Das scharze Decameron
plaudernd umher. Dann kam die stolze, kleine Tochter des Königs, Kode Ardo, aus ihrem Hause, zog den Silberring von ihrem Finger und suchte unter den Anwesenden einen Mann, der ihn auch über den kleinen Finger streifen könne. Der eine konnte ihn nicht einmal auf die Spitze setzen. Der zweite schob ihn mit knapper Not bis an das erste Gelenk. Einige wenige brachten ihn bis gegen das zweite Gelenk hin, aber darüber hinaus war er nicht mehr zu verschieben – auch nicht von einem einzigen mit der unglaublichsten
Anstrengung. Denn von allen diesen hätte jeder herzlich gern Kode Ardo zur Frau gehabt. Sie zu besitzen galt als Beweis der Rassenreinheit. Sie war die Tochter des Königs. Sie brachte ihren Mann in ein wohlhabendes Anwesen.
Am darauffolgenden Morgen spielte sich die gleiche Sache ab. Wieder fand sich unter all den Fulbe, die von nah und fern herbeigekommen waren, nicht einer, der den Ring aufzusetzen imstande gewesen wäre. An diesem Tage war aber die Geduld des Hamadi Ardo bis aufs äußerste erschöpft. Er sagte zu seiner Tochter: »Du wirst nunmehr den ersten besten heiraten.« Der Schmied, bei dem Goroba-Dike in Arbeit stand, war unter denen, die das hörten. Er sagte: »Ach, in meinem Hause arbeitet jetzt ein Mann. Der ist nicht sauber gekleidet. Er kommt aus dem Lande. Er sagt er sei ein Pulo und man sieht es ihm auch an, daß er ein Fulbe ist.« Hamadi Ardo sagte: »Bringt mir diesen Mann herbei. Er soll auch versuchen, den Ring meiner Tochter überzuziehen.« Der Schmied und einige Leute gingen zu Goroba-Dike und sagten zu ihm: »Komm schnell, der König will dich sprechen.« Goroba-Dike sagte: »Was, mich will der König sprechen? Ich kann da nicht hingehen, ich habe ja ganz schmutzige und zerrissene Kleider an.« Der Schmied sagte: »Komm nur, der König will es so.«
Goroba-Dike ging mit dem Schmied auf den großen Platz, wo der König Hamadi, Kode Ardo und alle Vornehmen standen. Er ging in zerlumpten Kleidern. Der Schmied sagte: »Hier ist er.« Hamadi Ardo fragte ihn: »Du bist ein Fulbe?« Goroba- Dike sagte: »Ja, ich bin ein reiner Fulbe.« Hamadi Ardo sagte: »Wie heißest du?« Goroba-Dike sagte: »Das werde ich nicht sagen.« Hamadi Ardo nahm den Ring seiner Tochter und sagte: »Versuche diesen Ring über den kleinen Finger deiner Hand zu schieben.« Goroba-Dike nahm den Ring und schob ihn über den Finger. Der Ring paßte. König Hamadi Ardo sagte: »Du wirst meine Tochter heiraten.«
Da fing Kode Ardo an zu weinen und sagte: »Nein, diesen Mann von dem Lande, diesen häßlichen, schmutzigen Menschen will ich nicht heiraten.« Der König aber sagte: »Es war dein eigener Wille. Nun wirst du den Mann heiraten.« Kode Ardo weinte den ganzen Tag, aber sie mußte den schmutzigen Goroba-Dike heiraten. Man feierte am gleichen Tage die Hochzeit. In dieser Nacht schon schlief Goroba-Dike bei seiner Frau. Am anderen Tage weinte Kode Ardo. Sie weinte den ganzen Tag und sagte: »Oh, an welchen schmutzigen Menschen hat mich doch mein Vater verheiratet.«
Eines Morgens kamen die Burdam ins Land und raubten das gesamte Rindvieh König Hamadi Ardos und der Stadt Sariam. Es kamen die Hirten angelaufen und meldeten: »Die Burdam haben alles Rindvieh geraubt. Ihr müßt sie sogleich verfolgen.« Alle Leute der Stadt rüsteten sich. Goroba-Dike lag müßig in einer Ecke. König Hamadi Ardo trat zu ihm und fragte ihn: »Willst du nicht ein Pferd besteigen und auch mit in den Krieg ziehen?« Goroba-Dike sagte: »Auf ein Pferd steigen? Ich habe noch nie ein Pferd bestiegen. Ich bin das Kind armer Leute. Gebt mir einen Esel. Auf einem Esel kann ich mich halten.« Korde Ardo weinte. Goroba-Dike bestieg seinen Esel, hieb auf ihn drauf und ritt nach einer anderen Richtung fort als die Kriegsschar. Kode Ardo weinte und weinte. Sie sagte: »Vater, Vater, welches Elend hast du mir aufgeladen.«
Goroba-Dike ritt zu dem Dimadioweiler, wo er sein Pferd, seine Waffen und seinen Mabo zurückgelassen hatte. Er sprang vom Esel und sagte: »Alal, ich habe geheiratet!« Der Mabo sagte: »Was, du hast geheiratet? Wen hast du geheiratet?« Goroba-Dike sagte: »Ich habe das stolzeste Mädchen der Stadt geheiratet, Kode Ardo, die Tochter des Königs Hamadi Ardo.« Der Mabo sagte: »Was, solch ein Glück hattest du?« Goroba -Dike sagte: »Ja, heute gibt's aber noch etwas anderes. Die Burdam haben das Rindvieh meines Schwiegervaters gestohlen. Nun gib mir schnell die Kleider und Waffen, rüste mein Pferd, ich will den
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