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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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an, ihm außerdem einen Krug Bier zu geben, ehe er die Treppe zum Palas hinaufstieg.
    »Ist Berengar schon da?«, fragte er den Wächter neben der Tür.
    »Noch nicht, Herr.«
    »Wenn er auftaucht, soll er zu mir kommen.«
    Er ging zu seinen Gemächern, denn er verspürte nicht das geringste Verlangen, Yolande oder seinen Töchtern zu begegnen. Ein Diener brachte ihm einen Becher Wein, er setzte sich ans Fenster und stierte in die Ferne. Was als Aufstand einiger Handwerker begonnen hatte, glich allmählich einem bösartigen Krebsgeschwür. Wie ein unterirdisches Pilzgeflecht wucherte die Unzufriedenheit und pflanzte die Saat der Rebellion in jeden Winkel seines Lehens, und wenn er noch so viele Triebe abschnitt. Er musste handeln, und zwar rasch, andernfalls entglitt ihm die Lage.
    Schließlich kam Berengar herein, Stiefel und Waffenrock staubig vom Ritt durch die ausgetrockneten Hügel. Aristide berichtete ihm, was er von dem Köhler erfahren hatte.
    »Ich weise die Torwachen an, von nun an jeden Wagen zu überprüfen, der die Stadt verlässt«, sagte Berengar.
    »Das wird nicht reichen. Es gibt hundert Wege, Vorräte aus der Stadt zu schmuggeln, ohne dass wir es mitbekommen. Es wird Zeit durchzugreifen. Du nimmst dir jetzt ein paar Männer, reitest zu diesen Betschwestern und erteilst ihnen eine Lektion, die sie nicht vergessen.«
    »Ich soll ihnen Gewalt antun?«
    »Ja, verdammt noch mal! Sie sollen sehen, was geschieht, wenn sie sich mit mir anlegen.«
    Berengar schien etwas sagen zu wollen, schwieg aber.
    »Was?«, fragte Aristide barsch.
    »Es sind Frauen Gottes. Wer ihnen ein Leid zufügt, versündigt sich.«
    »Ja, wenn es Nonnen wären. Aber hat eins dieser Weiber vielleicht ein Gelübde abgelegt? Nein. Es ist einfach ein Haufen alter Witwen und reuiger Dirnen, die Brot an Krüppel und Leprakranke verteilen. Dich wird schon nicht der Blitz treffen, wenn du ihnen ein bisschen Angst machst. Du hast sogar die Kirche auf deiner Seite. Die Beginen sind den Pfaffen schon lange ein Dorn im Auge. Wenn das Domkapitel von deiner Heldentat erfährt, zündet es dir wahrscheinlich eine Kerze an. Jetzt sei ein braver Sarjant und tu, was ich sage.«
    Nach kurzem Zögern deutete Berengar eine Verneigung an und verließ das Gemach. Aristide starrte wieder aus dem Fenster und nippte an dem Wein, der ihm nicht schmeckte. Unten öffnete sich das Tor, und Berengar donnerte mit einer Schar Kriegsknechte den Burgberg hinab.
    Von all seinen Männern hatte Berengar die acht härtesten ausgewählt, die grausamsten und skrupellosesten. Hunde des Krieges, gestählt in einem Dutzend Schlachten. Sie ritten zum Palast, wo sie auf die Nacht warteten, und als die Dunkelheit auf der Stadt lag, hüllten sie sich in schwarze Umhänge und huschten durch die menschenleeren Gassen.
    Gerade läuteten die Glocken zur Matutin. Die Beginen fanden sich in der Kapelle ein und sprachen das letzte Gebet des Tages – Berengar hörte das Murmeln ihrer Stimmen, während er an der Hofmauer entlangschritt. Die Pforte war verschlossen, doch sie bot kaum mehr Schutz als ein Scheunentor. Einer der Männer kletterte über die Mauer und öffnete sie von innen, und sie schlüpften in den Hof.
    Es war stockfinster. Nur in der Kapelle brannten Kerzen und zeichneten die goldenen Formen der vier Rundbogenfenster auf den breiten Weg. Ein erhabener Anblick, bei dem Berengar dachte, dass er sich an einem geweihten Ort befand, gleichgültig, was sein Herr behauptete. Er schluckte. Vielleicht war es falsch, was er zu tun beabsichtigte. Aber noch falscher wäre es gewesen, den Befehl zu verweigern. Er schuldete seinem Herrn Treue und Gehorsam, das hatte er vor vielen Jahren geschworen.
    Es war Berengar noch nie schwergefallen, seine Skrupel beiseitezuschieben, so er denn welche verspürte. Er rief sich ins Gedächtnis, was diese Frauen einst gewesen waren: Ehebrecherinnen, Huren und Vogelfreie. Sie hatten es nicht anders verdient.
    Die Männer huschten zur Kapelle, und er riss die Tür auf. Das Murmeln verstummte. Dreiundzwanzig Augenpaare starrten ihn an. Die Magistra, die wie ihre Schwestern auf dem nackten Steinboden kniete, erhob sich. Ihre Stimme war schneidend und frei von jeder Furcht.
    »Wie könnt ihr es wagen, in dieses Haus Gottes einzudringen! Ihr stört unser Nachtgebet!«
    Berengar schritt auf sie zu und schlug ihr mit der behandschuhten Faust ins Gesicht. Keuchend stürzte die Magistra zu Boden. »Ich werde dich lehren, deinen Herrn zu hintergehen. Hure!

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