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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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wollte lieber nicht hingucken. Er war nicht der Einzige, denn außer ihm schrien viele voller Angst auf, und einige stürzten im dichten Gedränge zum Ausgang. Obwohl ich ihm versicherte, die Schatten würden von einer Vorrichtung mit Windlichtern erzeugt, konnte Mr. Loveday den Trick einfach nicht durchschauen.
    «Ich leider denke böse Dinge», erklärte er, und seine Zähne klapperten. «Jetzt Teufel kommt, mich zu fangen.»
    Manchmal fürchtete dieser Kerl sich sogar vor dem eigenen Schatten. Ich spendierte ihm also was zu trinken, und sobald er ein bisschen Ale intus hatte, beruhigte er sich wieder. Den ganzen Tag schon dachte ich über Mr. Pars’ Neuigkeiten nach, die er uns von Sir Geoffrey erzählt hatte. Unser Dienstherr vermochte nicht mehr zu reden oder sich zu bewegen. Das klang für mich gewaltig merkwürdig. Natürlich hatte George gespottet, so eine Krankheit könne ja nur alte Männer ereilen, die sich ein junges Ding zur Frau nahmen. Ich für meinen Teil fand es seltsam, dass meine Herrin kein Wort darüber verlor und so fortfuhr wie bisher. Und Mr. Loveday wiederum glaubte, ein Geist habe Besitz vom Herrn ergriffen, aber davon hielt ich gar nichts. Ich hatte im
Schatzbuch der Köchin
eine lange Auflistung der verschiedenen Heilmittel gefunden, und darin stand auch, ein Schlag treffe jene, bei denen sich überschüssiges Blut im Hals sammle. Man müsse ihn schröpfen und zur Ader lassen, damit eine Besserung eintrat.
    Dann fragte ich Mr. Loveday, seit wann er schon für unsere Herrin arbeitete.
    «Zuerst ich arbeite als Diener in Mr. Quentins Haus. Dann Lady Carinna will eigenen Diener, weil sie verheiratet und so.»
    «Du warst also auf ihrer Hochzeit?»
    «Ich stehe hinten auf Kutsche. Und später an Kirchentür.»
    «Wie hat sie ausgesehen an ihrem Hochzeitstag?»
    «Wie sie aussieht? So, wie sie eben aussieht.»
    Himmel, das war ja, als müsste ich ihm die Worte wie Zähne einzeln ziehen. «Ich meine, ob sie glücklich war?»
    «Davor sie aussieht wie weinen. Danach sie ruhig Gesicht.»
    «Und Sir Geoffrey? War er glücklich?»
    Lovedays Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Die weißen Zähne blitzten. «Er trinkt viel Schnaps», lachte er. «Mr. Quentin, er zieht ihn aus, schwer wie Stein. Sein Kopf schmerzt ziemlich schlimm.»
    Kurz darauf trieb uns ein Hagelschauer zurück in das Gasthaus. Unsere Kleidung war schlammverkrustet, die Haare waren zerzaust. Ausgerechnet so lief ich im Flur des Hauses meiner Herrin und Jesmire über den Weg.
    «Wo hast du denn gesteckt? Und wie siehst du um alles in der Welt aus?»
    Jesmire schüttelte langsam ihren grauen Kopf. Es stimmte leider, dass mein Gesicht von dem eiskalten Hagel gerötet war.
    «Deine Haut ist ruiniert», klagte meine Herrin. Zitternd stand ich im nassen Kleid vor ihr. «Ich dachte, Diener vom Land haben frische Gesichter. Jedenfalls singt man doch immer davon. Mädel, ich habe in meinem Reiseköfferchen etwas Schlüsselblumenwasser. Das ist gut geeignet, um ein Gesicht zu klären. Ich erlaube dir, in meine Kammer zu gehen und dir einen Becher voll davon zu nehmen, um dein Gesicht zu besprengen. Nun, was sagst du dazu?»
    Ich knickste und murmelte ein Dankeschön. Jesmire jedoch schien von der Freundlichkeit meiner Herrin geradezu vor den Kopf gestoßen, weshalb das Angebot meine Laune hob.
    Sobald ich wieder trocken war, lief ich zur Kammer meiner Herrin, während sie sich noch unten beim Kartenspiel befand. Die Schlüsselblumenessenz war in dem Reiseköfferchen meiner Herrin – einem herrlichen Schränkchen, in dem jedes nur erdenkliche Pinselchen, jede Puderquaste und unzählige Parfümflaschen und Pomadentöpfchen steckten. Ich bewunderte all die schönen Dinge, ehe ich mir etwas von der Essenz in ein Gefäß goss. Dann trödelte ich ausgiebig vor dem munter flackernden Feuer herum, tupfte etwas Parfüm auf mein Mieder und zog danach eine bernsteinfarbene Flasche aus dem Köfferchen. Ich hob sie an die Nase und schnupperte. Das Fläschchen ähnelte denen, die ein Apotheker hatte, es war sorgfältig zugestöpselt, und auf einem Etikett stand
Sassafras-Öl
. In dem Fläschchen war ein süßes, schweres Öl, den Duft konnte ich mit nichts vergleichen. Dann spürte ich plötzlich einen kalten Luftzug von der Tür, und ich musste heftig niesen. Als ich versuchte, die Nieser zu unterdrücken, brachen sie nur noch lauter hervor. Rasch verschloss ich den Koffer und sprang gerade rechtzeitig auf, um eine Gestalt in der Tür

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