Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Sitzgruppe vollendet hatte. Abrupt wechselte er die Richtung und eilte mit hastigen Schritten zum Schreibtisch. „Na endlich! Was gibt es zu berichten?“ Die Ungeduld verriet seine Anspannung, konnten die Ereignisse doch den weiteren Verlauf ihres Projektes dramatisch beeinflussen, es im ärgsten Falle zum Scheitern bringen. Dann wäre eine mehrjährige Aufbauarbeit nichts als Schall und Rauch!
„Wie Sie vermutlich wissen, Sir, wurde um 18.42 Uhr das Gebiet um Quetta erneut von einem starken Erdbeben er ...“.
Hamid fiel dem Brigadier ins Wort. „Natürlich weiß ich das! Das war der Grund meines Anrufs! Ich will wissen, ob die Produktionsanlage Schaden erlitten hat. Was können Sie dazu sagen?“
Der Brigadier ließ einen Moment vergehen, bevor er mit knappen Worten seinen Lagebericht gab: „Unsere Leute melden erhebliche Schäden an aufstehenden Gebäuden im Zugangsbereich. Das Minarett ist eingestürzt. Sie räumen momentan die Trümmer beiseite, um zur Außenschleuse gelangen zu können. Wie es im Berg aussieht, kann noch nicht gesagt werden. Wir hörten von der Sulaiman-Mine, daß die Schäden dort erheblich sind. Selbst der ausbetonierte Hauptstollen sei teilweise eingestürzt. Insofern ist davon auszugehen, daß die Infrastruktur im Berginnern Schaden erlitten hat.“
Ahmed Hamid fixierte an der gegenüberliegenden Wand sorgenvoll einen imaginären Punkt, bis dort die großformatigen Fotos ihre Konturen verloren. Ausgerechnet jetzt, wo sie unmittelbar vor dem ersten Schlag standen, bedrohte ein Erdbeben den Erfolg ihrer Aktion! „War der Maskierte im Berg, als es passierte?“
Wieder schwieg der Brigadier einen Moment, bevor er antwortete. Offensichtlich war er bestrebt, die Dinge wahrheitsgetreu wiederzugeben, ohne Panik auszulösen. „Sie meinen TM, den Verantwortlichen für die Produktion? Wir wissen es nicht. Hierzu müssen wir den Vorraum zur Außenschleuse freilegen. Dann sehen wir, ob seine Sachen dort hängen.“
Hamid schien mit dieser Antwort keineswegs einverstanden zu sein. „Das dauert doch viel zu lang! Die Posten müßten es doch wissen! Wieso fragen Sie die nicht?“
Diesmal benötigte der Brigadier nicht eine Sekunde, in hörbarer Erregung die passenden Worte zu wählen. Sein beißender Zynismus stach zu wie ein Florett: „Tote neigen zur Verschwiegenheit, Sir! Sie liegen unter dem Schutt, den meine Leute im Augenblick forträumen!“
Datum und Uhrzeit unbekannt; Sulaiman Coal Mine
Es waren die Schmerzen, die Sander weckten. Im Schlaf war er nach links die Stollenwand hinunter gerutscht und mit der lädierten Gesichtshälfte aufgeschlagen. Gegen den Schmerz ankämpfend, rappelte er sich hoch. Er verspürte Durst, um sich im gleichen Moment zu vergegenwärtigen, daß er nirgendwo Trinkbares finden würde. Also müßte er sich wenigstens um seine Todesart keine Gedanken machen. Sollte er nicht irgendwo in die Tiefe stürzen, würde er spätestens in drei, vier Tagen verdurstet sein. Sander wunderte sich, wie fatalistisch er mit dieser Erkenntnis umging. Er löste die Schließe und zog die Uhr vom Arm. Da waren sie, die schwach phosphoreszierenden Punkte, die die Stunden markierten, und die Striche der über sie hinwegkriechenden Zeiger, für seine Psyche so wichtige, Lichtmalen gleiche Kontraste zu dieser verdammten Finsternis, doch gleichzeitig Ausdruck der Vergänglichkeit. Wieviel Zeit blieb ihm noch? Er mußte hier raus! Er würde es schaffen, weil er es schaffen mußte! Er fühlte sich bereit, das Wagnis einzugehen, sich auf den Weg zum Aufzugschacht zu machen. Dort würde er das Tageslicht sehen, es würde ihm den Weg aus der Unterwelt weisen!
Er lehnte sich zurück an die Stollenwand, rückte dorthin, wo die Anhäufung der meisten Steine seine ursprüngliche Position verrieten, bevor der Schlaf ihn übermannte. Er ertastete die vor und um ihn verstreut liegenden Steine und steckte diejenigen, die er erreichte, in die Taschen seiner Montur. Er würde sie benötigen, ersetzten doch Tasten und Horchen das Sehen. Nun ging er in die Hocke und sank, bemüht, seine Grundrichtung nicht zu ändern, auf die Knie. Zentimeter um Zentimeter tastete er sich zur Mitte des Stollens vor. Plötzlich spürte seine Rechte drei Steine, seine Steine, in die Richtung des Schrägaufzugs weisend, so, wie er sie dort abgelegt hatte! Er setzte sich, korrigierte behutsam solange seine Position, bis seine zur Seite gestreckten Hände die Steinmarkierungen zu seiner Linken und Rechten
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