Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
zur Produktionsstätte sprengten und ebenso bei dem Schrägaufzug verfuhren, dann kannst du davon ausgehen, daß niemand in der Lage war, aus dem Berg zu entkommen. Das Erdbeben hat unter Tage kolossale Schäden angerichtet, die allein schon waren tödlich. Wie wir wissen, kollabierte selbst der ausbetonierte, mit Stahlstempeln armierte Hauptstollen der Sulaiman-Mine. Wie mögen da erst die anderen Stollen aussehen? Da konnte keiner entkommen! Das gilt auch für unsere Leute. Es gibt keinen Überlebenden! Die Medien haben es bestätigt, es gab sogar eine offizielle Trauerfeier. Selbst in Deutschland betrauert man die Toten. Unsere Leute in Islamabad bestätigen, daß auch die pakistanische Regierung von keinem Überlebenden ausgeht. Sicherheitshalber haben wir veranlaßt, daß der Minenbetrieb nicht wieder aufgenommen wird. Das Gelände wird zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Unser Freund, der Brigadier, erhielt gerade das Kommando. Haji Usman Siddiqi, der Bergwerksbesitzer, wurde auf unsere Veranlassung von der Regierung fürstlich abgefunden; von dort ist ebenfalls kein Ärger zu erwarten. Was sollen wir noch tun? Sag‘s mir, ich werde es umgehend veranlassen!“
Kustow verharrte unbeweglich an der Fensterfront. Obwohl seine Stimme kaum noch vernehmbar war, verstand man jedes Wort. Er mußte eine spezielle Sprechtechnik haben. „Ich soll dir Grüße von Igor ausrichten.“ Kustow drehte sich abrupt um. Er wollte Williams Reaktion sehen. Dieser tastete sich rückwärts an den Sessel heran und ließ sich, ohne Kustow nochmals um Erlaubnis gebeten zu haben, hinein sinken. Er sah plötzlich elend aus. Seine Hände umklammerten die Armlehnen in solcher Verkrampfung, daß Adern und Knöchel jeden Moment die gespannte Haut zu sprengen drohten. Sein trockener Mund stand geöffnet, die Augen aufgerissen, ohne Wimpernschlag.
„Was sagst du da?"
Kustows Mine verfinsterte sich. „Du hast schon richtig gehört! Also, wie erklärst du dir das?“
Es war offenkundig, daß William sich in höchster Erklärungsnot befand. Panik ergriff ihn. „Ich kann mir nur vorstellen, daß sich jemand ein übles Spiel erlaubt. Ich sah den Russen noch, bevor ich aus dem Berg floh. Er war im hintersten Bereich von Level 3, im Magazin. Dort las er in den Pausen die Zeitung. Das ist meilenweit entfernt von der Ausgangsschleuse, deren Code er nicht einmal kannte, auch nicht die Codes der Zwischenschleusen. Zur Sicherheit nahm ich die in dem Raum gelagerte Strahlenschutzausrüstung mit. Er hätte – gänzlich ungeschützt – die verstrahlten Säurebad-Kavernen passieren müssen. Die Säure stand dort gut zwei Fuß hoch im Auffangbecken! Dort hätte er durch gemußt! Das überlebt keiner! Der Russe kannte die Gefahr, er war Experte! Nie wäre er da hindurch gewatet, denn das anschließende Dahinsiechen ist die grausamste Variante des Verreckens! Und wenn schon – er müßte längst tot sein! Ohne jeglichen Schutz durch hochkonzentrierte, radioaktiv hochgradig belastete Salpetersäure waten – danach macht ohne klinische Versorgung keiner länger als zwei Wochen! Wäre er in einer Klinik untergebracht – wir wüßten es längst!“ William war sichtlich erleichtert, daß ihm die Argumente trotz panischer Angst rechtzeitig in den Sinn gekommen waren.
Kustow schien jedoch nicht im Geringsten beeindruckt. „Es war eine eherne Regel, keinerlei Ausrüstungen aus dem Berg herauszuholen. Alles hatte im Berg zu bleiben. Wurde das eingehalten?“
Wieder sah TM eine Chance, doch noch den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. „Natürlich wurde das eingehalten! Außer mir gab es nur zwei Personen, die ebenfalls dort ein und ausgehen konnten, Hassan und der Brigadier. Wir mußten die letzte Schleuse vor dem Duschen prinzipiell nackt passieren, das geschah zu unserer eigenen Sicherheit. Erst jenseits der Schleuse konnten wir aus den Schließfächern die Kleidung nehmen, die wir außerhalb des Berges trugen. Alle Schleusenkammern sind videoüberwacht. Der Ankleideraum ebenfalls. Zusätzlich ist der Eingang rund um die Uhr bewacht, dies prinzipiell von vier Personen, die im Nebenraum ihr Wachlokal haben. Ich schwöre, dort ist zu meinen Lebzeiten nichts herausgekommen!“
Wieder drehte sich Kustow William zu, um dessen Reaktion nicht zu versäumen. „Hattet ihr im Berg akkubetriebene Handlampen?“
„Natürlich!“
„Und hattet ihr im Berg PET-Wasserflaschen?“
„Selbstverständlich!“
„Waren die von einem Abfüller aus
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