier Leibeigene erschlugen, wurden sie kurz darauf wie räudige Hunde aus dem Dorf gejagt.
    Doch Aristide gab nicht auf. Auch in den anderen Dörfern ließ er die Ältesten hinrichten. Die Folgen waren überall dieselben: Hass und jähe Ausbrüche von Gewalt statt Furcht und Unterwürfigkeit. Da er nicht all seine Hörigen erschlagen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. Gingen die Vorräte in den Dörfern zur Neige, so dachte er, würden die Leibeigenen von allein wieder anfangen zu arbeiten.
    Unterdessen verdorrten die Früchte auf den Feldern. Aristide wusste, dass er diesem Aufstand nur beikommen konnte, wenn er die Rädelsführer unschädlich machte. Er erwog, de Fleury beseitigen zu lassen wie einst Melville. Doch der Gildemeister umgab sich Tag und Nacht mit Leibwächtern und schwer bewaffneten Söldnern – an ihn kam er nicht heran. Also verstärkte er die Suche nach den Oberhäuptern der Bruderschaften. Er selbst führte die Kriegsknechte an, während sie die Wälder durchstreiften. Außerdem ließ er ein Kopfgeld aussetzen: Jeden Tag verkündeten die Ausrufer, wer einen der Männer ausliefere, erhalte eine Belohnung von zwanzig Sous – für die meisten Handwerker und Stadtbauern ein kleines Vermögen.
    Eines Abends, als er von einer weiteren ergebnislosen Jagd zurückkam, erwartete ihn vor den Stallungen eine abgerissene Gestalt, ein Kerl mit verfilztem Haar und rußverschmiertem Gesicht, der einen Kittel aus Lumpen, Fell und Lederstücken trug und zehn Ellen gegen den Wind stank.
    »Auf ein Wort, Herr.«
    Aristide erinnerte sich an den Mann. Er war ein Köhler aus den Wäldern westlich von Varennes, ein Freier, der jedes Mal auftauchte, wenn er Gericht hielt. Immerzu lag er mit den anderen Köhlern oder den Hörigen im Streit und verlangte stets, dass Aristide den Zwist zu seinen Gunsten schlichtete. Ein unverbesserlicher Querkopf, lästiger als ein Nest Stechmücken. Als hätte er nicht genug Sorgen.
    »Was willst du?«, schnarrte Aristide, während er aus dem Sattel stieg.
    »Ich habe etwas gesehen.« Der Kerl entblößte zwei Reihen gelber Zähne. »Etwas, das Euch gewiss ein paar Silberlinge wert ist.«
    »Du weißt, wo sich die Führer der Bruderschaften verstecken?«
    Dreist streckte ihm der Köhler die Rechte entgegen.
    Aristide packte sie und verdrehte ihm den Arm. »Ich bin nicht in Stimmung für deine Spielchen. Wenn du etwas zu sagen hast, sag es.«
    »Eure Hörigen bekommen Vorräte aus der Stadt«, ächzte der Köhler und versuchte vergeblich, seinen Arm zu befreien. »Die Beginen. Sie beliefern sie mit Korn, Milch und Gemüse. Hab’s mit eigenen Augen gesehen. Heute Morgen. An der Römerstraße unten bei Hymont.«
    »Ist das wahr? Ich warne dich. Wenn du mich anlügst …«
    »Ich lüge nicht, Herr. Ihr habt mein Wort.«
    Aristide ließ ihn los. Der Mann biss die Zähne zusammen und winkelte seinen schmerzenden Arm an.
    »Die Beginen, ja?«
    »Sie waren vier. Und sie hatten einen Karren voll mit Essen, so wahr ich hier stehe.«
    Aristide vermutete seit Tagen, dass jemand die Hörigen mit Vorräten versorgte – anders ließ sich ihr Durchhaltevermögen nicht erklären. Allerdings hatte er die Gilde verdächtigt. Auf die Beginen wäre er im Traum nicht gekommen. Als er sich zum Gehen wandte, rief der Köhler: »Ist Euch das nicht eine kleine Belohnung wert, Herr?«
    Er öffnete seine Börse und warf ein paar Münzen in den Staub, die der Mann gierig aufsammelte. Aristide wies einen Diener

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