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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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mageren, von Peitschenhieben geschundenen Körpern sah man jede Wegstunde der beschwerlichen Reise von Palästina nach Oberlothringen an. Michel biss die Zähne zusammen. Gewiss, die Männer waren Feinde der Christenheit, die kein Mitgefühl verdienten. Und doch – diese Leere in ihren Augen …
    Géroux befahl zwei bewaffneten Knechten, die Sarazenen nach unten zum Sklavenpferch zu schaffen, bevor er sich Michel zuwandte.
    »Mein Beileid.« Er reichte Michel die Hand; sie war knochig und unangenehm stark. »Euer Vater war ein guter Kaufmann und treuer Schwurbruder. Sein unerwarteter Tod hat uns alle getroffen.«
    Manche mehr als andere, dachte Michel. Sein Vater und der Gildemeister hatten nie viel füreinander übriggehabt. Géroux’ Anteilnahme war reine Heuchelei. »Habt Dank«, erwiderte er knapp.
    »Gehen wir zu meiner Amtsstube.«
    Sie überquerten den Marktplatz und betraten die Gildehalle gegenüber dem Dom. Das Bauwerk war eines der prächtigsten der Stadt, zweistöckig, mit Warenlagern im Erdgeschoss, einem gut bestückten Weinkeller und einem geräumigen Versammlungssaal im Obergeschoss. Sämtliche Fenster waren mit Bleiglasscheiben versehen: ein Luxus, den sich außer der Gilde nur die Kirche leisten konnte.
    In der Stube des Gildemeisters setzte sich Géroux an den Tisch, auf dem Briefe, Warenlisten und sein Amtsstab lagen, nahm eine Pergamentrolle aus einer Schatulle und entrollte sie mit Bedacht. Seine Vorsicht war der Tatsache geschuldet, dass das Schriftstück fast zweihundert Jahre alt und überaus bedeutsam war. Es handelte sich um die Statuten der Gilde, die Kaiser Otto, der Dritte seines Namens, im Gründungsjahr der Schwurgemeinschaft niedergelegt hatte. Sie waren seitdem nicht verändert worden, und jedes Mitglied musste sich ihnen beugen.
    »Heute zahlt Ihr nur die Aufnahmegebühr«, sagte Géroux. »Eure Vereidigung erfolgt bei der nächsten Zusammenkunft, wenn Ihr im Beisein aller Euren Schwur auf die Statuten und die Heilige Schrift leistet.«
    »Wann findet sie statt?«, fragte Michel.
    »Am Abend nach dem Zwölfbotentag.«
    »Gibt es keine im Juni?«
    »Im Juni sind viele Schwurbrüder auf der Messe in Provins, weshalb wir beschlossen haben, erst wieder im Juli zusammenzukommen. Die Gebühr beträgt zehn Sous, zwölf Kerzen und ein Pfund Salz.« Der Gildemeister zeigte ihm den entsprechenden Eintrag in den Statuten. Michel öffnete seinen Beutel und übergab ihm die Münzen und die geforderten Güter.
    »Gewährt mir die Gilde schon vorher Unterstützung, etwa, wenn ich Bewaffnete anwerben will?«
    »Wofür braucht Ihr Bewaffnete?«, fragte Géroux.
    »Als Geleitschutz für meine Handelsreisen.«
    Der Gildemeister lehnte sich zurück und blickte ihn stechend an. Als Kind hatte sich Michel vor diesen eisblauen Augen gefürchtet. »Ich glaube, Ihr habt mich missverstanden, Herr de Fleury. Ihr dürft noch keinen Handel treiben. Erst wenn Ihr ein vollwertiges Mitglied der Gilde seid.«
    »Aber ich muss Geld verdienen, um meinen Verpflichtungen nachkommen zu können.«
    »Unsere Statuten sind eindeutig«, erwiderte Géroux mit Schärfe in der Stimme. »Kein Handel bis zu Eurer Vereidigung. Die vier Wochen bis zur Versammlung werdet Ihr sicher überstehen. Euer Vater war ein vermögender Mann.«
    Michel zwang sich zu einem Lächeln. »Es wurde immer so gehandhabt, dass ein Kaufmann Geschäfte machen darf, sowie er die Aufnahmegebühr gezahlt hat, auch wenn er erst Monate später seinen Eid leisten kann. So war es bei Stephan Pérouse. Und auch bei Raoul Vanchelle.«
    »Pérouse und Vanchelle entstammen angesehenen Familien – bereits ihre Urgroßväter gehörten der Gilde an. Ich wusste, dass sie verlässlich sind und sich lieber die rechte Hand abschneiden würden, als die Statuten zu missachten. Also habe ich eine Ausnahme gemacht. Eure Familie hingegen ist neu in der Stadt und muss sich diesen Ruf erst noch erarbeiten, bevor sie derartige Privilegien für sich in Anspruch nehmen kann.«
    »Neu in der Stadt?« Michel konnte seinen Ärger nicht länger verbergen. »Wir sind vor vierzehn Jahren nach Varennes gekommen. Vor elf Jahren ist mein Vater der Gilde beigetreten. Und was unseren guten Ruf angeht: Er hat niemals, kein einziges Mal, gegen die Statuten verstoßen!«
    »Es spielt keine Rolle, wie lange Ihr schon hier seid. Auf Eure Herkunft kommt es an – und Euer Vater war nun einmal ein Leibeigener. Ihr könnt kaum von mir verlangen, dass ich dem Sohn eines Hörigen dasselbe Vertrauen

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