Das scharze Decameron
anfallen. Er warf ihm den dritten Knochen hin. Hinter dem Torweg teilte sich der Weg, der eine führte nach rechts, der andere nach links. Kide sah scharf hin. Auf dem linken Weg lagen Tommonokerne. Er zog den Kern, den er von der dritten Schüssel genommen hatte, aus der Tasche, legte ihn vergleichend neben den Haufen von Tommonokernen und wählte diesen linken Weg. Danach betrat er einen Platz, an dem lagen vier Häuser mit vier Türen in einer Linie. Er bemerkte, daß drei der Häuser mit Holztüren, das vierte aber mit einer Rohrplatte halb geschlossen war. Vor der Strohtür lag ein weiß leuchtender Baumwollsamen. Kide nahm den Baumwollsamen und das Strohstückchen, welche beiden Sachen er von der Speise Hatumatas genommen hatte, aus der Tasche, legte den Baumwollsamen vergleichend neben den weißen Flocken am Boden, das Strohstück neben die Tür.
Danach trat er in die halb geöffnete Tür. In diesem Augenblick streckte sich Hatumata derart, daß der vorgehängte Stoff in den Schnüren riß und herunterfiel. Kide trat zu ihr. Hatumata sagte: »Was willst du hier?« Kide sagte: »Du gefällst mir.« Hatumata fragte: »Wie kommst du her?« Kide sagte: »Du sandtest mir am ersten Tage ein Gericht mit vier roten Kolanüssen. Man fügt sonst nicht zum Brei Kolanüsse. Es mußte mir dies um so mehr auffallen, als alle vier rot waren und daß daneben ein Knochen mit allzu wenig Fleisch für einen Menschen lag. Ich schloß daraus, daß ich nicht zu dir kommen dürfe, weil du die Regel hast, denn alle vier Kola waren von der roten Art. Der Knochen mußte aber bestimmt sein für den Hund, der in deinem Torweg lag. Am zweiten Tage sandtest du mir zwei rote, zwei weiße Kolanüsse – also war deine Regel schon nahe dem Ende. Dann war da ein zweiter Knochen, der mir anzeigte, daß im zweiten Torhof ein zweiter Hund zu überwinden war. Am dritten Tage erhielt ich vier weiße Kolanüsse, und wußte, daß deine Krankheit beendet war. Ich fand außerdem den Deckel über der Speise nur halb geschlossen und mußte annehmen, daß du deine Tür nur halb geschlossen hättest und mich in der Nacht erwartetest. Aus dem Knochen schloß ich, daß ich noch einen Torweg durchschreiten müßte, in dem abermals ein Hund liege. Der Strohhalm, Tommonokern und Baumwollsamen mußten mir irgendwelche Angaben über den Weg zu bieten haben, und somit steckte ich sie in die Tasche. Nachts machte ich mich auf den Weg. Wie ich angenommen hatte, lagen drei Torweghäuser hintereinander, in deren jedem ein Hund zu beruhigen war. Ich gab die drei Knochen und war nicht in Versuchung, den richtigen Weg nach rechts und links zu verlassen. Nach den drei Torhäusern teilte sich der Weg. Ich fand aber sogleich die rechte Straße, denn links lagen Tommonokerne. Weiterhin kam ich an einen Platz, an dem vier Häuser mit vier Türen waren. Ich konnte nicht fehlgehen, denn drei Häuser waren mit Holztüren geschlossen, nur eine mit einer Strohplatte. Hier mußtest du wohnen und auf mich warten, denn einmal hattest du mir einen Strohhalm gesandt, zum zweiten einen Baumwollflocken, wie auch ein solcher durch die Nacht vor deiner Tür leuchtete und endlich war die Strohtür nur halb geschlossen, gleichwie die Speise heute nur zur Hälfte bedeckt war. Also sagte ich mir, daß ich eintreten dürfte. Daß ich alles recht verstanden habe, erkannte ich daran, daß, als ich eintrat, du dich so lang strecktest, daß die Schnüre deines Vorhanges rissen und er herabfiel, so daß du jetzt in deiner Schönheit mich begrüßt.«
Da sagte Hatumata Djaora: »Komm!«
In dieser Nacht beschlief Kide Hatumata. Am anderen Morgen brach er auf und sagte zu seinem Weibe: »Ich will in mein Dorf gehen und meinem Vater erzählen, daß ich geheiratet habe. Dann komme ich, wenn sonst nichts geschieht, wieder.« Er nahm Abschied und machte sich auf den Weg. – Die wohlhabenden Leute von Wagadu waren darüber wütend, daß Kide, der nicht einmal aus der Hauptstadt war, Hatumata Djaora erlangt hatte und beschlossen, sich hierfür zu rächen. Sie hörten, daß sich Kide aufmachte, um heimzukehren und seinem Vater die Nachricht von seiner Heirat zu bringen. So machten sich denn sieben bewaffnete Leute auf den Weg, um ihn irgendwo abzufangen und zu töten. Sie versteckten sich im Busch.
Nach einiger Zeit kam Kide. Die sieben Mörder umringten ihn und sagten: »Wir wollen dich töten. Wie kannst du es wagen, die Frau zu nehmen, die wir alle nicht zu erreichen vermochten; wir werden dich
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