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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Wasser, frische Wäsche und ein Glas beruhigendes Ale brachten mich wieder ganz in Ordnung. Ich blickte prüfend in die Spiegelscherbe und fand, mein Gesicht sehe nicht mehr so schlimm aus wie gestern Abend, als ich mich in den Schlaf geweint hatte.
    Um mich herum glänzte die Küche, in der ich all die Tage gearbeitet hatte. Ordentlich hingen die Kupferpfannen an den Haken, der Tisch war sauber geschrubbt und die blauen Teller standen gestapelt im Schrank. Ich stand auf und stocherte in der Glut. Plötzlich musste ich mich an den geschwärzten Stein des Herds klammern. Wie lange war es her, seit ich als junges Mädchen erstmals einen Vogel aufgespießt und übers Feuer gehängt hatte? Was hatten wir doch für wunderbares Fleisch auf dem höhenverstellbaren Rost gegrillt, während der Speck an den Haken hing und der Fleischsaft zischend ins Feuer platzte. Nie, in all den zehn Jahren, die ich in Mawton Hall gewesen war, ist mir das Feuer ausgegangen. Jeden Morgen, winters wie sommers, stand ich in aller Frühe auf, schüttelte die Glut auf und legte neue Scheite obenauf. Ich berührte den rauen Stein und presste die Wange ein letztes Mal gegen die ewige Wärme. Ich wünschte, ich könnte dieses treue Feuer mit mir nehmen. Ein dummer Gedanke, das war mir wohl bewusst, aber das Feuer ist der beste Freund der Köchin. Es war ein gutes Feuer hier in Mawton: Es hatte im Laufe von Hunderten Jahren mit jedem kochend heiß dampfenden Essen den Stein geschwärzt.
    Ich glaube, kein Heide könnte einem Feuer so viel Verehrung entgegenbringen wie eine Köchin. Also küsste ich die rußige Herdwand und packte stattdessen meine kleine Zunderbüchse ein, um ich weiß nicht wo neue Feuer zu entfachen.

IX Von Mawton bis Nantwich
Zu Martini im November 1772
Biddy Leighs persönliche Aufzeichnungen
    Ein kräftiger Punsch
    Nimm neun Eier und schlage sie über dem Feuer in eine Schüssel. Vermische diese mit einer halben Flasche Branntwein, einer Stange Zimt und drei Muskatblütenblättern. Dann reibe eine halbe Minute eine Muskatnuss darüber und stell die Schüssel neben die Glut, damit die Eimasse nicht gerinnt. Erhitze ein Quart Sahne mit einer Schale Zucker und gib acht, wenn sie zu kochen beginnt und am Rand des Gefäßes Bläschen aufsteigen. Nimm die Sahne vom Feuer und gieße sie von weit oben langsam in die Branntwein-Ei-Mischung. Dann lass die Mischung neben dem Feuer stehen und ziehen. Streu zum Schluss etwas feinen Zucker darüber.
    Wie er im Star Inn zu Nantwich in einem Punschglas aus blauem Steingut serviert wurde. Das war der beste Punsch aller Zeiten. Biddy Leigh, 1772
    W ir sollten an dem Morgen um Schlag neun los. Mr. Pars kochte wie ein Wasserkessel, er ärgerte sich über die Pferde, die unruhig stampften und mit dem Geschirr klirrten. Ich stand da und bibberte, mein Bündel neben mir, als hätte ich einen Schwarm lebender Vögel verschluckt. Das Wetter war außerdem ziemlich miserabel, denn es wurde gar nicht richtig hell, und die Wolken waren so schwer wie grauer, klumpiger Porridge.
    Drei ermüdend lange Stunden später erschien endlich Jesmire, und hinter ihr mit weit ausholenden Bewegungen Mr. Loveday, der ihre Kiste trug. Sie stürmte in die Kutsche, tauchte aber sofort wieder auf, und ich hörte, wie sie an Mr. Pars gewandt erklärte: «Ihr glaubt doch wohl nicht allen Ernstes, meine Herrin würde die Kutsche mit einem … Küchenmädchen teilen!»
    Meine Wangen brannten so heiß wie ein Bratrost. Aber es gab nichts, was ich tun konnte. Na warte, Miss Kröte, dachte ich stumm. Eines Tages mach ich dir auch was zu essen.
    Dann hörte ich Seide rascheln, und Ihre Ladyschaft erschien. Sie sah wunderschön aus in dem grauen Mantel, der mit Schwanendaunen besetzt war. Sie blieb in der Tür zum Haus stehen.
    «Was ist hier los?»
    Mr. Pars stürzte vor wie ein wilder Stier. «Miss Jesmire hat mich gerade darüber informiert, dass es sich nicht gehört, wenn Biddy Leigh im Innern der Kutsche reist. Darum müssen wir neben dem Kutscher für sie Platz machen.»
    Meine Herrin wandte sich an mich, und ich sank unter ihrem Blick in einen tiefen Knicks.
    «Nein. Biddy soll in der Kutsche mitfahren. Pars, Ihr leitet doch diese Reise. Habt Ihr die Abreise nicht viel früher angesetzt? Lasst jetzt meine Taschen aufladen, und dann will ich in Gottes Namen endlich los. Jesmire, hüte deine Zunge.»
    Ich warf Jesmire einen vernichtenden Blick zu, die das Gesicht verzog, als hätte sie gerade bitteren Aloesaft trinken

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