Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Vortrages abwägen. Mit unerwartet kraftvoller Stimme fuhr er fort. „Ich hatte also festgestellt, daß mit einem ausgeklügelten Rotationsverfahren der Fehlbestand verschleiert wurde. Das geschah professionell, mit militärischer Präzision. Als erstes mußte ich nach meiner Ansprache in Erfahrung bringen, ob das Rotationsverfahren noch immer praktiziert wurde. Dies wäre ein Hinweis darauf, daß weiterhin Plutonium gestohlen wurde. Ich hatte eine Reihe Behälter markiert, und tatsächlich, die Rotation fand nach wie vor statt! Das war nicht überraschend, denn die Sicherheitsvorschriften besagten, daß im Rahmen routinemäßiger Bestandsprüfungen die Wachmannschaft 24 Stunden vor Begehung des jeweiligen Bunkers zu informieren sei. Die Anweisung sollte die Gefahr des Friendly Fire ausschließen. Die Wachmannschaft hatte nämlich Anweisung, ohne Anrufen auf jede unautorisierte Person im Umkreis von fünfzig Metern um einen Bunker das Feuer zu eröffnen. In der Unübersichtlichkeit des Waldgeländes hätte es da leicht zu einem tödlichen Irrtum kommen können.“
„Da hatten die ja alle Zeit der Welt, über Nacht den Bestand des zur Prüfung anstehenden Bunkers zu komplettieren!“
„So ist es. Die Sache wurde kritisch, als einer meiner Mitarbeiter aufgrund dieses Sachverhalts vorschlug, die vorgeschriebene Prüfungsroutine durch das Zufallsprinzip abzulösen. Er konnte partout nicht nachvollziehen, daß ich dies unter Verweis auf die Vorschriften und die Sicherheit kategorisch ablehnte, zumal allgemein bekannt war, daß ich mich nicht um unsinnige Vorschriften scherte. Mein Plan sah jedoch vor, den Pfad des gestohlenen Plutoniums bis zu seinem Bestimmungsort zu verfolgen! Ich war davon überzeugt, daß dort bereits mit waffenfähigem Plutonium hantiert wurde. Wollte man der Plutonium-Mafia nachhaltig das Handwerk legen, dann mußte dort der Angriff erfolgen. Keinesfalls in Rußland – das hatte mir der Vizeminister eindringlich genug verdeutlicht.“
Der Russe hüstelte und nahm erneut einen Schluck, bevor er fortfuhr. „Vier Wochen nach der Versammlung trat ich meinen Jahresurlaub an. Meine Familie hatte ich zuvor zu Verwandten nach St. Petersburg geschickt. Das machten wir Ende des Frühjahrs immer so, wegen der Weißen Nächte. Ich würde nachkommen, auch das war die Regel, nichts Auffälliges also. Ich trug meine Jagdkluft, Tarnanzug und Kampfstiefel, als ich die Unterkunft verließ, auch meine Jagdwaffe hatte ich am Mann. Ich packte den Lada, passierte die Wachen des inneren und äußeren Sicherheitsrings und nahm die Straße nach Nowokusnezk. Tatsächlich umfuhr ich das Areal in südlicher Richtung und stellte den Lada an einer vorher ausgekundschafteten Stelle ab, wo er von der Straße und aus der Luft nicht sichtbar war. Der Standort des Wagens war aufgrund der Straßenführung sechs Kilometer vom äußeren Sicherheitszaun entfernt, in einem äußerst ungemütlichen, sumpfigen Waldgelände, in dem sich freiwillig niemand aufhielt, geschweige, größere Entfernungen zurücklegte. Aus dieser Richtung wurde kein unerbetener Besuch erwartet, darum wählte ich sie. Ich war feldmarschmäßig ausgerüstet: Kompaß, Buschmesser, Feldflasche, Wasserentkeimungstabletten, Insektenspray, sogar zwei Pakete Truppenverpflegung hatte ich dabei, da ich nicht wußte, wie lange ich dort draußen warten müßte. Es war kein Problem, in den äußeren Sicherheitsring einzudringen. Die Posten gingen Doppelstreife, waren in ihr Gespräch vertieft. Sie passierten mich in weniger als vier Metern Abstand, ohne auch nur zu ahnen, wie nah ich ihnen war. Ich wartete, bis sie außer Hörweite waren, dann überkletterte ich den Zaun und machte mich auf den Weg. Es waren noch gut zwei Kilometer bis zum südwestlichen Übergabepunkt. Ich marschierte nach Marschzahl, bei dichtem Baumbestand, insbesondere in sumpfigem Gelände kein Vergnü ...“
Sander ergriff Igors Oberarm. „Du sprachst vorhin von drei Lkw-Zufahrten. Woher wußtest du, zu welcher du gehen mußtest?“
„Aufgrund der Behältermarkierungen hatte ich bald herausgefunden, daß es drei – ich nenne es mal so – ‚Versandbunker‘ gab. Mir war aufgrund der schwierigen Geländeverhältnisse klar, daß dies die Bunker sein müßten, die den jeweiligen Übergabepunkten am nächsten waren. Jeder Behälter wiegt immerhin 162 Kilogramm.“
„Ach, so klein sind die! Ich hatte was castorähnliches im Sinn.“
„Um Gottes Willen, wir entsorgen nicht im Sammeltransport
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