Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
solchen Aufwand! Da bieten sich einfachere Wege an als eine derartig monströse Verabredung – ‚jeden zweiten Tag um acht Uhr vor dem Theater; ich werde da sein, selbst wenn darüber Monate vergehen‘. Diese Option fällt meines Erachtens flach, genau, wie die der Familie. Der Aufenthaltsort der Familie ist der Organisation bekannt. Wir kennen ihn inzwischen auch. Die Organisation erpreßt beide Teile, hier Igor, dort dessen Familie. Sie teilt beiden Parteien mit, daß die jeweilige andere Partei Schaden erleide, sollte man sich nicht so verhalten, wie die Organisation dies wünscht. Dieses System funktioniert, solange die Parteien nicht zusammenfinden. Also untersagt dies die Organisation. Um das eindrucksvoll zu untermauern, stellt man sich zum Beispiel zum vereinbarten Zeitpunkt in einem weithin sichtbaren roten Bus vor den Treffpunkt.“
So schnell wollte Sander sich nicht in sein Schicksal fügen. „Das mag ja für ein Treffen mit der Familie zutreffen, aber nicht für ein Treffen mit mir! Mich haben sie ja noch nicht unter Kontrolle. Mein Auftauchen könnten sie also kaum verhindern. Igor würde mich sofort warnen!“
Double H sah Sander besorgt an. „Aber Sie wären dann in ihrer Reichweite! Der FSB kann sich sicher sein, daß Sie ahnungslos sind, solange Ihr Freund diesen Treffpunkt zur vereinbarten Zeit ansteuert! Sie würden überrumpelt, bevor Sie Igors Warnung verstünden!“ Double H schaute Sander mit einem Anflug wahrhaftigen Mitleids an. Er legte ihm die Hand auf die Schulter. „Tut mir leid, Horst, aber ich fürchte, die Aufmerksamkeit des FSB gilt Ihnen. War vielleicht doch keine so gute Idee, amerikanische Papiere auf Ihren Namen auszustellen.“
Erst jetzt erinnerte sich Sander, daß Oberst Matthews zunächst angedeutet hatte, ihm Dokumente auf David Lennon, seinem Decknamen in Ramstein, ausstellen zu lassen. Was hatte ihn plötzlich veranlaßt, dies nicht zu tun? Er fand keine Erklärung. Sie schien ihm in diesem Moment auch nicht so wichtig, denn im Grunde war er froh, seinen Namen nicht länger verbergen zu müssen. Er war Horst Sander, zur Zeit halt Amerikaner! Die Betonung lag auf ‚zur Zeit‘! So ließ es sich leichter ertragen, daß Horst Sander, der Deutsche, angeblich im Ziaratgebirge ums Leben kam.
Inzwischen hatten sie die Stadt erreicht. Double H wechselte einige Worte mit Boris, dann wandte er sich wieder Sander und Cannon zu. „Genug der Diskussion! Hört mir jetzt bitte nur zu, wir sind gleich da. Einige Anmerkungen zum Ablauf. Wir steigen nicht vor dem Kino aus, sondern an der gegenüberliegenden Seite des Parks, in der Nähe des Stadions. Von dort sind es zu Fuß ungefähr 600 Meter. Boris fährt allein weiter, umkurvt die Parkanlage und hält rund 50 Meter hinter dem roten UAZ. Der Parkstreifen wird sonntags um diese Uhrzeit kaum benutzt, es dürfte also kein Problem sein. Er leitet von dort aus die Aktion gegen den FSB, sollte die Lage dies erfordern. Sie beide versuchen schon aus der Ferne, Ihren Gefährten ausfindig zu machen. Je früher Sie Igor entdecken, desto besser. Sollte er allerdings vor dem straßenseitigen Eingang warten, müssen wir um das Gebäude herumgehen, das heißt, uns im ungünstigsten Fall bis auf zehn Meter dem Bus nähern. Haben Sie immer ein Auge auf den Bus! Sollte sich dort eine Tür öffnen, dann achten Sie auf meine Anweisungen. Es wird in diesem Fall zwei Optionen geben: Entweder müssen Sie zum Standort unseres Busses gehen – laufen nur im Notfall! – oder unser Bus nimmt Sie in der Nähe der Freitreppe des Kinos auf. Aber Achtung! Vor dem roten UAZ steht ein Kastenwagen! Zwischen beiden Fahrzeugen befindet sich ein Zebrastreifen. Treten Sie nicht auf den Zebrastreifen, sondern betreten Sie die Straße rechts von dem Kastenwagen! Keinesfalls den Zebrastreifen betreten! Das ist wichtig!“
Double H vergewisserte sich, daß Cannon und Sander alles mitbekommen hatten. Sogar Cannon verzichtete auf weitere Fragestellungen. Sie hatten keine Ahnung, was dies bedeutete, aber sie würden den Zebrastreifen keinesfalls betreten. Ihr Kopfnicken ließ Double H beruhigt fortfahren: „Wenn Sie Igor ausfindig gemacht haben, geben Sie mir einen entsprechenden Hinweis, damit ich diesen einwandfrei identifizieren kann. Nehmen Sie keinen Blickkontakt zu ihm auf! Am besten sieht er Sie gar nicht, bis ich bei ihm bin. Ich halte einen Stadtplan in der Hand und werde ihn um eine Auskunft bitten. Tatsächlich instruiere ich ihn. Ein, zwei Minuten später
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