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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Herrin Hilfe versprochen hatte, fühlte sich alles verdorben an. Als hätte ich einen Kuchen gebacken und Salz statt Zucker verwendet. Alles sah gut aus, aber kein Küchentrick der Welt konnte das wieder in Ordnung bringen. Und nachdem wir die furchtbaren Alpen hinter uns gelassen hatten, gab es kaum einen schöneren Ort als das Piemont. Grüne Wiesen erstreckten sich vor uns wie Land, in dem Milch und Honig flossen, die Hügel waren mit Rebstöcken eng bestanden, und der Himmel war von einem strahlenden Porzellanblau. Ich hätte singen können wie eine Lerche, denn ich konnte mich außerhalb der Kutsche bewegen und mir den Rücken von der Sonne wärmen lassen. Doch trotzdem schmeckte das alles bitter.
    «Glaubst du, sie hat mich deshalb den ganzen Weg bis hierher geschleppt? Weil sie mich benutzen will?», fragte ich Mr. Loveday immer wieder. Die ganze Zeit hatte ich mir erfolgreich eingeredet, meine Herrin möge mich vielleicht tatsächlich um meinetwillen. Aber nein, sie hatte mich ausgewählt, damit ich bei einer Betrügerei mitspielte. Ich fühlte mich so benutzt wie ein zehn Jahre altes Spültuch.
    «Du nur gehst zu diesem Kerl, holst den Schlüssel und dann fertig, meine Freundin.»
    Ich war völlig aus der Puste von dem Berg, den wir zuletzt erklommen hatten, und packte seinen Arm. Ich baute mich vor ihm auf und starrte ihn an. «Sie hat gesagt, wir sehen uns ähnlich. Ist das wahr?»
    Er schob die breite Unterlippe vor und musterte mich. «Ihr beide Frauen, beide braune Haare. Der Mann nie weiß, du nicht meine Herrin.»
    Ich musste lachen. «Das glaubst du! Ich muss doch nur den Mund aufmachen, und er erkennt sofort, dass ich ein Bauerntölpel bin.» Wir gingen weiter, und ich pflückte von einem Ast eine matte schwärzliche Beere, die aussah wie eine harte Weintraube. «Es ist das eine, wenn ich der Herrin wie ein Papagei alles nachplappere, aber mit diesem Conte höflich zu reden ist was ganz anderes.»
    «Wenn Mylady trifft hohen Kerl, sie nur redet altes Zeug.»
    Ich schüttelte den Kopf. Ich sollte Lady Carinna spielen, die Ehefrau von Sir Geoffrey und Nichte von diesem Mr. Quentin Tyrone. Ich biss in die Beere, die so bitter schmeckte, dass ich sie auf die staubige Straße spuckte.
    «Sie sagt, sie wird ihm schreiben, wenn wir da sind. Was ich darum geben würde, seine Antwort zu lesen …»
    Mr. Loveday schwieg und wirbelte mit den Stiefeln Staub auf. Dann wandte er sich mir zu und sagte leise: «Wenn ich dir Geheimnis erzähle, du nicht erzählst anderen?»
    Mein Kopf ruckte hoch. «Was meinst du?»
    Im Nu hatte ich ihm alles entlockt. Dass er die Post geöffnet und danach wieder versiegelt hatte. Er erzählte mir, es sei nur die Übung beim Lesen gewesen, nach der er suchte. Ich erkannte aber, dass es seine Art war, sich ein wenig in die Angelegenheiten all jener einzumischen, die ihn schikanierten. Ich schaute mich nach der Kutsche um, aber sie war weit hinter uns zurückgeblieben, weil die Pferde sich schwer ins Geschirr legen mussten, um den Berg zu erklimmen. Ich befragte Mr. Loveday, weil ich wissen wollte, was in den Briefen stand, doch glich dieses Unterfangen dem Versuch, mit den Händen Kohle aus dem Erdreich zu holen. Offensichtlich beschwerte sich unsere Herrin meist in ihren Briefen, gerade so, wie sie sich jeden Tag bei allen beschwerte, die ihr zuhörten.
    «Und hast du auch in Mr. Pars’ Briefe geschaut?», fragte ich atemlos.
    «Mr. Pars schreibt nur sein Bruder. Meist sehe ich ihn schreiben viele viele Zahlen, aber die er nie verschickt in Brief.»
    «Ja, das hab ich auch schon gesehen. Das sind nur seine Geschäftsbücher, Mr. Loveday. Und was ist mit Jesmire?»
    «Sie nur schreibt wegen neue Stelle. Aber keine Antwort, nicht ein Mal», fügte er hinzu und lachte plötzlich.
    «Mr. Loveday», sagte ich langsam, «würdest du mir einen sehr großen Gefallen tun und mich die Briefe sehen lassen, die zwischen meiner Herrin und diesem Conte Carlo hin und her gehen?»
    Der Diener blies seine Backen auf und schüttelte langsam den Kopf. «Ich nicht darf, Miss Biddy. Besser für mich.»
    «Bitte», bettelte ich.
    Er schaute auf. Seine Miene war gequält. «Du versprichst, immer meine Freundin? Du nicht erzählst ihnen, ich Briefe öffne?»
    «Ich verspreche dir, ich werde es nie erzählen. Beim Leben meiner Mutter. Wir Diener halten doch zusammen, oder?» Ich berührte seinen Arm und blickte ein letztes Mal zu der Kutsche zurück, die soeben die Hügelkuppe erreichte. Die

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