Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
Vom Netzwerk:
die Leiche vor die Türe des Hauses, in welchem die Frauen des Königs lebten. Der König konnte Dabarinkaba nicht gleich sehen, er hörte aber seine Schritte und er sah, als er oben zum Fenster herausblickte, jemand an die Tür seines Frauenhauses gelehnt stehen, der unbedingt ein Mann war.
    Der König ergriff Bogen und Pfeil und schoß einen Pfeil nach dem Mann. Dabei sagte er: »Wer wagt es, nachts in das Frauenhaus eines so großen Königs, wie ich es bin, zu gehen?« Der König schoß einen zweiten Pfeil. Er sagte: »Wer wagt es, nachts in mein Frauenhaus einzudringen?!« Er schoß einen dritten Pfeil ab. Unten am Tor fiel der Körper des Toten um.
    Am anderen Morgen ging der König selbst hinab, um zu sehen, wer da seinen Pfeilen erlegen war. Er sah, daß es sein eigener Sohn war. Da begann er zu klagen: »Ich unglücklicher Mann! Ich hatte nur einen Sohn, der war mein Liebling, und den habe ich selbst erschossen. Oh, ich bin ein unglückseliger Mann!« Alles Volk in der Stadt sagte: »Der König hat heute seinen eigenen Sohn erschossen. Jetzt ist kein Mensch mehr seines Lebens sicher.«
    In der Stadt war ein kleiner, sehr kluger Knabe. Der sagte zum König: »Höre, du warst es ja gar nicht selbst, der deinen Sohn erschossen hat. Ein anderer hat deinen Sohn getötet. Warte bis morgen, so will ich dir den zeigen, der es gewesen ist.« Der König sagte: »Ich habe meinen Sohn selbst erschossen. Wenn du aber irgendeinen Sinn darin siehst, so versuche es festzustellen, ob nicht vielleicht ein anderer die Tat begangen hat.«
    Am anderen Tage nahm der Bursche sein Kulilan u sirife (Rasiermesser). Er tat seine Zaubermittel darauf und warf es in die Luft, damit es die Hälfte des Schädels desjenigen rasiere, der den Sohn des Königs getötet hatte. Das Messer flog auf Dabarinkaba zu und rasierte dem die rechte Hälfte des Schädels.
    Dabarinkaba erkannte aber den Sachverhalt. Er fing das Messer mit der Hand auf, behandelte es mit seinen Zaubermitteln. Darauf flog es über das Land hin und rasierte allen Burschen in der Stadt die rechte Hälfte des Schädels. Die Burschen der Stadt bekamen einen Schreck. Sie machten sich sogleich alle miteinander Mützen und stülpten diese über. Am anderen Morgen ließ der König die Burschen zusammenkommen. Alle kamen, nur Dabarinkaba sagte: »Was soll ich da, es ist ja doch nutzlos.«
    Die Burschen saßen rund herum. Der Berater des Königs trat in die Mitte und nahm dem ersten die Mütze ab. Der Bursche war halb geschoren. Der Berater sagte: »Da ist er ja schon!« Der König sagte: »Laß auch die anderen die Mützen lüften!« Alle Burschen lüfteten die Mützen. Sie waren alle halb geschoren. Der König sagte: »Es nützt nichts; glaube mir, ich habe es selbst getan!« Der Berater sagte: »Laß es mich noch einmal versuchen.« Der Knabe nahm wieder sein Kulilan u sirife, tat seine Zaubermittel darauf und schleuderte es in die Luft. Das Messer schnitt in das linke Ohr Dabarinkabas einen tiefen Schnitt. Dabarinkaba fing aber das Messer auf, tat seine Zaubersprüche dazu und warf es wieder in die Luft. Das Messer schnitt in alle linken Ohren der sämtlichen Burschen der Stadt dieselbe Lücke. Die Burschen wurden wieder zusammen berufen, und der König sah wieder, daß alle gleich gezeichnet waren. Darauf sagte er zu seinem Ratgeber: »Laß jetzt alles Weitere! Ich weiß jetzt bestimmt, daß ich meinen Sohn selbst getötet habe. Wenn du so fortfährst, dann wirst du uns alle noch töten.«
    Seit dieser Zeit stammt die Sitte der Leute, Mützen zu tragen. Früher war das nicht so. Seitdem wollen aber schon die kleinsten Buben Mützen haben.

Des Häuptlings Söhne
    Togo-Bassari
    Ein großer und sehr reicher Häuptling hatte sechs Frauen, von denen er je einen Sohn hatte, und eine ganz junge Frau, die sehr schön war. Die sechs Söhne des Häuptlings waren erwachsen. Sie hüteten jeden Tag die Ochsen und Kühe des Häuptlings. Eines Tages hüteten sie draußen bei den Farmen die Kühe. Sie hatten Jams gegessen. Sie sprachen miteinander.
    Der älteste Sohn sagte: »Ich möchte einmal während sechs Tagen alle Kühe meines Vaters haben. Ich würde sie mir dann alle jeden Tag vorführen lassen, würde täglich einige schlachten, würde das Fleisch verteilen und alles verbrauchen. Am siebenten Tage würde ich dann meinetwegen mich selber töten. Aber während der sechs Tage möchte ich das einmal ganz nach meinem Kopf betreiben.«
    Der zweite Sohn sagte: »Ich möchte einmal während

Weitere Kostenlose Bücher