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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Gaspard ab. Auf den Zinnplatten lagen gebratenes Huhn mit Zwetschgen und gepfefferte Gans mit roten Rüben. Das dampfende Fleisch roch verführerisch. Dazu gab es frisches Gerstenbrot, in Honig eingelegtes Obst und süßen Rotwein aus der Provence.
    Während sie aßen, kam Michel auf den Anlass ihres Treffens zu sprechen. »Ich habe euch eingeladen, damit wir in Ruhe über Verschiedenes reden können. In der Gilde scheint es ja nicht möglich zu sein, über die Zustände in Varennes zu sprechen, ohne dass Géroux einem den Mund verbietet.«
    »Verzeiht, dass wir Euch nicht geholfen haben«, sagte Charles Duval. »Wir hätten einschreiten müssen, als er Euch abkanzelte. Gewiss haltet Ihr uns jetzt für einen mutlosen, verzagten Haufen.«
    »Wer könnte es ihm verdenken?«, murmelte Marc Travère. »Wir sind ein mutloser, verzagter Haufen.«
    Michel machte eine abwiegelnde Geste. »Vergeben und vergessen. Ich an Eurer Stelle hätte mich wahrscheinlich genauso verhalten. Überlegen wir lieber, was wir tun können.«
    »Was Ihr bei der Versammlung angesprochen habt, ist leider vollkommen richtig«, sagte Travère. »Mit Varennes geht es bergab, seit Bischof Jean-Pierre tot ist. Es wird immer schwieriger, Handel zu treiben. Was Euch passiert ist – ich meine die Sache mit Eurem Salzschiff –, ist inzwischen normal. Jeder von uns hat in den letzten zwei Jahren Ähnliches erlebt.«
    »Mir hat Ulman vorigen Herbst sogar eine ganze Lagerhalle weggenommen«, meinte Duval. »Er brauchte das Grundstück, um eine neue Zehntscheune bauen zu lassen – als ob er die verdammte Scheune nicht auch außerhalb der Stadtmauern hätte bauen können. Die Entschädigung, die er mir dafür gezahlt hat, war ein schlechter Scherz.«
    »Könnt ihr euch noch an die Sache mit dem Leuchter erinnern?«, fragte Catherine Partenay in die Runde.
    »Ha! Die Geschichte ist wirklich gut«, sagte Carbonel sarkastisch, während er umständlich ein Stück Hähnchenbrust herunterschnitt. »Erzähl sie dem Jungen.«
    »Vor zwei Jahren habe ich meiner Pfarrkirche einen Kerzenleuchter gestiftet«, erklärte Catherine. »Ich ließ ihn in Metz anfertigen, für vier Pfund Silber, damit Pater Balian jedes Jahr eine Seelenmesse für meinen Mann liest. Letzten Sommer sehe ich Martel mit dem Leuchter aus der Kirche spazieren. Als ich ihn nach dem Grund dafür fragte, erklärte er, er bringe den Leuchter zur Münze, damit er eingeschmolzen werde, denn das Bistum brauche Geld.«
    Michel war sprachlos. Dass ein Bischof, ein Mann der Kirche, so wenig Respekt vor den Toten und ihren Hinterbliebenen zeigte, ging ihm über den Verstand.
    »Wir könnten Euch noch mehr solcher Geschichten erzählen«, meinte Travère, »aber ich fürchte, dann sitzen wir bis morgen früh hier.«
    »Als Ulman Bischof wurde, ist das Leben in Varennes hart geworden, sehr hart, aber man könnte es gerade noch ertragen, wenn de Guillory nicht wäre.« Carbonel fuchtelte aufgebracht mit seinem Messer herum. »Ich bin ein alter Mann, der viel gesehen hat, und ich sage euch: Der Kerl ist kein Mensch, sondern ein Geschöpf Satans!«
    Wenngleich die anderen de Guillory nicht für einen leibhaftigen Teufel hielten, stimmten sie doch mit Carbonel überein, dass der Ritter wahrhaftig Varennes’ Geißel war. Aufgebracht erzählten sie, wie de Guillory sie unentwegt demütigte und tyrannisierte. Ihr Ärger und ihre Verbitterung strömten nur so aus ihnen heraus, und sie redeten sich allmählich in Rage.
    »Die Frage ist«, unterbrach Michel nach einer Weile die aufgebrachten Stimmen, »was unternehmen wir dagegen? Wie schaffen wir es, das Leben für uns Kaufleute wieder erträglich zu machen?«
    »Wir brauchen mehr Einfluss in der Stadt!«, rief Duval. Sein Gesicht war wieder einmal vom Weingenuss gerötet; er trank bereits seinen zweiten oder dritten Becher. »Bischof Ulman muss der Gilde mehr Rechte gewähren. Zum Beispiel ein Mitspracherecht beim Münzwesen, damit endlich die ständigen Geldentwertungen aufhören.«
    »Das sagt sich so leicht«, wandte Travère ein, der ein sanftmütiges Wesen hatte, obwohl er ein kräftiger Mann war. Sein dunkelbraunes, lockiges Haupthaar ging in einen dichten, aber gepflegten Vollbart über, durch den er mit den Fingern fuhr, wenn er nachdenklicher Stimmung war. »Aber was ist mit Géroux und seinen Leuten? Solange sie die Gilde kontrollieren, wird sich nie etwas ändern.«
    »Dann wird es eben Zeit, dass wir den Ministerialen den Kampf ansagen und ihren Einfluss in

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