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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Liebe.»
    Aber sie ließ sich nicht beruhigen. Ihre Finger krallten sich in meinen Arm. «Es stimmt. Hör zu. Wir haben etwas Böses getan, und ich muss es beichten.»
    «Dies ist nicht der richtige Moment, um …»
    «Um Gottes willen, hör mir zu, Biddy!» Sie verstummte und versuchte, wieder Luft zu schöpfen. Ihr Mund war so farblos, dass er fast tintenblau aussah. Ich starrte hoffnungsvoll zum Fenster und lauschte, ob endlich Hufschläge in der Auffahrt ertönten, aber nichts konnte meine Sorge mildern.
    Sie leckte über die trockenen Lippen und fuhr fort: «Gemeinsam haben wir uns gegen den alten Mann verschworen. Das war alles nur ein Plan. Wegen seines Geldes.»
    Ich hörte zu, obwohl ich nichts davon wissen wollte.
    «Jesus vergib mir», sagte sie. «Ich werde sterben. Das weiß ich.»
    Ich konnte ihren flehenden Blick nicht erwidern. Dann rollte die nächste Wehe über sie hinweg, und sie krümmte sich zusammen und drückte meine Hand so heftig wie mit einer Krebsschere. Als die Wehe vorbei war, starrte sie mich aus glasigen Augen an. Ihre Lippen bewegten sich wieder und formten atemlos Worte. «Wir waren arm. Ich brauchte es. Das Geld.»
    «Vergesst das jetzt», sagte ich, denn solches Gerede machte mich krank. Selbst mit allem Geld der Welt kann man kein Leben kaufen, dachte ich grimmig.
    «Der Arzt?» Stumpfsinnig starrte sie ins Leere.
    «Er kommt bestimmt bald.» Doch ich spürte bereits, wie die Hoffnungslosigkeit Besitz von ihr ergriff.
    Etwas später schaute sie mich an, und ihre Augen waren so tief eingesunken, dass ich nicht wusste, ob sie mich wirklich sah. «Ich muss eine schreckliche Sünde gestehen …»
    «Still jetzt. Ihr habt es mir bereits gesagt.»
    «Nein, schlimmer …»
    Die quälenden Wehen setzten wieder ein, und sie musste sogar kämpfen, um die Knie anzuheben. Wenn sie doch nur das Kind zur Welt bringen könnte, betete ich, vielleicht wurde dann alles wieder gut. Aber als sie zu pressen versuchte, war sie schon zu schwach, und der Schmerz schien sich in ihr festzukrallen. Es war eine Pein, sie zu beobachten.
    «Das Kind», flüsterte sie so leise, dass ich sie kaum hören konnte. Ich senkte den Kopf und spürte ihren Atem, der heiß und säuerlich über meine Wange strich. «Pass gut darauf auf, Biddy.»
    «Ihr werdet überleben, meine Liebe», flehte ich sie an. «Ihr werdet leben und Euch selbst darum kümmern.»
    «Gib den Edelstein Kitt», sagte sie zwischen einzelnen Japsern. Dann: «Nicht Pars. Kitt.»
    Es war merkwürdig, das zu sagen, aber sie hatte beim Tod ihrer Mutter geschworen, immer für ihren Bruder zu sorgen. Ehe sie mehr sagen konnte, wurde sie wieder vom Schmerz überwältigt. Ich habe nie einen Körper so leiden sehen wie ihren. Sie war zu schwach, um zu schreien; ihr Leib bäumte sich auf wie unter Folter. Dann kam ein Moment, da sie gar nicht mehr atmen konnte und ihre Kehle einen quälend krächzenden Laut von sich gab bei dem Versuch, nach Luft zu schnappen. Ich versuchte sie hochzuheben, obwohl meine Hände zitterten und bebten. Dann spürte ich eine Schockwelle durch ihren Körper zucken, als würde ein unsichtbarer Prügel auf ihre Brust niedersausen. Die Kraft dieses Krampfs war so heftig, dass sie reflexartig die Arme nach oben riss.
    «Mylady, richtet Euch auf.» Ich zog an ihren Schultern und versuchte erneut, sie aufzurichten. Ihr Kopf kippte nach vorne. Ein grünlicher Spuckefaden hing aus ihrem offenen Mund.
    «Mylady!»
    Erneut zerrte ich an ihr, da sah ich den starren Blick ihrer Augen. Ihr Mund stand offen und war bläulich verfärbt. Ihre Seele hatte den Körper verlassen, einfach so.
    «Carinna!», rief ich und kroch wieder zu ihr aufs Bett. «Sprich mit mir, Liebes.» Ihre Lippen blieben starr, die Augen bewegten sich nicht ein Jota. Ich streichelte ihre Wange, die noch warm war, aber sehr starr.
    Ich wusste, es war vorbei. Und es brach mir das Herz, was mit meiner Herrin passiert war, dass ich wie ein enttäuschtes Kind in Wehklagen ausbrach. Meine arme Herrin, schluchzte ich. Sie war den ganzen Weg hierhergekommen und starb ohne Freunde und Verwandte. Zärtlich wischte ich ihr verschwitztes Gesicht ab. Dann ihre Arme und die milchigen, blau geäderten Brüste. Als mein warmes Tuch aber über den großen, geschwollenen Bauch fuhr, erinnerte ich mich an das arme Kind, das darin gefangen war. Denn in diesem Moment kräuselte sich die Bauchdecke. Ein Flattern huschte darüber hinweg. Ich ließ das Tuch sinken und legte die Hand auf meinen

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