Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Bedauerns die Glut seines gerade angerauchten Zigarillos aus. „Ich weiß. Eine Frage noch: Wo genau befindet das Sammellager, aus dem die Container geklaut werden?“
    „In der Nähe von Nowokusnezk.“
    „Ach ja? Gestatte deinem dämlichen Kanzler die Frage: Wo, bitteschön, liegt Nowokusnezk?“
    Hagemeyer schaute mit gekräuselter Stirn hoch zur Decke, als könne er in Gedanken darauf die Landkarte Westsibiriens projizieren. „Ungefähr 300 Kilometer südöstlich von Nowosibirsk.“
    Der Kanzler blickte überrascht auf. „Nowosibirsk? Da waren doch unsere beiden Strategen, dieser Dr. Sander und sein amerikanischer Aufpasser! Kann das miteinander zu tun haben? Mischen die da irgendwie mit?“
    Hagemeyer hatte längst selbst in dieser Richtung Überlegungen angestellt. Darum ließ seine Antwort nicht auf sich warten. „Ich gehe davon aus. Allerdings nicht auf Seiten der Terroristen.“
    Der Kanzler schien überrascht. „Auf welcher Seite dann? Mindestens eine Seite ist hier doch nicht koscher! Die Amis inbegriffen! Warum informieren die uns nicht, wenn sie nichts zu verbergen haben? Worauf stützt du überhaupt deine Annahme? Eigentlich spricht doch alles dagegen! Da stirbt einer offiziell in einem Bergwerk, geistert aber unter US-Obhut durch die Weltgeschichte. Hält sich, ohne seine trauernde Familie oder die Behörden zu informieren, in Deutschland auf einem US-Stützpunkt auf, wird dort beinahe massakriert und setzt sich anschließend nach Sibirien ab. West Virginia hätte ich ja akzeptiert, aber Westsibirien? Das stinkt doch zum Himmel! Was ist überhaupt bei dem DNA-Test herausgekommen?“
    Hagemeyer drehte den Sessel und nahm darin Platz. Er wußte, das Gespräch würde nun länger dauern. „Laß es mich der Reihe nach versuchen, Werner. Worauf stützt sich meine Annahme, daß Sander nicht auf Seiten der Terroristen steht? Einzig auf die Tatsache, daß er auf der Air Base angegriffen wurde. Wer sollte ihn dort angegriffen haben? Die Amerikaner sicherlich nicht! Die suchen jetzt noch nach den Sicherheitslücken. McArthur hat die gesamte Air Base auf den Kopf gestellt. Negativ. Das heißt, sie haben unerkannte Schläfer oder der oder die Attentäter kamen von außen. Vielleicht beides. Die Leiche des Getöteten ist jedenfalls unauffindbar verschwunden. Der Angreifer war also definitiv nicht allein! Aber selbst, wenn sie zu mehreren von draußen kamen – es ist unmöglich, die Leiche ohne Mitwirkung des Standortpersonals verschwinden zu lassen! Ergo haben die Amis ein veritables Problem! Dummerweise spielt in diesem Konzert ein Deutscher eine in keiner Weise nachvollziehbare, nicht gerade unmaßgebliche Rolle.“
    Hagemeyer unterbrach seinen Vortrag, um dem Kanzler Gelegenheit zu einer Einwendung oder Kommentierung zu geben. Der bedeutete ihm jedoch, fortzufahren.
    „Ich sagte, daß ein Deutscher eine maßgebliche Rolle spielt. Daran besteht inzwischen kein Zweifel. Der DNA-Test in Sachen Sander war positiv. Er ist es! Er ist nicht in dem Bergwerk umgekommen, sondern reist, wie du eben sagtest, in der Weltgeschichte herum. Stellt sich die Frage: Warum tut er das? Was bewegt ihn, sich nicht zu erkennen zu geben, noch nicht einmal gegenüber seiner Familie, geschweige gegenüber den Behörden, sondern statt dessen in den Untergrund abzutauchen? Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht und eine einzige plausible Erklärung gefunden: Er wird erpreßt!“
    Der Kanzler kramte ein neues Zigarillo aus der Blechschachtel. „Laß stecken! Hab‘ schon Feuer.“ Er bedeutete Hagemeyer, sitzen zu bleiben. „Wer sollte ihn erpressen? Al Qaida? Die Islamisten? Das könnte ich nachvollziehen. Aber was ist das Ziel der Erpressung? Was wollen die von einem Ingenieur? Geht‘s um Geld? Das wäre doch kein Fall für McArthur! Was also macht ihn dann so interessant für die Amerikaner? Überhaupt – wie läßt sich seine Kooperation mit den Amerikanern erklären, wenn die Erpressungstheorie stimmt? Und welche Rolle spielt Rußland? Welches Ziel verfolgten Sander und der Ami in Nowosibirsk?“ Der Kanzler schüttelte den Kopf. „Ich krieg da keine Ordnung rein.“
    Hagemeyer zuckte die Schultern. „Da geht‘s dir nicht besser als mir, zumal sie in Nowosibirsk den FPS auf‘s Kreuz gelegt haben. Jedenfalls haben die die Spur verloren.“
    Der Kanzler sah Hagemeyer skeptisch an. „FSB ist mir ein Begriff. Was steckt hinter dem Kürzel FPS?“
    „Das ist der russische Grenzschutz.“
    „Aha. Heißt das, dein