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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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wie er sein sollte. Ich konnte meinen Bettgefährten nicht richtig sehen, doch ich spürte seine starken Arme, die sich um meine Taille schlossen, während ich meinen Kopf auf seine Brust legte. Und in diesem Traum war ich sehr glücklich, als hätte ich meine wahre Heimat gefunden, als genügte es, seinem Herzschlag direkt unter meinem Ohr zu lauschen. Aber als ich aufwachte und diesen Traum als Hirngespinst entlarvte, war ich sehr niedergeschlagen. In dieser harten Welt würde ich meine wahre Liebe doch nie finden! Es war albern, aber ich hätte fast geweint, weil ich diesen lieben Mann nur in meinen Träumen besaß und dazu verurteilt war, ihn niemals zu finden.
     
    Als wir wieder unterwegs waren, wurden wir vom Pech verfolgt. Die Poststationen versorgten uns mit erschöpften Pferden, die Straßen verliefen über tückische Gebirgspässe, die angeheuerten Burschen waren blutsaugende Schmarotzer. Meine Herrin machte einen Zwischenhalt in Pisa, weil sie den Schiefen Turm sehen wollte, der so halb im Fallen schon sehr komisch aussah. Doch dann verlor sie ihre silberne Bürste, wollte deshalb aber nicht umkehren, weil es sie drängte, endlich das Ziel ihrer Reise zu erreichen. Mr. Pars wurde derweil immer komischer in seinem Verhalten. Zunächst war da die zunehmende Hitzigkeit, wenn es ums Geld ging. Jeden Abend schloss er sich in seiner Kammer ein und versuchte, sein geheiligtes System aus Zahlen zum Leben zu erwecken. Am nächsten Tag zankte er sich wieder wegen ein paar Kupfermünzen mit mir, die ich angeblich für kaltes Huhn oder gekochte Eier verschwendete.
    Er rief mich eines Abends nach dem Essen zu sich. Sein Zimmer war wie ein Kontor. Auf dem Tisch stapelten sich die Rechnungen, daneben stand ein abgenutzter Abakus, und alles war mit Pfeifenasche bestäubt. Er funkelte mich über die Papiere hinweg an.
    «Ich behalte dich im Auge, Biddy Leigh. Und ich sehe genau, wie vertraut du mit deiner Herrin bist.» Seine Augäpfel hatten eine gelbliche Färbung angenommen, und sein Atem roch sauer. Ich hatte im
Schatzbuch der Köchin
von der beruhigenden Wirkung des Tabaks gelesen, die jedoch an Menschen mit cholerischem Naturell verschwendet war. Wenn ich ihn mir so anschaute, fürchtete ich, er könne unter Gallensteinen oder Schlimmerem leiden.
    «Ist nicht so, dass ich das herausfordere, Mr. Pars. Ich mach nur, was mir gesagt wird.»
    «Genug!» Er schlug auf den Schreibtisch, dass die Papiere aufflogen. «Du bist mit einer kecken Antwort schnell zur Hand, was? Musst immer das letzte Wort haben.»
    Ich versuchte, mir eine Antwort zu überlegen, aber dann hätte ich ja wieder das letzte Wort gehabt. Also ließ ich den Kopf ein bisschen hängen und wartete, was als Nächstes kam.
    «Für mich ist es ganz offensichtlich, dass du mit diesen kindischen Scherzen deine Herrin ermutigst, dir zu vertrauen.»
    Kindische Scherze! Wieder fühlte ich mich wie ein altes Spültuch, das von allen nur benutzt wurde.
    «Und ich werde nicht zulassen, dass sie dich darin unterweist, wie ihresgleichen zu sprechen. Du bist eine Küchenmagd, schon vergessen?»
    Eine Küchenhilfe, dachte ich.
    «Ja, Mr. Pars.» Himmel, so musste es sich anfühlen, vor einem Schulmeister zu stehen und vorzugeben, als tue einem alles leid.
    «Du stehst unter meiner Aufsicht, und ich mache mir ständig Sorgen um dich. Zum Beispiel, dass sie dich mit ihrer Habgier verdirbt. Überrascht dich das, Biddy? Dass nur ich das sehe?»
    Seine Miene war mächtig ernst, aber ich dachte, dass er sich vielmehr um sich selbst Sorgen machen musste. Ich wollte ihm erzählen, dass ich tun musste, was man mir auftrug. Dass nun mit jedem Tag der Moment näher rückte, da er von der Maskerade erfuhr, die sie plante. Dass er dann Gift und Galle spucken würde.
    «Ja, Mr. Pars. Sir, aber wenn Ihr nur …»
    «Es gibt kein Aber, Biddy. Hast du verstanden? Ich weiß bereits, von wie viel Schlechtigkeit wir umzingelt sind. Ich sehe es jeden Tag.»
    Ich biss mir auf die Lippe. Bisweilen dachte ich, ich sollte dem alten Pars einfach alles erzählen. Aber er nahm ein Dokument zur Hand und bedeutete mir zu verschwinden.
     
    Jesmire vermutete auch, dass irgendwas hinter ihrem Rücken vor sich ging. Wir rumpelten weiter durch die Toskana, obwohl meiner Herrin so unwohl war, dass wir kaum schneller reisten, als ein Hefeteig ging, wie Mrs. Garland sagen würde. In jedem Gasthaus ertappte ich Jesmire stets, sobald unsere Herrin außer Sichtweite war, wie sie mich wie eine

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