Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Recherche werden würde.
Um in der Sache voranzukommen, freundete ich mich mit dem Tankwart an. Wir sprachen über allerlei Dinge, zum Beispiel die wirtschaftliche Situation des Landes. Ich brachte bei dieser Gelegenheit meine Einschätzung zum Ausdruck, daß der fortwährende Ausbau der Obstplantagen ihm zusätzliche Kundschaft bringen müsse, es mit seinem Unternehmen nur bergauf gehen könne. Er winkte ab und lamentierte, daß seine Geschäfte seit dem Erdbeben dramatisch zurückgegangen seien. Als ich den Grund hinterfragen wollte, beendete er das Gespräch mit dem Hinweis, es gäbe Dinge, die nur Allah zugänglich seien und daß man gut daran täte, die Ergründung ihrer Hintergründe allein göttlicher Kompetenz zu überlassen. Es war klar, so kam ich nicht weiter.
Als ich eines Mittags tanken wollte, fand ich heraus, daß der Tankwart die Mittagszeit regelmäßig bei seiner Familie verbrachte. Die Kasse nahm er mit nach Hause. Mit Ausnahme der Werkstatt blieben alle Räumlichkeiten geöffnet. Die Zapfsäulen legte er still, in dem er die Sicherungen herausdrehte und in seinen Overall steckte. Der Sicherungskasten befindet sich in der verschlossenen Werkstatt. Genial, der Mann konnte innerhalb einer Minute seinen Laden dicht machen oder wieder in Betrieb nehmen. Ich nutzte seine regelmäßige Abwesenheit und maß mehrfach mit einem Senkblei den Flüssigkeitsstand in dem rückwärtigen Dieseltank. Ich stellte auf diese Weise fest, daß der Tank etwa zur Hälfte gefüllt war, der Tankwart also gelogen hatte. Der Vergleich der Fäden zeigte ferner, daß dem Tank während dieser Zeit nicht ein Liter Diesel entnommen wurde.
Den Tank der Organisation hatte ich offensichtlich gefunden! Jetzt stellte sich die Frage: Wie gelangte der Treibstoff aus dem Tank über gut zwei Kilometer hinweg in die unterirdische Produktionsanlage? Ich bin die Strecke von der Tankstelle bis zur Bergflanke abgegangen, um nach Spuren einer Rohrverlegung zu suchen – negativ. Aber etwas anderes habe ich am Fuße der Bergflanke gefunden, das im Verlaufe der Recherche noch Bedeutung gewinnen sollte: Tausende Wurzeln stecken dort im Boden, teils vom Wind freigelegt. Wurzeln, offensichtlich von Obstbäumen, in einer vollkommen trockenen Ebene, ausgerechnet auf der Leeseite eines Gebirges, wo Niederschläge ohnehin die Ausnahme sind! Das waren keine Rückstände natürlicher Vegetation, es muß an dieser Stelle einmal eine bewässerte Plantage betrieben worden sein! Hierauf komme ich später noch zu sprechen.“
Aamir blickte erwartungsvoll in die Runde. Die anhaltende Aufmerksamkeit stärkte offenkundig sein Selbstbewußtsein. Von der anfänglichen Nervosität war jedenfalls nichts mehr zu verspüren. Mit fester Stimme fuhr er fort: „Wenn ich auch noch nicht wußte, wie der Treibstoff in den Berg gelangte, so hatte ich zumindest den Tank gefunden. Damit stand fest, daß im Berg Dieselgeneratoren betrieben wurden, wie dies auch Igor berichtete. Ich entschied, zunächst die Abgasschächte zu suchen, um aus deren Lage Rückschlüsse auf die Koordinaten der Produktionsanlage ableiten zu können.“
Er zog die zuerst gezeigte Karte hervor und legte sie zuoberst auf den Tisch. „Ich habe auf dieser Karte das Gelände grau schraffiert, das weder von der Provinzialstraße noch auf der entgegengesetzten Seite vom Gelände der Sulaiman-Mine aus einsehbar ist.“ Sein Zeigefinger umriß diesen Bereich auf der Karte. „Diese Linie hier ist die 100 Meter niedrigere Höhenkote, die das fragliche Gelände zusätzlich eingrenzt. Warum 100 Meter niedriger? Nun, ich habe das willkürlich als Sicherheitsabstand festgelegt, damit sichergestellt ist, daß außerhalb der Hochebene keine Abgasschwaden sichtbar werden. Hierdurch reduzierte sich das Areal, in dem ich nach Kaminaustritten suchen mußte. Der nächste Schritt bestand darin, in Mittenlage des zentralen Förderstollens eine gedachte Linie durch dieses Areal zu ziehen. Entlang dieser Linie vermutete ich den Standort der Generatoren, aufgrund ihrer Dimensionen und Einbaugewichte maximal 100 Meter von der Bergflanke entfernt. Das entspricht dieser über Kreuz schraffierten Fläche. Wie Sie sehen, liegt diese Fläche noch im einsehbaren Bereich. Also ging ich davon aus, daß sie für die Abgasschächte die kürzeste Verbindung zwischen dem Standort der Generatoren und der tiefstgelegenen Zone der nicht einsehbaren Senke genommen haben. Hieraus ergibt sich dieses gelb angelegte Suchgebiet. Hier mußte ich
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