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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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geklemmt. Auch hierzu hatte der Oberleutnant ihnen bei der Abfahrt Bemerkenswertes mitgeteilt. Der Bus hatte eine ungewöhnliche Sitzeinteilung, vorn der Fahrersitz, dahinter zwei Reihen zu je vier Plätzen, im hinteren Bereich zwei Reihen mit insgesamt neun Plätzen. Dazwischen gähnte eine Lücke. Der Oberleutnant hatte auf zwei Bodenluken hingewiesen, die sich dort rechts und links des Antriebstrangs befanden. Bei drohender Gefahr würden zunächst die Soldaten, sollten sie die Vordertür – die einzige dieses archaischen Vehikels – nicht benutzen können, durch diese Luken den Bus verlassen, um die Rundumsicherung zu übernehmen. Anschließend sollten Sander, Igor und Cannon auf demselben Wege aus dem Bus kriechen und, falls sie keine anderweitigen Anweisungen erhielten, sich auf eigene Faust umgehend vom Bus entfernen. Das Verbleiben im Bus sei keinesfalls ratsam, da die Taliban Freude daran empfänden, an solchen Zielen ihre Fertigkeiten an Gewehrgranate und Panzerfaust zu testen. Insofern sei es höchst empfehlenswert, zwischen sich und den Bus schnellstmöglich einen lebensrettenden Abstand zu bringen.
    Die sarkastische Ausdrucksweise des Oberleutnants empfanden sie nicht gerade als ermutigend. Dies galt auch für dessen Anmerkung zu den Kalaschnikows. Waffengebrauch sei nur zur Selbstverteidigung zulässig. Das kam so selbstverständlich ‘rüber, als sei ein Angriff unumgänglicher Programmpunkt einer Fahrt über den Khyber-Paß. Anschließend hatte Stabsunteroffizier Heinz aufmunitionierte Magazine verteilt. Jeder erhielt derer zwei, mit der Aufforderung, eines davon unverzüglich gegen das an der Waffe befindliche leere Magazin auszutauschen und die Waffe fertig zu laden. In diesem Moment wurde ihnen endgültig bewußt, daß die Reise durch Kriegsgebiet führte, vor allem aber, daß es ein Unterschied war, mit einem bis an die Zähne bewaffneten Hubschrauber darüber hinwegzufliegen oder in einem klapprigen, ungeschützten Vehikel mitten hindurchzufahren.
    Ihre anfängliche Nervosität war mit zunehmender Fahrtdauer einer unerklärlichen Gleichgültigkeit gewichen. Obwohl der Mond inzwischen die Gebirgsszenerie in fahlbläulich durchwirktes Weiß tauchte, konnten sie aus den verdreckten Fenstern so gut wie nichts erkennen. Allein die weit entfernte Frontscheibe erlaubte einen spärlichen Blick auf die Landschaft. Einmal glaubte Sander, durch die Heckscheibe in einer Kehre die Lichter eines Fahrzeugs tief unter sich erkannt zu haben, aber schon die nächste Kurve machte jede weitere Beobachtung zunichte. So hockten sie auf ihren durchgesessenen Polstern, umklammerten die Lehnen der Vordersitze und versuchten, die Schläge des ungedämpften Fahrwerks mehr schlecht als recht auszugleichen. Was sich außerhalb des Fahrzeugs ereignete, entzog sich ihrer Beobachtung, ihr Wahrnehmungsvermögen reduzierte sich auf das Hör-, Fühl- und Riechbare. Die Eintönigkeit der Drehzahlwechsel, des Getriebeheulens, der ständigen Schläge und Schlingerbewegungen hatte etwas Foltergleiches, ließ ihre Sinne abstumpfen. Insgeheim hofften sie, die Paßhöhe bald erreicht zu haben. Daß sie noch nicht einmal die Hälfte der Wegstrecke zurückgelegt hatten, verdrängten sie geflissentlich. Mit Grausen dachten sie an die Bemerkung des Oberleutnants, daß die eigentliche Herausforderung erst hinter Jalalbad begänne.
    Das jähe Bremsmanöver riß sie aus den Tiefen ihrer Lethargie. Fast gleichzeitig fuhren ihre Köpfe in die Höhe. Sie kannten nicht den Grund des abrupten Anhaltens, aber sie spürten in nie erlebter Eindringlichkeit, daß sie sich in höchster Gefahr befanden. Sie fühlten das Adrenalin, wie es durch ihre Systeme jagte, den Mund in Sekundenschnelle trocknete und die Haut frösteln ließ. Sie waren hellwach! Der Fahrer stellte den Motor ab. Es war totenstill im Bus, einzig unterbrochen vom Knistern des überhitzten Motors. In der Dunkelheit erkannten sie schemenhaft, wie die KSK-Kämpfer gebückt nach hinten kamen, die Bodenluken öffneten und nacheinander – in gespenstischer Lautlosigkeit – katzengleich unter dem Fahrzeug verschwanden. Der Oberleutnant verharrte regungslos links des Fahrers, ein Bein in der Türnische, die Maschinenpistole im Anschlag. Erst jetzt bemerkten sie den Taliban, der keine zehn Meter vor ihnen auf der Straße stand, die Panzerfaust auf den Bus gerichtet. Die Szene riß Sander aus der Schreckensstarre, erinnerte sie ihn doch eindringlich an den vorausgegangenen Hinweis auf die

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