Das scharze Decameron
aber weinte und sagte: »Du Feigling, du elender Flüchtling! Du sollst nie wieder mein Lager teilen!« Goroba-Dike legte sich gleichgültig in einen Winkel.
Bis zum Abend saßen die Fulbe zusammen und sprachen über den Tag. Der eine sagte: »Als ich jenen Teil der Burdam zurückwarf –«, der andere sagte: »Als ich dort die Burdam auseinandersprengte –«, der Dritte sagte: »Als ich die Hauptmasse der Burdam in die Flucht jagte –«. Viele aber spotteten und fragten Kode Ardo: »Wo ist denn eigentlich dein Mann geblieben?« Kode Ardo sagte: »Laßt mich. Mein Vater hätte mich lieber mit einem Affen verheiraten sollen, als mit diesem Feigling. Oh, wie ich mich schäme.«
Es wurde Nacht. Die Fulbe begaben sich wieder in die Häuser. Kode Ardo konnte nicht schlafen. Sie dachte an ihren feigen Mann und an den tapferen Fremden, der sie gerettet hatte. Um Mitternacht sah sie zum Lager ihres Mannes hinüber, der auf der anderen Seite des Raumes schlief. Sie sah, daß ihm das Kleid zur Seite geglitten war, – sie sah, daß die Lumpen heruntergefallen waren, – sie sah Blut. Sie erhob sich und sah scharf hin. Das Blut tropfte aus einem Verband von dem Schenkel herab, und der Verband war ein Teil ihres Kleides. Das war der Teil des Kleides, den sie heute sich selbst heruntergerissen hatte, um den tapferen fremden Fulbe damit zu verbinden. Der Verband lag auf dem Schenkel ihres Mannes, der mit dem Esel zurückgeritten war. Kode Ardo stand auf, ging zu ihrem Mann, beugte sich weit über ihn und fragte: »Goroba-Dike, wo empfingst du diese Wunde?« Goroba-Dike sagte: »Überlege es dir!« Kode Ardo fragte: »Wer riß sich das Kleid ab und legte es dir als Verband um?« Goroba-Dike sagte: »Überlege es dir!« Kode Ardo fragte: »Wer bist du?« Goroba-Dike sagte: »Der Sohn eines Königs.« Kode Ardo sagte: »Ich danke dir.« Goroba-Dike sagte: »Sage es vorerst nicht weiter. Mache aber Carite (Baumbutter) warm und lege sie mir auf die Wunde.« Kode Ardo holte Baumbutter. Sie machte sie warm. Sie träufelte sie auf die Wunde. Sie band den Verband um. Dann schlich sie hinaus. Sie ging zu ihrer Mutter, setzte sich bei ihr nieder, weinte und sagte: »Mein Mann ist kein Feigling – er ist kein Flüchtling. Er ist der Mann, der heute die Stadt vor den Burdam gerettet hat. Sage es aber niemand.« Dann schlich sie zurück.
Am anderen Tage bestieg Goroba-Dike wieder seinen Esel und ritt in das Gehöft des Dimadio, in dem er seinen Mabo, seine Kleider und Waffen und sein Pferd zurückgelassen hatte. Er sagte zu seinem Mabo: »Alal, heute ist der Tag gekommen, da wir uns wirklich und wie wir sind in Sariam und vor dem stolzen Hamadi Ardo vorstellen können. Rüste also mein Pferd. Rüste auch das deine.« Goroba-Dike kleidete sich und nahm seine Waffen. Er ritt in Sariam ein. Sein Mabo folgte ihm. Er stieg auf dem großen Platz ab, wo viele Fulbe versammelt waren. Dann schlug der Mabo die Pferdepflöcke in die Erde. Sie waren von Silber.
Goroba-Dike rief seine Frau herbei. Sie begrüßte ihn und sie lachte. Dann wandte er sich zu den Fulbe und sagte: »Ich bin Goroba-Dike, und das hier ist meine Frau Kode Ardo. Ich bin der Sohn eines Königs und bin es gewesen, der gestern und vorgestern die Burdam geschlagen hat.« König Hamadi Ardo sagte: »Das glaube ich nicht. Wir haben dich nur immer auf einem Esel gesehen.« Goroba-Dike sagte: »So frage die, die mit im Kampfe waren.« Die anderen sagten: »Es ist so!« Nur die ersten zwei Schwiegersöhne des Königs sagten: »Es ist nicht sicher.« Darauf zog Goroba-Dike die beiden Ohren hervor und fragte: »Nun, kennt ihr denn diese Ohren nicht wieder?« Da gingen die beiden still zur Seite.
König Hamadi Ardo aber trat an Goroba-Dike heran. Er kniete vor ihm nieder und sagte: »Verzeihe mir! Nimm aber das Königreich aus meinen Händen.« Goroba-Dike sagte: »König Hamadi Ardo, ich bin nicht weniger als du. Ich bin auch ein Ardosproß. Wenn ich nun König bin, so befehle ich als erstes, daß man dem Schmied, der mich mehrfach verhöhnt hat und doch nichts anderes ist als ein Schmied, fünfzig mit dem Knotenstock auf den Hintern zähle!« So geschah es.
Die kluge Hatumata Djaora
Sahel
Nach der Zeit gab es in Wagadu eine Frau, die war wunderbar schön. Sie war noch schöner als Sia Jatta Bari und hieß: Hatumata Djaora, denn sie war aus der Familie der Djaora. Sie war die Schönste im ganzen Lande und ihr Vater sagte: »Ich will nicht, daß du je einen Mann heiratest, den du
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