Das Schattenreich von Morin
seinem Stiefvater das Fläschchen, das nicht größer war wie der kleine Finger an der Hand. Gotar langte in die Tasche und holte eine dünne Kette hervor und befestigte das Fläschchen daran. »Trage sie immer bei dir.«
»Wieso? Ich möchte das nicht benutzen.«
»Ja, ich weiß, keiner will das, aber wenn du einmal eine Schlacht miterlebt hast, weißt du, warum du es bei dir haben solltest. Stell dir vor, du wirst im Kampf schwer verletzt, bist alleine, niemand wird dir helfen können, qualvoll am Leben. Du wärst dankbar für das Gift und vielleicht brauchst du es nicht, aber vielleicht ein anderer, er wird dir dankbar sein! Glaube mir, verstehst du?«
»Ich denke ja.« Tief im Inneren sagte ihm sein Gefühl, dass Landurin und Gotar es nur gut mit ihm meinten. Es graute ihm jedoch davor, er strich den Gedanken aus seinem Bewusstsein.
Gotar gab Lorbo noch einen grauen Umhang. »So, wir sind fertig, ich glaube die anderen auch, schau, ob wir irgendetwas verges sen haben, man weiß ja nie.« Und Lorbo überdachte alles Eingepackte noch einmal.
Etwas fehlte, dann kam ihm der Gedanke. »Feuerstein!«, rief er zu Gotar. »Mmh, ja, du hast Recht, frag Mandor, ob er für uns welche hat.«
Lorbo rief zu Mandor: »Hättest du für mich und meinem Vater noch ein paar Feuersteine?« Mandor griff in seinen Rucksack und holte ein Säckchen hervor. »Hier, es sind genügend da, verteil den Rest an die anderen.« Lorbo reichte seinem Stiefvater die Feuersteine, zwei behielt er für sich. »Gut, dann haben wir alles, denke ich.«
Die beiden gingen wieder an die Feuerstelle und setzten sich zu dem nachdenklichen Landurin, währenddessen Habita und die anderen wieder versuchten, die Höhle in den Ursprungszustand zu versetzen, wie sie einst war. Sie packten ihre restlichen Habseligkeiten, verstreuten Staub und Erde auf ihren Spuren, die sie während ihres Aufenthaltes hinterlassen hatten.
Die beiden Zwelfs spaßten mit den anderen, foppten hin und wieder auf ihre eigentümliche Zwelfweise den Zwerg, der ihnen jedoch Paroli zu bieten wusste, man bemerkte, die Stimmung in der Gruppe war fröhlich und ausgelassen.
Landurin trank seinen Kräutertrunk, er strahlte eine solche Ruhe und Selbstsicherheit aus, dachte schweigend Lorbo. Dieser Hüne war so undurchschaubar und doch so anziehend, der Druide unterhielt sich mit den beiden, Lorbo und Gotar, über den morgigen Tag.
Es vergingen ein paar Stunden, bis sie alle am Feuer saßen, Dragon sprach in die Runde: »Ab morgen geht unsere ungewisse Reise los, habt ihr alle eure Ausrüstung überprüft und nichts vergessen?«
Es kam die Antwort. Dragon wusste, dass er erfahrene Mitstreiter an seiner Seite hatte und dass sie sich auskannten. »Gut. Landurin, ich schlage vor, dass meine Gruppe schon heute Nacht zur Ruine aufbricht.
Es sind zwei Wegstunden von hier entfernt.« Landurin stimmte dem Elb zu.
»Du hast Recht, ihr werdet am frühen Morgen dort ankommen. Entfacht ein schönes Feuer und bleibt, bis ihr entdeckt werdet.«
Morgen Nacht treffen wir uns dann in Gons Klamm am Schluchteingang und machen uns auf den Weg zu den Klippen, dort warten wir ab, bis wir die herannahenden Segelschiffe und Fregatttransporter am Horizont ausmachen.«
Dragon schaute seine Mitstreiter an. »Fobo, Robo, habt ihr alles? Mandor, bist du bereit?« »Ja«, erwiderten die Zwelfs, »von uns aus kann’s losgehen.« Mandor schaute in die Runde, sprach: »Wünscht uns allen Glück, wir werden es brauchen, wir sehen uns, wenn alles nach Plan läuft, morgen Abend bei den Klippen.«
Die Vierer-Gruppe verkleidete sich wie besprochen, Dragon warf sich einen Umhang über in Grau, den er von Landurin bekommen hatte. Sie nahmen ihre gepackten Rucksäcke und schulterten sie, bewaffneten sich mit ihren Waffen, verabschiedeten sich gegenseitig mit einem festen Händedruck. Der Zwerg verabschiedete sich als Einziger mit der Sprache der Zwerge bei den Minen von Lopka: »Unser Plan mag töricht sein, mögen uns unsere Ahnen beistehen.«
Die beiden Zwelfs winkten ihm zu, klopften sich auf die Brust und antworteten in Zwergisch: »Bei Helms Hammer.«
Die Gruppe trat in die Nacht hinaus und verschwand, der Rest von ihnen blieb am Feuer sitzen. Allen war klar, dass es von nun an kein Zurück mehr gab.
Das war der Tag des Aufbruchs.
Morin, Morin vom Tal zur Küste weites Land
Ich reise nun von einem End zum anderen End.
Einer, der nicht weiß, wohin die Reise geht
Der sollte stets das Ziel für alte
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