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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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war, als ich endlich auf mein Lager auf der Küchenbank kroch, konnte ich kaum schlafen, weil ich an den folgenden Tag und meine Freiheit denken musste.
     
    «Ehe wir gehen, lass uns bitte rasch einen Blick auf das Haus werfen», bettelte ich am nächsten Morgen, als Mr. Loveday kam, um mich abzuholen. Alle anderen waren schon fort. «Ich habe nichts außer dunklen Gängen gesehen, seit ich hier bin. Wenn jemand zurückkommt, können wir ja sagen, ich würde dir bei der Arbeit im Haus helfen.»
    Mein Freund zögerte, aber ich wusste, dass er nicht den Mut hatte, mir einen Wunsch abzuschlagen. Und welche Freude war es, die Hintertreppe hinaufzusteigen und sich in Mr. Tyrones hoher und luftiger Eingangshalle wiederzufinden. Ich bewunderte die vergoldeten Stufen, die großen Leuchter und den schönen Fliesenboden. Obwohl das Haus schon alt war, war die Dekoration so viel schöner als in Mawton. Die Wände waren himmelblau gestrichen und mit modelliertem Zuckerwerk verziert.
    Wir schlichen auf Zehenspitzen nach oben ins Speisezimmer. Auf dem langen Mahagonitisch stand eine riesige Punschschüssel aus Kristallglas, und das Silberbesteck funkelte im Morgenlicht. Ich stellte mir vor, wie der Tisch ordentlich gedeckt aussah. Die Spiegel reflektierten die Kerzenflammen, und auf dem Porzellan waren meine feinsten Speisen angerichtet. Ich schwor mir, dass ich eines Tages ein großes Dinner kochen würde, das mit all der Aufmerksamkeit angerichtet wurde, die ein Tisch wie dieser verdiente.
    «Was ist das für ein Zimmer?», fragte ich im nächsten Raum, in dem schwere Samtvorhänge die Fenster verhüllten. Überall standen Polsterstühle. Darauf zu sitzen fühlte sich vermutlich an, als würde man schweben. Sie waren um elegante, mit Leder bespannte Kartentische gruppiert. «Ist das der Salon, in dem Sir Geoffrey unterhalten wurde?»
    Mein Freund schien sich nicht mehr ganz wohl in seiner Haut zu fühlen. «Komm, Miss Biddy. Wir gehen.»
    Aber ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich durchquerte den Raum, der nach altem Tabakrauch und Staub roch, und schob einen Samtvorhang beiseite. Unten auf der Straße deutete nichts auf die Rückkehr der anderen hin. «Was ist geschehen, als Sir Geoffrey hier war? Warst du an jenem Abend auch zugegen?»
    Mr. Loveday folgte mir widerstrebend in den Raum. «Wir gehen jetzt. Nicht erlaubt. Ich nicht erinnere.»
    «Doch, das tust du. Ich seh es dir an der Nasenspitze an.»
    Er schaute sich unsicher nach allen Seiten um.
    «Na los, erzähl schon», drängte ich.
    Dann erklärte er äußerst widerstrebend: «Nur weil du meine Freundin. Ich erzähle dir.»

XIV
    L oveday hätte gerne so offen mit Biddy gesprochen, wie sie es schon unterwegs getan hatten. Er wollte spüren, wie sie ihn am Arm berührte, und wollte im Glanz ihrer freundlich blickenden Augen baden. Jetzt fühlte er sich in diesem stickigen Zimmer wie gefangen. Sein Geist fühlte sich von den schweren, gewebten Stoffen und den verglasten Fenstern erdrückt. Er dachte nur selten bei seiner Arbeit über das nach, was er sah oder hörte, doch jetzt quälte ihn Biddys Frage. Er blinzelte und erinnerte sich, dass der Raum bei Sir Geoffreys Besuch ganz anders ausgesehen hatte. Kerzen hatten in den Haltern geflackert, und die silbernen Teller hatten im Licht gefunkelt. Viele Tage lang hatten die Diener seinen Besuch unter der gestrengen Aufsicht des Butlers Mr. Tusler vorbereitet.
    «Und nicht ein Wort zu irgendwem darüber, was heute Nacht hier geschieht, Schwarzer. Ja? Sonst wirst du dir wünschen, nie geboren worden zu sein. Verstanden?» Mr. Tusler hatte ihn hart gegen die Brust gestoßen. Das war kurz nach seiner Ankunft in diesem kühlen Königreich gewesen, als er noch jeden Morgen in tiefer Verzweiflung aufgewacht war, weil er sich im Besitz von Mr. Quentin Tyrone befand. Loveday hätte ohnehin keinen gewusst, mit dem er hätte reden können, weshalb er dem Butler nur kleinlaut zunickte und dann wieder an die Arbeit ging. Aber das war, bevor er Biddy kennengelernt hatte. Jetzt wollte er ihr vor allem gefallen, und deshalb ließ er seine Erinnerungen wieder aufsteigen.
    «Sir Geoffrey kommt. Ich bringe ihn nach oben. Er sitzt hier.» Er zeigte auf einen kastanienrot bezogenen Sessel vor dem Kartentisch. «Mr. Quentin, er sitzt hier.» Der Ledersessel stand dem von Sir Geoffrey direkt gegenüber.
    Biddy nickte. Loveday konnte den Rauch förmlich schmecken, der wie blauer Nebel im Zimmer hing, und das leise Klicken der Gläser

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