Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Turban! Wann wurden die Aufnahmen gemacht?“
„Vor einer Stunde.“
„Wer ist der Dritte?“
Hagemeyer konnte seine Genugtuung nicht verbergen, auch diese Frage beantworten zu können. „Hans-Hermann Keller, ehemals MfS, in den 80er Jahren von der CIA umgedreht. Insider par excellence. Ihm untersteht Westsibirien, also keine kleine Nummer.“
Der Kanzler nahm das Zigarillo vom Aschenbecher. Er wirkte angespannt. „Demzufolge braut sich eine größere Schweinerei zusammen, Al Qaida auf der einen Seite, auf der anderen die Amerikaner, die uns im Dunkeln lassen, in der Mitte ein angeblicher Deutscher. Das ist der Stoff, aus dem politische Tragödien gestrickt werden. Wie heißt der Typ überhaupt?“
„Horst Sander.“
„Horst Sander? Irgendwie sagt mir das was. Der Name ist mir schon mal begegnet.“
Hagemeyer wurde ernst. „Du irrst dich nicht, du hast den Namen tatsächlich schon gehört. Ist gar nicht so lange her. Dr. Horst Sander war der Ingenieur, der kürzlich bei dem Erdbeben in Pakistan umkam. Das AA war in die Sache involviert.“
Der Kanzler schlug sich vor die Stirn. „Ja sicher! Das war doch die Tragödie, wo die beiden Deutschen in dem Bergwerk umgekommen sind. Glaubst du, da besteht ein Zusammenhang?“
Hagemeyer hob die Schultern, wog den Kopf betont langsam hin und her, eine Geste, die seine Zweifel zum Ausdruck bringen sollte, gleichzeitig jedoch nichts ausschloß. „Es ist kaum anzunehmen, daß Dr. Sander von den Toten auferstanden ist. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß die Amerikaner seinen Namen, möglicherweise eine um diesen Namen gestrickte Legende nutzen, aus welchem Grund auch immer. Unsere Nachforschungen in den USA ergaben, daß es bei Sanders angeblichem Arbeitgeber, immerhin ein Konzern mit rund 140.000 Mitarbeitern, insgesamt drei Namensvetter gibt, aber keiner heißt mit Vornamen Horst. Entweder haben die Amis die Legende mit der heißen Nadel gestrickt oder die wollen, daß wir auf die Ungereimtheiten stoßen, aus welchem Grunde auch immer. Jedenfalls stinkt die Sache zum Himmel! Übermorgen wissen wir mehr, zumindest, was den Verbleib unseres Dr. Sander angeht. Die beiden haben beim BGS Kaffee angeboten bekommen. Wir haben die Trinkbecher kassiert und einen DNA-Test veranlaßt.“
Der Kanzler tat einen tiefen Zug, tiefer, als gewöhnlich. Das machte er immer, wenn innere Unruhe ihn erfaßte. „Wie wollen wir das der Familie erklären? Wir müssen doch Proben bei denen zu Hause nehmen!“
Hagemeyer lächelte, endlich hatte er gute Nachricht. „Das ist nicht nötig. Es wurde DNA-Material sichergestellt, als noch nicht feststand, daß man nicht mehr in das Bergwerk gelangen konnte. Sanders Kamm, Zahnbürste und Rasierzeug waren noch im Generalkonsulat. Die Sachen werden per Kurier in wenigen Stunden in Berlin eintreffen.“
Der Kanzler schien einen Moment erleichtert, doch gleich verdüsterte sich seine Miene wieder. „Gut, wir wissen übermorgen vielleicht, wer der Typ ist. Aber dann treten doch erst die richtigen Fragen auf, sollte es tatsächlich dieser Dr. Sander aus dem Bergwerk sein!“ Der Kanzler schüttelte unmutig den Kopf. „Ich begreife auf der Basis unseres aktuellen Kenntnisstands überhaupt nichts!“ Er beugte sich zum Aschenbecher vor, streifte vorsichtig die Aschehaube von seinem Zigarillo und sah zutiefst beunruhigt zu Hagemeyer hinüber. „Walter, ein inneres Gefühl sagt mir, dieser Sander – oder wer sich auch immer dahinter verbirgt – wird für uns gefährlich wie ein losgerissenes Schiffsgeschütz! Vier Wochen! Verdammt noch mal, wie kriegen wir den Burschen vier lausige Wochen aus dem Verkehr gezogen?“
Hagemeyer lächelte matt. Es war ein zynisches Lächeln. „Vielleicht haben wir das schon!“
Der Kanzler starrte ihn überrascht an. „Du sprichst in Rätseln! Mir ist nicht zum Scherzen!“
Hagemeyer schüttelte den Kopf. „Das ist kein Scherz!“
„Dann sag, was habt ihr gemacht? Auf dem Foto ist er quicklebendig in der Obhut der CIA!“
Hagemeyer lächelte noch immer. „Wir haben unsere Freunde vom FSB auf die Fuhre aufmerksam gemacht.“
Der Kanzler ließ sich zurück in die Kissen seines Sessels sinken. „Wie bitte?“ Die plötzliche Adrenalinausschüttung verlangte zu ihrer Kompensation nach reichlichem Nikotin. Entsprechend heftig fiel der Zug an dem Zigarillo aus. Fassungslos starrte er Hagemeyer an. „Wenn das die Kollegen jenseits des Atlantik herausbekommen, ist der Skandal perfekt!“
Wieder
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