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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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ich nicht laut aus.
    «Ja. Und es besteht noch eine Gefahr. Sein Bruder Francesco ist der Erbe seines Anwesens und giert jeden Tag danach, es endlich in die Finger zu bekommen. Er wird alles tun, um seinen Bruder daran zu hindern, dich zu heiraten. Ich mache keine Scherze, Liebste. Er ist ein verzweifelter Mann.»
    Ich packte Renzos Hände noch fester. Von diesen ganzen Intrigen wurde mir ganz schummerig.
    «Carinna, ich werde meine Stelle bei ihm aufgeben. Ich mache da nicht länger mit. All die Beweise seiner Liebe, die ich für dich geschaffen habe – mir wird davon ganz schlecht. Darum habe ich mit ihm gestritten. Und ich habe gehört, dass er jetzt bei seinem Notar in Rom ist. Es geht bestimmt um die Frage, wie er es am besten anstellt, dich zu heiraten.»
    Ich klammerte mich an ihn und spürte, wie rau seine Wange war, verglichen mit seinem weichen Mund. «Was soll ich nur machen?», flüsterte ich an seinem kräftigen Hals.
    «Du musst von hier fort.»
    «Das will ich ja», antwortete ich und sah ihm in die Augen. «Aber ich kann nicht. Da ist Biddy. Ihre Stunde kann jetzt jeden Tag kommen.»
    Ungeduld ließ seine nächsten Worte brutal klingen. «Kannst du sie nicht in einem Wirtshaus zurücklassen? Für eine Pflegerin bezahlen?»
    Weil ich ihm so gern gefallen wollte, zog sich mein Herz schmerzlich zusammen. «Lass mich nur noch ein bisschen bleiben», sagte ich. Doch nach der Geburt würde es lange dauern, bis Carinna wieder reisefähig war. Sie hatte nicht die Kraft einer arbeitenden Frau, die schon eine Woche nach der Niederkunft wieder auf den Beinen war. In diesem Moment reifte die unangenehme Erkenntnis in mir, dass Carinna nicht die faule und zugleich starke Frau war, die ich damals in Mawton kennengelernt hatte. Sie war eine schwache, kraftlose Kranke. Ihre Reise zurück nach England würde mächtig langsam und mit großer Vorsicht vonstattengehen müssen. Nachdem Jesmire fort war, wäre ich ihre einzige Hoffnung auf anständige Pflege. Ich konnte sie nicht im Stich lassen.
    Ich schloss die Augen und ließ den Kopf an seine starke Schulter sinken. Wie sehr ich mir wünschte, all meine Probleme könnten sich einfach in Luft auflösen!
    «Ich muss nur noch ein paar Dinge erledigen», sagte er. «Dann muss ich verschwinden. Der Conte hat schon einen neuen Koch eingestellt.» Mit beiden Händen drehte er sanft mein Gesicht zu sich. Ich wollte in seinen nachtschwarzen Augen versinken, aber sein Blick war hart. Ich sah darin eine Frage aufblitzen, die zu stellen er jedes Recht hatte.
    «Du verstehst doch, was das heißt, Carinna? Ich werde alles tun, um mit dir zusammen zu sein. Also sag mir jetzt die Wahrheit. Machst du dir nicht so viel aus mir wie ich mir aus dir?»
    «Doch», flüsterte ich. «Das weißt du ganz genau.»
    «Dann verschwinde mit mir.»
     
    Ich eilte zurück zur Villa, und nun war mir noch unbehaglicher zumute als vorhin bei meinem Weggang. Der Mond stand hoch am Himmel, ihm fehlte nur eine Fingernagelbreite zum Vollmond. Ich hielt mich auf der Straße im Schutz der Bäume und war froh, den dunklen Mantel meiner Herrin bei mir zu haben. Die Nacht schien von der gespeicherten Wärme des Tages zu beben, und Mücken tanzten wild durcheinander in der Luft. Auf dem Rückweg klang mir noch Renzos Flehen im Ohr. Möglichst vorsichtig zog ich das quietschende Tor auf und trippelte das helle Band der Einfahrt hinauf. Als ich zwischen den Zitronenbäumen entlanglief, kam Wind auf, blies mir heiß ins Gesicht und ließ die Blätter rascheln wie bebende Samenhülsen. Dann konnte ich endlich das Haus mit den pockennarbigen Marmorstatuen sehen, die auf der Terrasse warteten. Die blinden Fenster reflektierten das Mondlicht. Nein, hinter einem Fenster sah ich das flackernde Gold einer Kerze. Meine Herrin war wach. Ich wusste, es war schon nach ein Uhr morgens, denn ich hatte die Kirchturmglocke von Ombrosa schlagen hören. Ich rannte sofort los, über das ausgebleichte Pflaster und durch die Eingangstür in die Schwärze der Halle. Aus der Küche konnte ich Bengos Winseln hören und war froh, ihn dort vor meinem Weggang eingesperrt zu haben. Sonst war niemand da, weshalb ich mich die Treppe zum Gemach meiner Herrin hochtastete.
    Ihre Wehen hatten eingesetzt. Meine arme Herrin wand sich stöhnend in den Laken, und die feuchten Haare klebten an ihrer Stirn. Das Gesicht war vor Schmerz verzerrt.
    «Ich bin hier.» Ich nahm ihre Hand, die sich heiß und klebrig anfühlte.
    «Gott sei Dank, Biddy!»,

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