Das scharze Decameron
nicht selbst erwählt hast. Ich werde dir keinen Mann aufdrängen. Dein Wille ist frei!« Hatumata sagte: »Wenn ein Mann reich ist, wenn er viele Pferde und Herden hat, so werde ich ihn deswegen nicht heiraten, denn ich liebe nicht die reichen, ich liebe nur die klugen Männer.« Der Vater richtete für Hatumata ein großes Gehöft ein, darin lebte sie mit ihrer Mutter. Das Gehöft hatte drei Torhäuser. In jedem Torhause waren einige Gefangene und ein Hund als Wächter.
Es kamen nun viele Leute, die um Hatumata warben, da sie so schön war. Wer einen Ochsen hatte, der bot einen Ochsen, wer zwei Ochsen hatte, der bot zwei Ochsen, wer zehn Ochsen hatte, der bot zehn Ochsen, wer zwanzig Ochsen hatte, der bot zwanzig Ochsen. Hatumata antwortete aber: »Ich heirate nicht nach Ochsen, sondern ich heirate nach dem Kopfe, nach der Klugheit eines Mannes.« Der Vater hatte einen alten Hörigen, der hieß Alanj. Bei dem mußten alle Leute absteigen, die sich um Hatumata bewarben. Es kamen viele Leute. Es kamen auch einmal Leute aus Segu. Der Vater Hatumatas sagte: »Wohnt bei Alanj, meine Tochter wird euch Essen senden.« Hatumata sandte mit dem Essen einen kleinen Hörigen. Sie sagte zu dem Hörigen: »Achte genau darauf, wie die Leute das essen, was ich ihnen sende. Achte darauf, was sie sprechen. Nachher trage die leeren Kalebassen fort und bringe sie mir.« Hatumata sandte als Essen eine Schüssel mit Brei und legte darauf ein Stück Kuchen mit wenig Fleisch und vier rote Kolanüsse. Der kleine Hörige ging hinüber und brachte das Essen hin. Er setzte sich zur Seite nieder. Die Fremden griffen, ohne etwas zu sagen, in die Schüssel und aßen alles auf. Der kleine Hörige kam dann herbei, ergriff die leeren Kalebassen und brachte sie seiner Herrin. Hatumata fragte: »Wie ist es verlaufen?« Der kleine Hörige sagte: »Sie haben ohne ein Wort zu sagen alles aufgegessen.« Hatumata sagte: »Bestelle den Leuten, sie sollten sogleich wieder abreisen. Mit solchen Leuten habe ich gar nichts zu tun.« Der Knabe bestellte es. Die Leute gingen von dannen. So verlief es mit sehr vielen Leuten. Hatumata antwortete jedesmal: »Solche Leute heirate ich nicht.«
Im Lande Wagadu war ein Mann, der hieß Kide Djaora, stammte also aus der gleichen Sippe wie Hatumata. Kide sagte: »Wenn Hatumata sagt, sie heirate nicht nach Ochsen, sondern nach dem Kopfe und der Klugheit, dann will ich einmal versuchen, ob es mir gelingt, sie zum Weibe zu erhalten, dann wird das wohl kaum einem anderen besser gelingen, als mir.« Er machte sich mit einem alten und einem jungen Begleiter auf den Weg und langte in der Hauptstadt an. Er kam zu dem Vater Hatumatas. Er sagte: »Ich möchte deine Tochter heiraten.« Der Vater sagte: »Geh und schlafe bei meinem alten Hörigen Alanj. Meine Tochter wird dir das Essen senden.« Die drei Leute stiegen also ebenfalls bei Alanj ab.
Hatumata stellte inzwischen den Brei her, legte vier rote Kolanüsse und einen Knochen mit wenig Fleisch darauf und sagte zu dem kleinen Hörigen: »Bringe das zu Kide und seinen Begleitern. Merke sehr wohl auf, wie sie das essen und berichte mir, wenn du die Kalebassen zurückbringst, ganz genau.« Der kleine Hörige brachte das Essen in das Haus Alanjs zu den drei Gästen und merkte genau auf, was sich ereignen würde. Kide sah auf die Schüssel. Er nahm den Knochen mit dem wenigen Fleisch, legte ihn beiseite und sagte: »Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, jemand, der danach Hunger hat.« Dann nahm er die vier roten Kolanüsse beiseite und begann den Brei mit den Kameraden zu essen. Endlich legte er die roten Kolanüsse wieder in die leere Kalebasse und ließ sie durch den kleinen Sklaven zu Hatumata zurücktragen. Hatumata nahm die Kalebasse mit den vier roten Kolanüssen und fragte: »Wie ist es gegangen?« Der Hörige sagte: »Kide hat den Knochen mit dem wenigen Fleisch zur Seite gelegt und gesagt: ›Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, jemand, der danach Hunger hat.‹ Dann legte er die Kola beiseite, aß mit den Kameraden den Brei und legte die roten Kolanüsse wieder in die Kalebasse.« Hatumata sagte: »Kide kann bis morgen bleiben. Das sind andere Leute.« Der kleine Sklave ging zu den drei Männern hin und sagte: »Ihr könnt bis morgen bleiben.«
Am anderen Tage sandte Hatumata eine Schüssel mit Brei, auf dem zwei rote Kolanüsse, zwei weiße Kolanüsse und ein Knochen mit wenig Fleisch lagen. Kide betrachtete das Gericht. Er
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