Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
Vom Netzwerk:
Bootshaus und zeigten ihnen dort, wie das Zeug benutzt wurde. Die Fremden gaben leise, flüsternde Laute von sich, als sie an dem Fach mit den heiligen Schädeln vorbeikamen, doch die Einheimischen ignorierten höflich diesen Mangel an Respekt. Berge von penetrant riechender Ambra lagen um die Boote herum verstreut. Einer der Bootsleute zeigte den weißen Männern, wie sie die Klumpen verwendeten, um damit ihre Boote abzudichten. Das war das Geschenk der Wale an die Jäger seit Anbeginn der Zeit.
    Zum Abend holten die weißen Männer eine Laterne von ihrem kleinen Boot. Während die Männer am Strand standen und eine kleine Klappe im Innern der Laterne öffneten und schlossen, flüsterten die Dorfbewohner miteinander. Sie verstanden, was die Männer machten, denn dasselbe machten sie auch, wenn der Fisch nicht kam. Sie hielten Lichtnusslämpchen am Strand in die Höhe, um die Geister der Fische zu sich zu rufen. Loveday blickte zu dem wundersamen Schiff, das immer noch am Horizont verharrte und von winzigen Lichtern erhellt wurde, da der Himmel sich langsam verdunkelte. Nur für einen flüchtigen Moment überlegte er, dass die Besatzung des Schiffes die Zeichen ihrer Kameraden wohl ebenso sehen konnten, wie er das Schiff sah.
     
    Loveday riss die Augen auf und war hellwach. Viele Stunden waren vergangen, seit sie ein großes Festmahl für die Fremden ausgerichtet hatten, doch immer noch kaute sein Verstand an einer Frage herum. Wer waren diese weißen Männer? Sanft befreite er seine Gliedmaßen aus der Umarmung von Bulans warmem Körper und lauschte den regelmäßigen Atemzügen ihres kleinen Sohnes, der noch ein Säugling war. Am Eingang zu seiner Hütte nahm er die Harpune und wog ihr Gewicht in der Hand. Die Waffe machte ihm Mut. Langsam wagte er sich nach draußen und fand dank seiner tastenden Füße und seiner Nase den richtigen Weg. Holzrauch stieg von den Feuerstellen in der Mitte des Dorfes auf; der Gestank nach verbranntem Hundefleisch hing über der Halle des Häuptlings. Plötzlich stieg ihm der salzige Geruch des Meeres in die Nase. Über dem sanften Wellengang der Nacht warf der Mond sein gespenstisches Licht. Das Schiff der weißen Männer war nicht zu sehen.
    Er wandte sich vom Meer ab und grub die Füße in den weichen Sand. Schon bald drang von der Lichtung vor ihm ein gutturales Wispern an sein Ohr. Auf Zehenspitzen schlich er langsam weiter. Der gelbe Schimmer einer Laterne ging hinter den dunklen Bäumen auf und ab. Seine größte Angst galt der Sicherheit der Schädel seiner Vorfahren, aber das Licht war nicht in der Nähe der heiligen Stätte. Und er fürchtete um die Boote, deren lebende Geister die Dorfbewohner sicher über das Meer geleiteten. Nein. Sie luden irgendwas in Säcke. Ambra. Es waren noch mehr weiße Männer gekommen, vermutlich heimlich nach Einbruch der Nacht und von dem großen Schiff. Der ganze Vorgang war so unglaublich dumm, dass er laut schnaubte.
    Die Laterne schwang plötzlich zu ihm herum. Ein Schrei wurde laut, dann rannten zwei der Männer auf ihn zu. Dass sie ihn entdeckt hatten, war wie eine lähmende Ohrfeige. Der erste Mann war ihm jetzt schon so nah, dass er sein monströses Gesicht sehen konnte. Loveday löste sich aus der Erstarrung und stürzte in das Dickicht. Mit weit ausgreifenden Schritten suchte er das Weite. Hinter ihm wurden laute Stiefeltritte und die Schreie seiner Verfolger laut. Aber hier war er im Vorteil. Dieses Land gehörte zu ihm, er hatte schon als kleiner Junge in den Wäldern gespielt. Selbst in der tiefsten Finsternis wusste er, wo er über das Gewirr aus Büschen springen und wo er sich unter tödlich tief hängenden Ästen ducken musste. Er steuerte den brackigen Teich in der Mitte des Dickichts an, wo Erde und Bäume in Sumpf übergingen. Schon bald wurden seine Schritte von dem schmatzenden Schlamm gebremst, und er behalf sich mit der Harpune, um wie ein Frosch über Wasser durch den Sumpf zu hüpfen. Am anderen Ende des Morasts kroch er in ein Gestrüpp. Atemlos und verängstigt drückte er sich gegen einen Baumstumpf. Seine Brust hob und senkte sich rasch.
    Er konnte die Männer hören, die hinter ihm durchs Unterholz brachen und hastig sprachen. «Teet-iin», schienen sie zu sagen, und die Worte hatten für ihn dieselbe Bedeutung wie der Schrei eines Geckos. Er wartete, den Rücken an den Baum gepresst, angestrengt lauschend, ob die Füße über den Sumpf kamen, um ihn zu holen.
    In dem Moment flutete
Mutter fula
, der freche Mond,

Weitere Kostenlose Bücher