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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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keuchte sie. Schrecklich, wie sehr sie nach Luft rang! «Ich dachte, ich bin allein.» Vor Angst waren ihre Augen weit aufgerissen und schwarz.
    «Wo ist Mr. Pars?» Ich hatte unter seiner Tür kein Licht gesehen.
    «Ich hab nach ihm gerufen.» Sie musste aufhören zu sprechen, weil die nächste Wehe sie überrollte. Dann, als dieser nachließ, keuchte sie: «Er hat mich mit Tee versorgt und ist dann losgeritten, um den Arzt zu holen.»
    Dafür dankte ich dem Himmel. Um ihr etwas Erleichterung zu verschaffen, öffnete ich die Fensterläden einen Spaltbreit, denn ihr Gemach war wie ein Glutofen. Von dem Arzt war noch nichts zu sehen. Ich kehrte an ihre Seite zurück und erfuhr, dass die Wehen kurz nach meinem Weggang eingesetzt hatten.
    «Pars war … außer sich … weil du weg warst.»
    «Das können wir jetzt nicht mehr ändern, und ich bin ja nun hier. Wollt Ihr schon pressen?»
    Sie schüttelte den Kopf, und da wusste ich, dass mir noch Zeit blieb. Ich schaute unter die Decken und sah, dass die Geburt tatsächlich begonnen hatte. Aber da es ihre erste war, mussten wir bestimmt noch Stunden warten.
    «Mir ist übel», stöhnte sie. «So schlecht.»
    «Alles wird gut. Ich bin da.»
    Ich versuchte, es ihr bequemer zu machen, und schüttelte die Kissen auf, damit sie sich aufsetzen konnte. Doch sofort rutschte sie wieder nach unten und wand sich vor Schmerz. Ihr Gesicht war vor Angst bleich und schweißnass, sodass ich es auch mit der Angst zu tun bekam.
    «Mylady, ich muss heißes Wasser für den Arzt holen», sagte ich und klang tapferer, als ich mich fühlte. «Ich bin gleich wieder zurück.»
    Ihr Blick schoss zu mir herüber. «Lass mich jetzt nicht allein.»
    «Ich verspreche Euch, die Geburt dauert noch eine Weile. Ich muss frische Tücher holen.»
     
    Ich müsste lügen, wenn ich behauptete, ich wäre nicht völlig durcheinander gewesen, als ich nach unten ging. Das Feuer in der Küche war fast aus, und ich verfluchte Jesmire, die fortgegangen war und Mr. Loveday mitgenommen hatte. Ich hatte mich immer auf die Nacht der Geburt gefreut, weil wir während der stundenlangen Warterei einen Kessel heißen Würzwein und einen Teller mit Geburtstagsküchlein gehabt hätten. Aber das gab es alles nicht. Es dauerte eine Weile, bis ich das Feuer geschürt und das Wasser zum Kochen gebracht hatte. In der Zwischenzeit fand ich die sauberen Lappen, die ich zu diesem Zweck beiseitegelegt hatte. Dann suchte ich nach anderen nützlichen Dingen und ließ Lady Marias Silbermesser in die Tasche gleiten. Die ganze Zeit kläffte Bengo um meine Beine, aber als ich so weit war, gab ich ihm geschickt einen Schubs und sperrte ihn in der Küche ein, wo er weiterwinselte.
    «Da bin ich schon», sagte ich und schleppte mit der einen Hand den Wasserkessel und mit der anderen die Tücher. Ich ließ beides fast fallen, als ich sie sah. Sie hatte sich über ihr Bettzeug übergeben. Eine grüne Masse, die sich überall verteilte. Ich eilte zu ihr und wischte ihr Gesicht ab, und sie lag wie ein feuchter Lappen in meinen Armen. Es dauerte lange, bis ich sie hin und her gerollt und die Laken unter ihr gewechselt hatte. Schließlich schob ich sie hoch, bis sie mit dem Rücken gegen die Polster sank. Inzwischen war ich mächtig besorgt und lauschte angestrengt, ob nicht bald Pferde angaloppiert kamen. Aber ich zwang mich, ruhig zu bleiben, denn ich wusste von vielen Frauen, die geradezu unmenschliche Wehen überstanden hatten. Sobald sie gesäubert war, sah meine Herrin auch gleich ein bisschen besser aus. Ich goss heißes Wasser in ihren Waschkrug und legte die Tücher zurecht. Alles ist bereit, sagte ich mir, wie ich es immer tat, wenn ich versuchte, ein fürchterlich schwieriges Gericht zu kochen.
    Mit einem schrillen Schrei von Lady Carinna begannen die Wehen erneut, und diesmal war es noch schlimmer, dem heiseren Luftschnappen zu lauschen. Ich streichelte ihre nassen Haare und hielt ebenfalls die Luft an. Konnte sie das überhaupt überleben? Doch dann ließ die Qual nach, und sie sank nach hinten. Sie war schwach wie ein Lämmchen.
    «Biddy? Bist du da?» Ihre Stimme war nur ein Wispern.
    «Bin ich, Mistress. Ich lass Euch nicht allein.»
    Sie drückte schwach meine Hand. «Das ist ein göttlicher Richtspruch. Die Reise und alles. Ich hab’s gewusst.» Ihre Lippen waren bleich und rissig und bewegten sich nur langsam in ihrem vor Erschöpfung verzerrten Gesicht.
    «Redet keinen Unsinn. Hebt Euch die Luft für das Kind auf, meine

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