Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
darstellen würde. Heute noch, spätestens morgen, würden ihn die ‚Söldner Gottes‘, die fanatischsten aller ihm bekannten islamistischen Handlanger, pulverisiert haben. Kustow verachtete diese aufs Töten fixierten, vor keiner noch so abwegigen Grausamkeit zurückschreckenden Monster zutiefst, aber er war schon neugierig, zu erfahren, wie sie dies in der US Air Base Ramstein bewerkstelligen würden.
Da William sich auf der Reise nach Karatschi befand, sollte der Brigadier ihn über den Vollzug der Ermordung unterrichten. Dann bliebe nur noch der Russe. Ihr Netzwerk würde auch diesen ausfindig machen, da war sich Kustow sicher. Stellte sich einzig die Frage, ob dies rechtzeitig geschehen würde, bevor der Russe den Mund aufmachen konnte. Vermutlich würde ihm keiner glauben, aber ein Risiko stellte er auf alle Fälle dar. William hatte zu Kustows Verwunderung schmählich versagt, als er den Russen lebend im Berg zurückließ. Vermutlich hatte der Brite nach dem Beben die Hosen voll und nur noch im Sinn, so rasch wie möglich der allerorten einstürzenden Unterwelt zu entkommen. Die Organisation gewährte Versagern kein Pardon, das hätte er berücksichtigen müssen. Sie würde auch in diesem Falle keine Ausnahme machen. Sollte William ohne Bassett zurückkehren, wären seine Tage gezählt. Er hatte kein Vertrauen mehr zu seinem ehemals engsten Gefährten. Um so größer war die Enttäuschung.
Das Telefon klingelte. „Ihr Gespräch, Sir!“
Es dauerte einige Sekunden, bis sich jemand am anderen Ende meldete: „Hallo, wer spricht?“
„Janus am Apparat. Sind Sie‘s, Ammar?“
„Ja. Was gibt‘s? Bitte in Kurzform, bin in einer Besprechung.“
Kustow haßte derartige Eröffnungen, die seinen Handlungsspielraum einschränkten. Er ließ es den Brigadier merken. „Wenn ich anrufe, hat das seinen Grund. Sie hören mir jetzt nur zu, kein Kommentar! Vier Dinge erwarte ich von Ihnen. Erstens: Sie informieren mich umgehend über den Ausgang der Aktion in Ramstein. Zweitens: Sie informieren mich, sobald The Mask bei Ihnen eingetroffen ist. Sie erhalten dann Instruktionen. Ziel der Maßnahme ist die Sicherstellung, daß Bassett uns lebend in die Hände fällt. Sie haften mir gegenüber persönlich hierfür, solange der Amerikaner sich in Pakistan aufhält! Drittens: Ich erwarte von Ihnen, daß Sie alles daran setzen, den Aufenthaltsort des Russen in Erfahrung zu bringen. Ist er noch in Pakistan oder innerhalb Ihres Einflußbereichs, liegt dessen umgehende Liquidierung in Ihrer Zuständigkeit. Viertens: Sie haben alles zu unternehmen, sämtliche Spuren rund um die Produktionsstätte zu beseitigen, was immer hierzu erforderlich sein mag, und das Gelände gegenüber Dritten hermetisch abzuschirmen. Ich setze voraus, daß alles bei Ihnen angekommen ist. Sie erreichen mich, wie üblich. Ende.“
Ohne dem Brigadier die geringste Chance einer Erwiderung gegeben zu haben, hatte Kustow das Gespräch beendet. Er ließ sich von niemandem auf der Nase herumtanzen, schon gar nicht vom Militär! Eigentlich hatte er ein verbindliches Gespräch mit dem Brigadier führen wollen, aber so war er nun einmal. Ärgerte ihn etwas, konnte er schlagartig die Gangart wechseln.
Er erhob sich von seinem Sessel. Sein Blick glitt hinunter ins Tal. Ein kühler Morgen kündigte bei gleißendem Sonnenschein einen herrlichen Sommertag an. Spontan entschied sich Kustow zu einem Spaziergang. Er drückte die Taste der Gegensprechanlage. „Ich möchte heute vormittag nicht gestört werden. Wimmeln Sie alles ab, Linda!“
Er ging in den Vorraum der Toilette, prüfte im Spiegel seine Frisur, den Sitz des Hemdes. Was er sah, schien ihn zu erfreuen. Mit gewinnendem Lächeln machte er kehrt; er durchquerte die Bibliothek und verließ den Raum durch die kaum sichtbare Tapetentür hinter dem Schreibtisch.
Kustow war blendender Laune. Das würde endlich wieder ein guter Tag werden, eine der größten Lasten würde ihm in aller Kürze von den Schultern genommen: Der Deutsche würde keinen Schaden mehr anrichten können! Er war gespannt auf Bassetts Reaktion, wenn der dies erführe. Nun hielt er, Kustow, wieder die Fäden in der Hand, nicht dieser lausige Amerikaner! Nicht Bassett würde Konditionen stellen, sondern allein er, Boris Kustow! Bassett konnte sich glücklich schätzen, wenn er ihn am Leben ließe. Er beschloß, den längeren Weg zu nehmen.
21. August, 12:40 Uhr Ortszeit; Serena Hotel, Quetta, Belutschistan
Saeed und Bassett hatten
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